Wolfsburg. Eigentlich sollte der VfL Wolfsburg ein kleines Paradies für Trainer sein. Ein ruhiges Umfeld und stabile finanzielle Verhältnisse bieten eine gute Basis für erfolgreiches Arbeiten. Aber irgendwie klappt das schon ziemlich lange nicht und so ist der VfL mal wieder auf der Suche nach Konstanz.
Wie lange hält sich Ralph Hasenhüttl noch?
Das ist natürlich etwas sarkastisch, aber die Fakten liegen auf der Hand. Seit Wolfgang Wolf im März 2003 entlassen wurde, hat sich in Wolfsburg nur Dieter Hecking länger als zwei Jahre im Amt gehalten – von 2013 bis 2016. Seit Hasenhüttl im März von Niko Kovac übernommen hat, stabilisierte sich die Mannschaft immerhin etwas. Kurzzeitig rückte sogar Europa in Reichweite. Viel mehr war aber nicht drin: Als Hasenhüttl kam, hatte der VfL sechs Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz – am Ende der Saison waren es vier. Viel zu wenig für die Ansprüche des Deutschen Meister von 2009.
Wie ist es wirklich um die Ansprüche in Wolfsburg bestellt?
Zwar sprudelt das Geld nicht mehr so wie einst, aber trotzdem ist der Verein noch mehr als solide aufgestellt und die Plätze 12, 8 und 12 in den vergangenen drei Jahren können nicht der Anspruch sein. Entsprechend hatte Hasenhüttl auf die Frage, was sich ändern müsse, lapidar gesagt: „Vieles“. Der Weg zur grauen Maus der Liga darf und soll in Richtung obere Tabellenhälfte verlassen werden.
Gab es im Sommer einen großen Umbruch bei den Wölfen?
Jein. Es ist nicht viel passiert. Das aber dafür auf entscheidenden Positionen. Der langjährige Spieler und Sportgeschäftsführer Marcel Schäfer war schon seit April ausgestiegen und ist nun bei RB Leipzig. Nachfolger ist Peter Christiansen, der den FC Kopenhagen mit recht bescheidenen Mitteln bis in die Champions League führte und sich direkt durchaus als Freund markiger Worte erwies: „Ich arbeite hart und ich erwarte harte Arbeit“, ließ er wissen.
Und wie schreitet der sportliche Umbruch voran?
Der hält sich auch einigermaßen in Grenzen. Zudem ist eine der wenigen Wolfsburger Identifikationsfiguren weg. Nach neun Jahren und 274 Einsätzen lässt Torwart Koen Casteels seine Karriere mit 31 Jahren und einem mutmaßlich üppigen Gehalt in Saudi-Arabien ausklingen. „Wolfsburg wird immer das Größte in meiner Karriere sein“, sagte er auf der Vereinshomepage. Das können auch nicht viele behaupten. Mit Kamil Grabara kommt der Nachfolger wie Christiansen vom FC Kopenhagen. Sonst verließen den VfL keine Leistungsträger, es gibt aber auch keine aufregenden Neuzugänge.
Regelt es nun einfach Jakub Kaminski?
Jakub wer? Der Pole ist schon seit zwei Jahren – und damit länger als die meisten Trainer – in Wolfsburg, kam in der vergangenen Saison aber nur auf 17 Einsätze mit 465 Minuten auf dem Feld. Klingt nicht gerade nach Hoffnungsträger, aber er ist aktuell so etwas wie ein Vorbild im VfL-Team. Auf seiner Lieblingsposition im linken offensiven Mittelfeld zeigt der 22-Jährige eine starke Vorbereitung und lässt Hasenhüttl schwärmen: „Die Chancen, die er da jetzt kriegt, die nutzt er super. Das muss ich sagen. Er hat auch in seiner Persönlichkeit eine Entwicklung genommen. Genau diese Jungs brauchen wir.“ Und wer weiß, vielleicht sorgt Kaminski ja dafür, dass sein Coach etwas länger im Amt bleiben darf als viele seiner Vorgänger.
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