Al Khor. Die Freude über den größten Moment seiner Karriere war Randal Kolo Muani nicht wirklich anzusehen. Als der Schlusspfiff ertönte, lagen um den neuen Liebling der französischen Nationalmannschaft sofort sieben, acht wie vom Schlag getroffene marokkanische Gegenspieler auf dem Rasen. Es hätte nicht gepasst, inmitten einer solchen Trauergemeinde Luftsprünge bis ans verschließbare Dach des Al Bayt Stadium zu machen. Muani wartete kurz, bis die ersten Marokkaner aufstanden, dann reichte er Mittelfeldspieler Azzedine Ounahi die Hand, der seit 2018 als Profi in Frankreich spielt.
Ihre Wege kreuzten sich, als der nun in aller Munde gelangte Edeljoker von Eintracht Frankfurt noch für den FC Nantes spielte. Der Plausch lenkte Kolo Muani ein bisschen ab, denn so richtig realisieren, dass er in den Mittelpunkt der Huldigungen gelangt war, konnte der 24-Jährige nicht.
„Es ist magisch, ich habe keine Worte, um es zu beschreiben“, sagte er beim französischen TV-Sender TF1: „Ich bin immer noch in meinen Träumen und habe Schwierigkeiten aufzuwachen.“ Irgendjemand müsste ihn mal wecken.
Der erst nach dem Ausfall des Leipzigers Christopher Nkunku in den WM-Kader gerückte Angreifer hatte nach seiner Einwechslung exakt 44 Sekunden gebraucht, um in der 79. Minute mit seinem 2:0 das umkämpfte Halbfinale zu entscheiden. Sein erstes Länderspieltor im vierten Einsatz für die „Équipe Tricolore“ kommt ins Geschichtsbuch, auch wenn Frankreichs Nummer zwölf einen der einfachsten Treffer seiner Karriere erzielte. Er musste den Ball nur mit der rechten Innenseite über die Linie schubsen. Aber Instinkt gehört dazu.
„Ich bin stolz darauf, die Mannschaft erlöst zu haben“, sagte Kolo Muani, der in der Bestenliste der schnellsten WM-Jokertore auf Platz drei sprang. Nur der Uruguayer Richard Morales, der 2002 nach 16 Sekunden traf, und der Däne Ebbe Sand, der 1998 nach 26 Sekunden netzte, waren noch schneller.
Kolo Muanis Geistesgegenwart passt zu seiner Entwicklung in Frankfurt, wo er dank Wucht, Wille, Tempo und Technik mit 20 Scorerpunkten zur Attraktion aufstieg. Wie die Hessen es mit langem Vorlauf schafften, so einen Spieler ablösefrei zu sich zu lotsen, davor ziehen viele den Hut.
Nationaltrainer Didier Deschamps freute sich für den Frankfurter: „Das ist großartig für ihn und für das Team. Seine Stärke ist seine Geschwindigkeit. Deshalb habe ich ihn gebracht.“
Der 54-Jährige hat sich zu eigen gemacht, über ein Turnier einer Stammelf zu vertrauen. Kolo Muani hatte zuvor nur im bedeutungslosen letzten Gruppenspiel gegen Tunesien (0:1) gespielt. Seine Rolle ist klar definiert: ordentlich trainieren und dann darauf hoffen, dass es auch im Finale gegen Argentinien einen braucht, der mit einem ersten Ballkontakt alles verändert. Man wird ja noch träumen dürfen.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/sport_artikel,-sport-eintracht-frankfurts-randal-kolo-muani-dem-himmel-ganz-nah-_arid,2030400.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,4.html