Fußball

Warum die Schweiz nicht mehr zu den kleinen Fußballnationen gehört

Die schweizer "Nati" hat gegen Deutschland eine starke EM-Partie abgeliefert. Für Kapitän Granit Xhaka war das nur der erste Schritt des Turniers. Er ist genau wie Trainer Murat Yakin vom eingeschlagenen Weg überzeugt

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Frank Hellmann
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Granit Xhaka (rechts) geht mit seinem Schweizer Team voller Selbstvertrauen in die K.o.-Runde der EM. © Federico Gambarini/dpa

Keine Frage, die rote Armada hinter dem Tor in der Ostkurve der Frankfurter Arena hatte am Anfang und Ende den Ton gesetzt. „Hopp Schwiiz“ dröhnte es vorher aus den Blöcken 14 und 2 und hinterher war es selbstverständlich, dass Granit Xhaka und seine Kollegen sich vor den feiernden Fans bedanken würden. Der späte Ausgleich gegen Deutschland konnte die Stimmung irgendwie nicht trüben. Und den Stolz schon mal gar nicht.

Die Protagonisten auf dem Rasen und den Rängen wussten, was die einen und die anderen geleistet hatten. Die Wechselwirkung bei den Eidgenossen war offenkundig. „So viele Schweizer! Was für ein Support! Das gibt einen Push“, versicherte Xhaka.

Verspielter Gruppensieg als Vorteil

Wenn sich der Anführer nicht einen Moment der Unaufmerksamkeit geleistet hätte, weil er Niclas Füllkrug laufen ließ, wäre vielleicht sogar der zehnte Sieg im 54. Länderspiel gegen den Nachbarn herausgekommen. Dennoch bemühte der Stratege einen anderen Blickwinkel: „Der Jubel der Deutschen zeigt alles.“ Diesen Satz ließ der mal wieder zum „Man of the Match“ gewählte Xhaka erst mal so stehen.

Mit seiner entschlossenen Balleroberung hatte er das 1:0 durch den quirligen Dan Ndoye eingeleitet und später beinahe das 2:0 erzielt, wenn nicht Manuel Neuer noch die Pranke an den Ball bekommen hätte. Doch von Enttäuschung keine Spur. „Wir freuen uns aufs Achtelfinale. Wir sind eine Mannschaft mit Wille, Leidenschaft und einer neuen Mentalität“, sagte der 31-Jährige, den der „Hunger nach jedem Ball“ imponierte.

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Andreas Öhlschläger
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„Der erste Schritt ist getan - jetzt freuen wir uns auf den nächsten“, so Xhaka. Das Turnier soll wissen: Wer weit kommen will als große Fußballnation, muss erst mal die längst nicht mehr kleine Schweiz besiegen, die das sechste Mal bei einer WM oder EM die Vorrunde überstanden hat. Diese „Nati“ verdiene „großen Respekt“, urteilte Xhaka. Da sprach wieder der Spielertrainer.

Den verspielten Gruppensieg, das war vor allem bei Nationalcoach Murat Yakin herauszuhören, sieht man sogar eher als Vorteil an. Gegen Dänemark, Serbien und England spielt man ja bald in der Nations League - da braucht es nicht vorher noch ein EM-Achtelfinale. Gerade die Dänen wollte Yakin schon mal gar nicht, weil sie im Frühjahr bei einem Test seiner Mannschaft viele Schwierigkeiten bereitet hatten.

Zukunft des Erfolgstrainers noch offen

Der Trainer hat sein in der Qualifikation selten überzeugendes Team mit erstaunlicher Flexibilität in die Endrunde geschickt. Aufstellung und Ausrichtung sind unter dem Ex-Profi des 1. FC Kaiserslautern und VfB Stuttgart kaum vorhersehbar. Mitunter staunt sogar Xhaka über Yakins Einfälle, die bislang allesamt aufgegangen sind.

„Das System und die Strategie funktionieren. Wir können glücklich sein“, hielt Yakin fest. Noch ist über seine Zukunft nicht entschieden, aber natürlich weiß der Schweizer Verband, dass es töricht wäre, diesen Fußballlehrer mit seiner gewissen Lässigkeit nicht zu behalten.

„Wer auf uns trifft, muss sich Gedanken machen, wie er uns ärgert“, beschied Yakin. Da hat einer einen Coup wie bei der EM 2021 im Kopf. Das damalige Comeback gegen Frankreich mitsamt gewonnenem Elfmeterschießen im Achtelfinale ließ ganz Europa staunen.

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