Fußball

Warum Hoffenheims Trainer André Breitenreiter einen Spagat meistern muss

André Breitenreiter ist nicht zu beneiden. Der Trainer vom Fußball-Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim muss einen Spagat meistern. Einen aus sportlichem Anspruch und Realität. Doch der 49-Jährige bleibt gelassen...

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Florian Huber
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Alles im Blick: Hoffenheims Trainer André Breitenreiter (blaues Shirt) spricht mit den erfahrenen Spielern Sebastian Rudy (2.v.r.) und Kevin Vogt. © Uwe Anspach/dpa

Sinsheim. André Breitenreiter war lange genug selbst Bundesligaprofi, um es zu wissen. „Es gibt ja nur zwei Dinge, die Fußballern richtig wehtun“, so der Cheftrainer der TSG Hoffenheim. Es blitzt kurz in den Augen des 49-Jährigen. Das eine seien Geldstrafen. Das andere: Laufen. „Kein Profi läuft gern“, sagt Breitenreiter. Seine Männer durften zuletzt aber reichlich Extra-Meter zurücklegen. Und das nicht nur, weil das in einer langen Wintervorbereitung zum Standardprogramm gehört.

In den vergangenen Wochen – unter anderem auch im Trainingslager in Portugal – arbeitete der Coach verstärkt mit sogenannten Provokationsregeln. Wer das Tor nicht trifft, der läuft. Extra weit weg vom Zaun habe er die Tore postieren lassen, berichtet Breitenreiter grinsend. Damit die Wege zum Ballholen auch schön weit seien. Die Trefferquote verbessere sich sofort, sagt er.

Tore sollen nun auch beim Auftakt in die Restrunde am Samstag bei Union Berlin (15.30 Uhr) her.

Einzelanalyse mit Dolberg

Ein Neuer, der dabei gefragt ist, heißt Kasper Dolberg. Der aus Nizza ausgeliehene Stürmer hat im Training sein Potenzial angedeutet. „Aber man sieht noch deutlich, dass er längere Zeit nicht gespielt hat“, sagt Breitenreiter über den Dänen, bei dem nach anderthalb Jahren mit wenigen persönlichen Erfolgserlebnissen vor allem psychische Aufbauarbeit angesagt ist.

Und so hat Ex-Stürmer Breitenreiter eine lange Einzelanalyse mit dem Zugang betrieben. Die Botschaft an Dolberg und alle anderen: „Er darf sich unter keinen Umständen unter Druck setzen. Das bedeutet für ihn, dass er nicht vom ersten Tag an jedes Spiel mit drei Toren beenden muss“, betont Breitenreiter. „Er wird uns helfen, wir werden ihm helfen.“

Ob nach dem 40-Millionen-Abgang von Georginio Rutter zu Leeds United noch ein Stürmer kommen soll, ließ der TSG-Trainer offen: „Wir haben noch ein bisschen Zeit und werden in gemeinsamen Gesprächen überlegen, wie wir agieren.“

Die mangelnde Chancenverwertung in der Offensive ist die eine große Baustelle. Die andere: Die vielen individuelle Fehler, die immer wieder zu Gegentoren führten. Zwölf in den vergangenen fünf sieglosen Ligaspielen, aber auch viele in den Vorbereitungspartien. „Wir müssen in Berlin einfache Ballverluste minimieren, weil Union eine effiziente Mannschaft ist, die das sofort bestraft“, meint Breitenreiter.

Der Niedersachse war bei der Pressekonferenz bemüht, nicht nur den Anspruch an seinen neuen Stürmer Dolberg, sondern an das gesamte Team zu relativieren. Er weiß um den Spagat aus Wunsch und Realität. Bei den Fans, aber auch bei Oberfan Dietmar Hopp, der seinen Anspruch auf weitere Europapokalteilnahmen vor längerem zum Ausdruck gebracht hat.

„Wir wollen uns nicht mit dem Platz, den wir in der Etattabelle einnehmen, mit Platz zehn, zufriedengeben“, sagt Breitenreiter: „Wir wollen besser abschneiden.“ Gleichzeitig dürfe aber die Identität nicht verloren gehen. Das T in TSG steht eben für Talententwicklung. Wie zuletzt bei Rutter.

„Wenn wir in zwei, drei Jahren den nächsten 40-Millionen-Transfer machen, haben wir viel richtig gemacht“, findet Breitenreiter.

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