Mannheim. Die etwas andere Perspektive kennt er unfreiwillig seit mehr als einem Jahr. Eine schwere Knieverletzung zwang Uwe Gensheimer erst in die Zuschauerrolle und dann zu seinem Karriereende bei den Rhein-Neckar Löwen. Immerhin konnte sich der gebürtige Mannheimer in diesen schwierigen Monaten aber schon einmal ein bisschen an seine neue Funktion gewöhnen. Denn auch als Sportchef ist er seit Juli nicht mehr mittendrin im Geschehen, sondern schaut von außen auf das Spielfeld. Und das zuletzt mit großer Zufriedenheit.
Als eine von nur zwei Mannschaften haben die Löwen in dieser Saison noch kein Spiel verloren und stehen ohne Punktverlust auf Platz zwei in der Handball-Bundesliga hinter der SG Flensburg-Handewitt. Das war im Vorfeld keinesfalls erwartet worden.
Uwe Gensheimer: „Wir wussten, dass es gut funktionieren kann“
„Die Jungs haben mega viel Spaß und das sieht man ihnen auch an“, meint Gensheimer vor der „schwierigen Auswärtspartie“ am Donnerstag (19 Uhr/live bei Dyn) beim SC DHfK Leipzig. In der Tat agieren die Löwen bislang mit einer auffälligen Spielfreude, demonstrieren vor allem einen ausgeprägten Teamgeist und leben einen großen Zusammenhalt vor. Gensheimer ist insbesondere von der Arbeitseinstellung begeistert. Schon im Trainingslager in der Pfalz habe sich abgezeichnet, dass bei den Löwen etwas Gutes entstehen und wachsen könne, meint er.
„Wir schauen auf uns und wollen jeden Tag besser werden“, sagt der 37-Jährige, bei dem sich in seiner neuen Rolle eines nicht verändert hat. So emotional der einstige Weltklasse-Linksaußen auch auf dem Feld war und sein Team mit großer Leidenschaft führte, so sachlich analysierte und beurteilte er stets die Spiele und die Gesamtsituation. So war es früher, so ist es heute.
Den Traumstart in die Bundesligasaison mit Siegen über die Topteams THW Kiel und MT Melsungen sowie dem Erfolg beim Aufsteiger SG BBM Bietigheim will Gensheimer entsprechend auch nicht überbewerten: „Wir wussten, dass wir ein Team mit Qualität haben und es gut funktionieren kann.“
Damit die Theorie sich aber auch in der Praxis umsetzen lasse, brauche es Erfolgserlebnisse, meint der ehemalige Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, der ganz genau weiß, dass Handball nicht nur mit der Hand gespielt wird. Es kommt vor allem auf den Kopf an. Denn sind die Gedanken klar und der Glaube an die eigenen Qualitäten nahezu grenzenlos, steigt das Selbstvertrauen. So wie es jetzt bei den Löwen zu sehen ist, weil sie ihre Erfolgserlebnisse hatten.
„Es läuft bislang ganz gut“, sagt der Sportchef mit viel Ruhe und verweist rückblickend noch einmal auf die Kieler Verletzungsprobleme am ersten Spieltag: „Da hatten wir uns schon viel ausgerechnet. Und dann kam auch noch die Rote Karte für Patrick Wiencek dazu.“
Gensheimer genießt hohes Ansehen innerhalb des Teams
Personalsorgen beim Gegner dienen dennoch nicht allein als Erklärung für den Erfolg über den THW, zumal die Löwen ihre gute Verfassung gegen Melsungen bestätigten und im Duell mit den Nordhessen genau das zeigten, was Gensheimer vor der Saison den „Löwen-Handball“ nannte: aggressiv verteidigen, schnell nach vorne spielen.
So drehten die Mannheimer auch die Partie gegen die MT nach zwischenzeitlichem Vier-Tore-Rückstand. Trainer Sebastian Hinze zählte am Ende für seine Mannschaft „fünf Tempo-Tore mehr“ als beim Gegner. Und mit genau fünf Treffern Differenz gewannen dann auch die Badener, die sich einen klaren Plan zurechtgelegt hatten.
„Melsungen hat mit zwei Abwehr-Angriff-Wechseln agiert. Das wollten wir nutzen“, sagt Gensheimer, der in seiner neuen Rolle noch ungeschlagen ist und ein hohes Ansehen innerhalb des Teams genießt.
„Uwe bringt ein riesiges Handball-Wissen mit. Er kennt die Region, hat einen großen Namen, ist nah an der Mannschaft“, adelt Knorr seinen langjährigen Mitspieler, dem daran gelegen ist, seinen selbst ernannten „Herzensverein“ wieder in obere Tabellenregionen zu führen. Er lebt und liebt schließlich diesen Club.
Große Analyse im Hause Hinze nach der vergangenen Saison
Nach dem Ende der enttäuschenden vergangenen Saison ging es umgehend mit Hinze in die Analyse. Gensheimer besuchte den Coach mehrere Tage in dessen Heimatstadt Wuppertal. „Es gab keine Pause, sondern ging direkt weiter“, berichtet die Löwen-Legende. In der Tat musste aber auch viel besprochen werden. Denn Platz zwölf ist nun wirklich nicht der Anspruch des zweifachen Meisters, weshalb alles aufgearbeitet wurde. Kritisch. Schonungslos. Ehrlich.
Hinze und dessen Frau Patrycja seien „gute Gastgeber“ gewesen, lobt der Sportchef mit einem Grinsen - was für eine angenehme Arbeitsatmosphäre spricht. Der Trainer mag es ohnehin, sich mit Gensheimer auszutauschen: „Es ist schön, mit ihm gewisse Dinge auch mal ungefiltert besprechen zu können. Ich freue mich, mit ihm die Zukunft der Löwen gestalten zu können. Wir haben die gleichen Ansätze, marschieren relativ kompromisslos gemeinsam in eine Richtung. Und das ist meiner Meinung nach neben Konstanz ein weiterer wesentlicher Faktor für Erfolg.“ Den haben die Löwen bislang in dieser Saison. Und den wollen sie auch künftig haben. Kurzfristig in Leipzig, langfristig mit der Rückkehr in die Bundesliga-Spitzengruppe.
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Auf dem Weg dorthin stehen in den nächsten Monaten die ersten Personalentscheidungen an. Zum einen geht es um Hinze, dessen Vertrag im kommenden Sommer endet. Außerdem sind die Arbeitspapiere einiger Spieler nur bis Juni 2025 datiert. Zum Beispiel das von Leistungsträger Olle Forsell Schefvert oder das von Halil Jaganjac. Bei Letzterem müssen die Mannheimer aber erst einmal abwarten, in welcher Verfassung der Kroate nach seiner Schulterverletzung zurückkehrt.
Und nicht zuletzt ist da noch die Königspersonalie. Gesucht wird ein Nachfolger für Spielmacher Knorr, der zum dänischen Topclub Aalborg wechselt. Es warten also einige Aufgaben auf Gensheimer. Man kann sich allerdings sicher sein, dass er auch diese mit der notwendigen Ruhe angeht - und vor allem extrem unaufgeregt.
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