Skopje. Nach dem Schlusspfiff applaudierten sogar die heißblütigen Fans von Vardar Skopje. Die traditionell sehr emotionalen Anhänger des Champions-League-Siegers von 2017 und 2019 erkannten die Unterlegenheit des nordmazedonischen Handball-Erstligisten und damit den verdienten 34:25 (16:16)-Sieg der Rhein-Neckar Löwen im Qualifikations-Hinspiel zur Gruppenphase der European League an.
„Das war eine tolle Atmosphäre. Es hat Spaß gemacht, hier zu spielen“, sagte Löwen-Ass Halil Jaganjac nach dem deutlichen Erfolg im Sports Center Jane Sandanski.
Auf den Rängen der schmucken Halle ging es zwar nicht ganz so temperamentvoll und impulsiv zu wie in den noch gar nicht so lange zurückliegenden glorreichen Zeiten von Skopje, als sich die Arena regelmäßig in einen ausverkauften 5000-Zuschauer-Hexenkessel verwandelte und 100 000 Menschen die Mannschaft auf den Straßen für ihre Triumphe in der Königsklasse feierten.
Die 2800 Fans am Samstag sorgten dennoch für eine gute Stimmung, zumal Vardar den Löwen im ersten Durchgang auf Augenhöhe begegnete.
Nantes, Lissabon und Kristianstad
Nach dem 14:14 zur Pause dominierte aber der Bundesligist fast nach Belieben, weshalb er schon vor dem Rückspiel am Sonntag (3. September, 16 Uhr) im Heidelberger SNP Dome für die nächste Runde planen kann.
Keine Frage: Ein sensationelles Aus gegen die Nordmazedonier ist mit diesem Neun-Tore-Polster im Rücken in etwa so wahrscheinlich wie ein Eisberg in der Wüste. Also ausgeschlossen. Weshalb ein Blick in die Zukunft lohnt.
Die größte Herausforderung für die Löwen in der Gruppenphase dürfte der französischen Spitzenclub HBC Nantes sein. Im Tor des Champions-League-Finalisten von 2018 steht mit dem Isländer Viktor Hallgrímsson einer der Besten seiner Zunft, Thibaud Briet gilt als eine der künftigen Rückraumstützen der französischen Nationalmannschaft.
Mit den Spaniern Valero Rivera und Jorge Maqueda stehen zudem zwei sehr erfahrene Profis im Kader der Franzosen, die nicht nur der Favorit auf den Gruppensieg sind, sondern auch einer der heißesten Titelanwärter in der European League.
Die weiteren Löwen-Gegner werden der schwedische Meister IFK Kristianstad und der portugiesische Traditionsclub Benfica Lissabon sein. „Losglück hatten wir nicht unbedingt“, sagte Trainer Sebastian Hinze mit Blick auf diese unangenehmen Herausforderungen.
Gerade mit Lissabon machten die Löwen in der jüngeren Vergangenheit ganz schlechte Erfahrungen, 2021 scheiterten die Mannheimer in der Qualifikation zur Gruppenphase nämlich an Benfica. Neun Monate später gewannen die Portugiesen übrigens den Wettbewerb im Finale gegen den SC Magdeburg.
Kurzum: Mit Benfica ist zu rechnen, auch wenn Lissabon zuletzt Schlüsselspieler wie Lazar Kukic (jetzt Dinamo Bukarest), Rogério Moraes Ferreira (MT Melsungen) oder Jonas Källman (Karriereende) verlor. Dafür trägt nun Ex-Löwe Filip Taleski das Trikot der Portugiesen, der Rückraummann kam ausgerechnet von Vardar Skopje.
Dass die Nordmazedonier längst nicht mehr die Klasse früherer Jahre haben, liegt allerdings weniger am Weggang von Taleski. Finanzielle Probleme führten zuletzt dazu, dass zahlreiche Stars den Club verließen und die Mannschaft gewaltig an Qualität verlor.
Erstmals seit 2014 wurde Skopje in der vergangenen Saison kein Meister in der heimischen Liga und beendete die Runde nur als Dritter. Es verwundert daher nicht, dass der Substanzverlust sich gegen die Löwen zeigte. Wenn auch erst mit Verzögerung.
„Wir haben schlecht angefangen und in der ersten Halbzeit zu langsam gespielt“, kritisierte Jaganjac. Selbst eine zwischenzeitliche 8:4-Führung (13.) verlieh keine Sicherheit, mit dem 14:14-Pausenstand waren die Mannheimer nach einigen technischen Fehlern sogar noch gut bedient.
Torwart Mikael Appelgren, der im Vergleich zur Supercup-Niederlage gegen den THW Kiel den Vorzug gegenüber David Späth erhielt und bis zum Seitenwechsel 39 Prozent der Würfe auf sein Tor abwehrte, verhinderte Schlimmeres - und war entsprechend einer der Garanten für den späteren Erfolg.
Appelgren, Knorr und Móré stark
Stark trumpften über die ganze Partie außerdem Spielmacher Juri Knorr (8/3 Tore) und der 19-jährige Linksaußen David Móré auf, der nach seinem unglücklichen Auftritt im Supercup gegen Kiel am Mittwoch diesmal seine sechs Torchancen für sechs Treffer nutzte.
Appelgren war es auch, der mit weiteren Glanztaten zu Beginn des zweiten Durchgangs den Weg zum zwischenzeitlichen 25:18 (45.) ebnete. „Wir sind ins Laufen gekommen“, freute sich Co-Trainer Michael Jacobsen über eine bewegliche Abwehr, die zahlreiche Ballgewinne erzielte und einfache Tempotore ermöglichte.
Die Löwen überrannten ihren Gegner und am Ende sprang ein deutlicher Sieg heraus, weshalb Jaganjac die Halle „sehr stolz“ verließ: „Neun Tore Vorsprung, das war ein sehr guter Schritt. Die zweite Halbzeit war überragend, wir haben einfache Tore gemacht.“
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