Frankfurt. Es waren nur Worte. Aber Worte, die weh taten. Ihm selbst. Die Pressekonferenz von Trainer Gareth Southgate nach dem dürftigen 1:1 der Engländer gegen Dänemark wurde zur Selbstkasteiungs-Veranstaltung. Gemeint ist mit diesem Begriff die freiwillige Züchtigung der eigenen Person, um eines höheren Gutes Willen.
Die Kasteiung ist eigentlich eine religiöse Praxis. Aber ist nicht auch der Fußball eine Religion, wenn man ganz fest an eine bestimmte Mannschaft glaubt? Die „Three Lions“ aus England wollen bei der Europameisterschaft ganz weit kommen. Die Fans träumen vom Titel. Der Kader ist gefüllt mit starken Spielern. Aber die bisherigen EM-Leistungen waren enttäuschend. Beim 1:0 gegen Serbien ebenso wie beim 1:1 gegen Dänemark.
Englands Trainer nimmt Schuld für schlechte Leistung auf sich
„Es ist meine Verantwortung, ich bin der Trainer“, sagte nun Southgate und nahm alle Schuld auf sich. Die sportliche Erlösung soll kommen. „Wir müssen durch diese Herausforderung durch.“ Keine Panik!, signalisierte der Trainer. „Wir müssen ruhig bleiben in der Gruppe.“ Und er persönlich müsse „gute Lösungen finden“, um das Team besser zu machen.
Die Debatten um die zu defensive Ausrichtung von Southgate nehmen an Schärfe zu. Das enorme offensive Potenzial der englischen Mannschaft kommt auf dem Spielfeld nicht zum Tragen. Es fehlt an Tempo, an Dynamik, an Angriffslust, weil der Trainer immer viel Personal zur Absicherung vor dem eigenen Tor haben will.
Trainer Southgate: "Ängstliche Performance" gegen Dänemark
Die Erwartungen in der Heimat sind hoch. So viele große Namen, so viel Talent im Kader - aber nun sprach Southgate von einer „ängstlichen Performance“ im Duell mit Dänemark. Was bisher bei der EM in Deutschland gezeigt wurde, sei zu wenig.
Trotzdem sind die Engländer in der Gruppe C mit vier Punkten Erster. Sie können zumindest mit dem Weiterkommen planen. Am Dienstag (21 Uhr) treffen sie in Köln auf Slowenien, das bisher zwei Mal 1:1 gespielt hat.
Etliche englische Fans pfiffen am Donnerstagabend in Frankfurt. „Wenn wir nicht unser Niveau haben, müssen wir akzeptieren, was passiert“, sagte der Trainer. „Wir brauchen die Fans. Ich kann ihre Frustration absolut verstehen.“ Dann wiederholte er seine selbstkasteiende Grundaussage: „Das Team hat heute nicht funktioniert. Das ist meine Verantwortung. Die Spieler „geben alles, was sie haben.“
Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand: „Da war mehr drin“
Ansonsten dürfte Southgate den Job nicht mehr lange haben. Ein schnelles Aus bei der EM ist in der Erwartungshaltung auf der Insel nicht vorgesehen. „Ich weiß, dass es zu Hause wahrscheinlich viel Lärm und ein wenig Enttäuschung geben wird“, sagte Torjäger Harry Kane vom FC Bayern München, der England in der 18. Minute in Führung geschossen hatte. Aber dann glich Morten Hjulmand völlig verdient für die Dänen aus (34.).
Die englischen Starspieler signalisierten in ihren Interviews: nichts Schlimmes passiert. Aber der dänische Trainer Kasper Hjulmand sagte ein paar Minuten vor Southgate in der Pressekonferenz: „Da war heute mehr drin.“ England ist aktuell kein Titelanwärter. „Wir müssen liefern“, sagte der Trainer. Es ist seine Verantwortung, sein Job. Den Worten von Southgate müssen Taten folgen.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/sport_artikel,-sport-englands-trainer-gareth-southgate-unter-zugzwang-_arid,2218126.html