Am 15. April ist Weltkunsttag – ein perfekter Anlass, um sich in Mannheims Straßen umzusehen. Einst bloßer Vandalismus – heute eine Form von Kunst, die Mannheim bereichert. Dank „Stadt.Wand.Kunst“ ist die Stadt in den letzten Jahren zu einem regelrechten Hotspot für beeindruckende Straßenkunst geworden – die Straßen und Wände werden mit Farben, Formen und Geschichten zum Leben erweckt. Jede einzelne Wand erzählt dabei ihre eigene einzigartige Geschichte.
Was ist Stadt.Wand.Kunst?
Das Projekt „Stadt.Wand.Kunst" wurde vom Kulturzentrum Alte Feuerwache in Mannheim initiiert: Seit dem Start im Jahr 2013 strebt das Projekt an, eine Art öffentliche Galerie im urbanen Raum zu schaffen. Zeitgenössische Kunst an markanten Orten, die für alle frei zugänglich ist und deren Entstehung man hautnah miterleben kann. Hier werden Fassaden nicht einfach mit Grau überpinselt, sondern von talentierten Graffiti-Künstlern in lebendige Murals verwandelt.
Die Idee dahinter ist einfach: Jedes Jahr im Sommer werden nationale und internationale Streetart-Künstler eingeladen, um große, freie Hausfassaden in zentralen Stadtteilen Mannheims zu gestalten. Dabei arbeiten nationale und internationale Künstler aus der Streetart-Szene zusammen und verwandeln die ganze Stadt in eine riesige Leinwand für ihre kreativen Ideen. Von abstrakten Designs bis hin zu tiefgründigen sozialen Kommentaren, von surrealen Landschaften bis hin zu detailgetreuen Porträts.
Von Grau zu bunt: 46 Street Art Werke verwandeln Mannheim zum Open-Air-Museum
Im Jahr 2013 ging's los: mit einem markanten Mural des international renommierten Künstlerduos Herakut, bestehend aus Jasmin Siddiqui und Falk Lehmann. Ein gigantisches Mural ziert seither die Hauswand eines Wohnblocks in F 6, 1-5 der Mannheimer Innenstadt. Es erstreckt sich über sechs Etagen und ist nicht zu übersehen. Das Mural ist Teil ihres Buchprojekts „Giant Storybook Project", dessen einzelne Teile an Hausfassaden auf der ganzen Welt zu finden sind. Ihr Werk? Ein zartes, irgendwie auch androgynes Wesen mit einer Vogel-Kapuze und riesigen Kulleraugen (Teil des Buchprojekts). Der Titel: „My Superhero Power is Forgiveness" – oder auf Deutsch: „Meine Superheldenkraft ist das Verzeihen".
Dieses erste Mural begeisterte die Mannheimer Bevölkerung so sehr, dass schnell feststand – wir brauchen mehr davon. Seitdem werden jedes Jahr neue Wandgemälde geschaffen. Zwischen 2013 bis 2023 sind 46 Wandbilder im Rahmen des Stadt.Wand.Kunst-Projekts entstanden. Die meisten Hauswände wurden von der GBG zur Verfügung gestellt. Fünf der Murals gibt es heute nicht mehr, da ihre Gebäude planmäßig abgerissen wurden. Momentan sind noch 41 dieser Kunstwerke erhalten, und das Projekt soll weitergehen – denn die Street Art Werke sind aus Mannheim nicht mehr wegzudenken.
Das Mural, das keinen Namen braucht
Das Mural am Habichtplatz 4 ist ein echter Hingucker. Eine bunte Collage aus zwei idyllischen Landschaften mit Bäumen, Wiesen und einem riesigen Stillleben in hellem und dunklem Lila. Zusätzlich: verschiedene pixelige Formen, ähnlich wie bei einem alten Computerspiel. Durch die übereinander gelegten Ebenen entsteht eine deutliche räumliche Tiefe im Mural. Die Farben, besonders die Blau- und Grüntöne, greifen geschickt die des Himmels und benachbarten Parks auf, was das Mural harmonisch in den Habichtplatz integriert. Trotzdem sticht das Mural sofort ins Auge und obwohl das Werk so harmonisch wirkt, ist es voller Kontraste. Hier trifft Natur auf Digital, Abstraktes auf Realistisches, Neues auf Altes. Digitale, verpixelte Formen versus klassisches Stillleben und idyllische Szenen. Neuartig ist hier: die Landschaften sind KI generiert.
Der Grund warum dieses Mural keinen Namen hat? Laut dem Künstler nicht notwendig: Jeder würde das Motiv auf seine eigene Weise interpretieren, und ein Titel daher nur die individuelle Wahrnehmung verzerren.
