Heidelberg. Samstagnacht im ausverkauften SNP Dome Heidelberg: 5000 Zuschauer erlebten ein Box-Event, wie es Deutschland noch nicht gesehen hat. Sechs Profikämpfe auf internationalem Niveau, perfekt inszeniert, hochklassig organisiert – sportlich wie atmosphärisch ein Meilenstein im deutschen Boxsport. Im Mittelpunkt des Abends: Lokalmatador Emanuel Odiase, der mit seinem Titelgewinn ein klares Signal sendete: Die nächste deutsche Schwergewichtshoffnung kommt aus Heidelberg.
Emanuel Odiase (26 Jahre, 2,03 Meter, 119 Kilo) gibt in seinem Instagram-Profil (@emaodiase) an, wo für ihn die Reise hingehen soll: „künftiger Schwergewichtsweltmeister“. Gegen den Bosnier Srdan Govedarica (36, 125 kg, über 35 Profikämpfe) zeigte er Dominanz, Athletik und technisches Können. Sein achter Profikampf wurde zur Machtdemonstration: Nach 1:35 Minuten in Runde sechs war Schluss – technischer Knockout.
Mit schnellen Jabs, präziser Beinarbeit und kluger Defensive setzte er den Bosnier von Beginn an unter Druck. Govedarica zeigte seine Erfahrung, doch gegen den agilen Odiase fand er kein Mittel. Der Lohn: der Titel des Internationalen Deutschen Meisters im Schwergewicht (BDB). Goldener Konfettiregen begleitete den emotionalen Heimsieg Odiases um 0:17 Uhr.
„Wir haben Geschichte geschrieben“, richtete der Hüne mit deutsch-nigerianischen Wurzeln seinen Dank ans Publikum und den Veranstalter Ringside Zone, dessen Geschäftsführer Florian Winter neben Bruder Dominique Odiase sein Manager ist. Und der 26-jährige Zweifachvater fand klare Worte für seinen weiteren Weg: Er träumt vom WM-Titel, getragen von seinem Glauben („Ohne Jesus wäre das alles nicht möglich gewesen“), seiner Familie und seinem Team, allen voran sein britischer Coach Joby Clayton sowie sein US-amerikanischer Investor Craig Smith.
Simon Zachenhuber kämpft um WM-Chance
Einen Kampf für Boxgenießer lieferten sich die Supermittelgewichtler Simon Zachenhuber (27 Kämpfe, 27 Siege) und Paulinus Ndjolonimu. Beide Athleten ungeschlagen, beide mit Ambitionen: Zachenhuber, Platz zwölf der WBO-Rangliste, gegen die Nummer vier aus Namibia. Der Fight erfüllte höchste Ansprüche: Zehn Runden lang schenken sich die Boxer nichts. Ndjolonimu zeigte sich gut auf Zachenhubers Linksauslage eingestellt, brachte mehrere harte Treffer durch. Doch Zachenhuber blieb fokussiert, konterte ausdauernd sowie technisch stark und sicherte sich unter Jubel seines bayerischen Fanclubs den knappen Punktsieg. Damit rückt der 27-jährige Bayer erstmals in die Top 5 der WBO vor – ein WM-Kampf ist somit greifbar nah.
Der „Let‘s Dance“-Publikumsliebling von 2021 war nach dem Ringauftritt selbstkritisch: „Es war schwer und nicht alles perfekt. Aber am Ende zählt der Sieg.“ Seit Januar steht er durchgängig im Training, hatte vor vier Wochen einen Kampf. „Einen will ich in diesem Jahr auf jeden Fall noch machen“, gibt der ehrgeizige „Matador“ vor.
Gürtel für Devrim Gökduman
Tempo, Taktik, Technik - sportlich war der Zachenhuber-Fight so intensiv wie jener von Devrim Gökduman. Der 25-Jährige gab im Duell um den IBF-Europameistertitel im Leichtgewicht ein starkes Statement ab. Ab Runde acht wurde Gökduman dominanter und zwang Cherji, hier schon mit Cut über dem Auge, erstmals auf die Knie. Der Karlsruher bleibt im 13. Kampf ungeschlagen und plant den nächsten Schritt: den Intercontinental-Titel.
Ein viel beachteter Auftritt im Vorfeld war der von Nevie Tiafack, erster deutscher Olympia-Bronzemedaillengewinner im Superschwergewicht 2024. Es war ein kurzes, spektakuläres Profidebüt des gebürtigen Kameruners: Schnell, wuchtig und explosiv bedrängte er den Polen Jakob Sosinski, der in Runde zwei technisch K.o. ging.
Halbschwergewichtler Alexander Okafor, Social-Media-Star aus Frankfurt, zeigte ein respektables Profidebüt gegen den kleineren, aggressiven Üsame Bozkurt aus Wuppertal. Seinen Reichweitenvorteil nutzte der 1,93-Meter-Mann dabei noch nicht vollends aus, punktete jedoch clever und gewann.
Omarah Taylor aus Großbritannien überzeugte gegen die Argentinierin Erica Alvarez in einem technisch sauberen Damenkampf im Weltergewicht.
Hochklassiges Event mit Stil
Was dieses Event außerdem auszeichnete: ein durchdachtes Showdesign. Ein Laufsteg führte zum Ring, Pyrotechnik begleitete die Einmärsche, LED-Armbänder banden die Zuschauer interaktiv ein. Die Mischung aus sportlicher Höchstleistung und Entertainment war stimmig – ein Novum im deutschen Boxsport, fand auch der bekannte TV-Moderator Kai Ebel, der unterhaltsam durch den Abend führte.
Auch das musikalische Rahmenprogramm überzeugte: NoMBe alias Noah McBeth kam aus Los Angeles in seine alte Heimat. In den USA ist der Indepentent-Musiker bekannt wie hierzulande Rapper Shindy und Ardian Bujupi, die ebenfalls auftraten. Eine Artistikshow des WinterVarietés Heidelberg und Interviews mit Prominenz, darunter die Boxlegenden Arthur Abraham, Luan Krasniqi und Benjamin Whittaker, Ex-Fußballprofi (unter anderem 1. FC Kaiserslautern) und nun Modedesigner Mohamadou Idrissou und Comedian Mario Barth sorgten für Kurzweil.
Heidelberg erlebte ein Boxspektakel, das Appetit auf mehr macht. Über den nächsten Coup wird schon getuschelt: Im März soll es Boxen im Schnee im Schweizer Wintersportort St. Moritz geben.
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