Schottlands Geschichte als Skisprung-Nation ist kurz und schnell erzählt. Im Jahr 1951 errichten Norweger bei den Braid Hills in Edinburgh eine provisorische Schanze – K-Punkt 25 Meter. Bei der Heranschaffung des Schnees aus dem skandinavischen Land gab es allerdings Zoll-Schwierigkeiten, und so begann das schöne Weiß schon zu schmelzen, als der einzige jemals beurkundete Skisprung-Wettbewerb auf schottischem Gebiet begann. Den Skisprung-Rekord für das Vereinigte Königreich hält zum Verdruss der „Bravehearts“ immer noch ein Engländer: der legendäre „Eddie the Eagle“, bürgerlich Michael Edwards, mit einem überschaubaren Hüpfer auf 73,5 Meter.
Die Schotten in Garmisch-Patenkirchen: Begrüßung mit Alphorn-Bläsern
Dass es die schottische Fußball-Nationalmannschaft nach Garmisch-Partenkirchen – den Austragungsort des traditionellen Neujahrsspringens der Vierschanzentournee – verschlagen hat, muss also mit anderen Gründen zusammenhängen. Wir hegen da den leisen Verdacht, dass die der Folklore nicht abgeneigte Nation bei der Wahl ihres EM-Quartiers auch ein wenig Wert auf krachlederne Volkstümlichkeit gelegt hat.
Die Erwartungen des deutschen Auftaktgegners am Freitag in München sollten nicht enttäuscht werden. Zur Begrüßung luden die Garmisch-Partenkirchener ihre neuen Freunde in die örtliche Bayernhalle ein. Eine Blaskapelle in Dirndln spielte auf, auch Alphorn-Bläser waren zu hören. Beim Auftritt einer lokalen Schuhplattler-Gruppe wurde Mittelfeldspieler John McGinn gar auf die Bühne gezerrt.
Er stellte sich Augenzeugenberichten zufolge beim traditionellen bayerischen Tanz gar nicht so ungeschickt an. Wer braucht schon einen Dudelsack, wenn er derart zünftig einen aufs Parkett zaubern kann?
Ob die frische Bergluft am Fuße der Zugspitze für den Außenseiter auch im Eröffnungsspiel gegen den Gastgeber leistungsfördernd wirkt, bleibt indes abzuwarten. „Der warme Empfang war fantastisch. Wir hoffen, dass wir viele Spiele gewinnen und lange hierbleiben können“, sagte Kapitän Andrew Robertson in Garmisch-Partenkirchen nur. Ohne hier eine tollkühne Prognose für das erste EM-Spiel abgeben zu wollen: Besser Fußball spielen als Skispringen können die Schotten auf jeden Fall.
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