Mannheims Wandkunst entdecken – von Experten geführt oder auf eigene Faust
Mural-Erkundungstour gefällig? Beim Spaziergang durch die Stadt kann man die Kunstwerke im eigenen Tempo genießen – beginnend in der Innenstadt, quer durch die Quadrate, über die Brücke in die Neckarstadt hin zum Benjamin Franklin Village.
Für alle, die die Streetart in Mannheim etwas strukturierter und informativer erleben wollen, sind geführte Touren eine super Option. Sie werden von der Tourist Information Mannheim, angeboten und ermöglichen es direkt, auch Hintergrundinformationen über die Künstler, ihre Motivation und die Bedeutung der verschiedenen Kunstwerke zu erhalten. Und das Beste daran: Bei den geführten Touren wird eine durchdachte Route durch die Stadt genommen, damit man auch wirklich die wichtigsten Streetart-Spots zu Gesicht bekommt und keine versteckten Schätze verpasst.
Interessiert daran, welches Mural einem hier unter anderem begegnen könnte?
46 individuelle Murals – 46 individuelle Geschichten
- HERAKUT “My Superhero Power is Forgiveness” (2013) F6, 1-5
- ASKE “The Modern Thinker” (2014) F6, 8
- SOBEKCIS “Motion” (2015) Zeppelinstraße 20-24
- STOHEAD “Rhythm” (2015) S5, 12-17
- SATONE “Insomnia” (2015) Kleestraße 6
- SAINER (ETAM) “Baseball Sketch” (2016) Waldhofstraße 56, 68169 Mannheim
- BEZT (ETAM) “Europe” (2016) E7, 22
- HENDRIK BEIKIRCH “Véra” (2016) Brandenburger Str. 44
- ALEXEY LUKA “Untitled” (2017) Jugendkulturzentrum FORUM, Neckarpromenade 46
- NEVERCREW “Propagating Machine” (2017) Ulmenweg 40
- LOW BROS “New Wave” (2017) F5, 12
- 1010 “Focus On The Good” (2018) Mittelstr. 9
- WAONE INTERESNI KAZKI „Jump Through time“ (2018) Itzsteinstr. 1-3 (Rückseite)
- THE LONDON POLICE “900 Dogs By A Chocolate Factory” (2018) K6,1
- SOURATI “Abschied und Neubeginn” (2018) H5, 3
- FRAU ISA “Aeskulap” (2018) Cheliusstraße 1-3
- EGS “Old New World Order” (2018) Einraumhaus am Alten Messplatz
- Mural von PEETA (2019) Fassade eines Privathauses, Zehntstr. 1, 68169 Mannheim
- RUBEN SANCHEZ “Multicultural Balance” (2019) Fassade eines Mehrfamilienhauses (GBG) in der Heustraße 13-17
- JENS RICHTER “UNTERWEGS” (2019) Unterführung am Hauptbahnhof Mannheim
- CASE MA’CLAIM “PIED PIPER” (2019) Fassade einer Turnhalle des Ludwig-Frank-Gymnasiums, Käfertaler Str. 117
- OKUDA “Girl´s Love” (2019) Fassade in der Hochuferstr. 33
- CZOLK “Fenster zum Hof” (2019) Fassade neben der Jugendkirche Samuel, Schanzenstraße 11-1 (Ecke B44)
- QUINTESSENZ “Square” (2019) Zwei Fassade auf Franklin, George-Washington-Str. 243 – 253
- SOURATI “Silence” (2020) Fassade in O4, 2 (Bücher Bender)
- BOND TRULUV “Stairway To Heaven” (2020) Zeppelinstraße 32
- AKUT “Gegen das Vergessen” (2020) F6, 5,
- HOMBRE SUK “Load” (2020) J7, 23
- THE CAVER “Feels Like Home” (2020) F7, 5-13 (Mercure Hotel)
- SETH GLOBEPAINTER „L’École Buissonnière“ (2020) M6, 12 (an der Mozartschule)
- KERA „Ohne Titel“ (2021) Dalbergstr. 30-34 (Sax & Klee Innenhof)
- ISAKOV „жаба“, (2021, Ukrainisch, bedeutet “Kröte”) H 4, 9
- NYCHOS „Primal Truth“, (2021) Neckarvorlandstraße 17 – 19
- ARYZ „El entreacto“, (2022) A4, 1
- SATR „Whisper“, (2022) Alsenweg 64
- SWEETUNO „Writing without letters – Part 5“, (2022) Thomas-Jefferson-Straße 36
- GIZEM ERDEM „FLOWER SHOP“, (2022) F7, 39-41
- MEINER „FRANKLIN“, (2022) Thomas-Jefferson-Straße 22
- PERKUP „OHNE TITEL“, (2023) Habichtplatz 4
- HERA „IMAGINATION IS MY FAVORITE NATION“, (2023) Hafenstraße 33
- GOLDEN GREEN „README!“, (2023) Mittelstraße 40
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