Hamburg. Magnus Carlsen gehört zu den schillerndsten Figuren der Schachwelt. Was der 34 Jahre alte Norweger auch tut, die Schlagzeilen sind ihm gewiss. Diese waren in den vergangenen Wochen wegen eines Hoseneklats und Vorwürfen einer Absprache nicht unbedingt immer positiv.
An diesem Wochenende wird er nun in Hamburg neugierige und wohlwollende Blicke auf sich ziehen: Der Weltranglistenerste sitzt erstmals für den FC St. Pauli in der Schach-Bundesliga am Brett. Club-Präsident Oke Göttlich sagte: „Wir freuen uns, dass einer der besten Schachspieler der Welt für den FC St. Pauli antritt. Dies ist ein kluger Zug von Magnus Carlsen, der zeigt, wie viel Strahlkraft der Verein hat.“
Junger Carlsen beeindruckt von den Pauli-Fans
Carlsen hat laut Oliver von Wersch – dem stellvertretenden Leiter der Schachabteilung bei St. Pauli – schon längere Zeit eine Verbindung zum Kiezclub. Der Schachgenius sei vor Jahren Zuschauer bei einer Niederlage der Fußballer gewesen, erzählte von Wersch dem NDR. Carlsen habe die Stimmung am Millerntor aber so beeindruckt, dass er sich ein Trikot des Vereins kaufte.
„Ich freue mich, Teil der coolsten Marke in Deutschland zu sein“, hatte Carlsen bei der Bekanntgabe seiner Verpflichtung gesagt. Danach wurde es – zumindest was das Engagement auf dem Kiez angeht – etwas ruhiger um den Mann, der von 2013 bis 2023 Weltmeister war.
Außerhalb Hamburgs bleib es um den Norweger jedoch kaum still. Zunächst sorgte jüngst der Ärger um seine Bekleidung bei der Schnellschach-WM in New York für Aufregung. Weil er in Jeans angetreten war, wurde er vom Weltverband FIDE disqualifiziert. „Magnus Carlsen verletzte die Kleiderordnung durch das Tragen von Jeans, die nach langjährigen Vorschriften für diese Veranstaltung ausdrücklich verboten sind“, teilte der Weltverband mit.
Wenige Tage später änderte die FIDE ihre Meinung und Carlsen durfte an gleicher Stelle bei der Blitzschach-WM antreten – erneut in Hosen aus dem Jeansstoff Denim. Einen Tag vor dem Viertelfinale gab er dann die Zusammenarbeit mit einem Bekleidungssponsor bekannt – was für ein Schachzug!
Dass sich der Norweger schlussendlich den Blitzschachtitel mit dem Russen Jan Nepomnjaschtschi nach einem – nicht vorgesehenen – Unentschieden teilte, ließ weitere Misstöne aufkommen. Absprachevorwürfe machten die Runde, die Carlsen aber umgehend zurückwies. „Ich habe in meiner Karriere noch nie ein Unentschieden im Voraus vereinbart“, schrieb der 34-Jährige auf der Plattform X.
Zwei Spiele am Wochenende mit dem FC St. Pauli
Anfang des Jahres überraschte Carlsen dann abseits des Bretts. In seiner norwegischen Heimat heiratete er seine Freundin Ella Victoria Malone. Stilecht in Anzug und mit Fliege aus feinem Zwirn feierte der Schachstar diesen besonderen Anlass in dem Hotel, in dem alljährlich auch die in der norwegischen Hauptstadt Oslo gekürten Friedensnobelpreisträger unterkommen.
Und nun also St. Pauli: Zwei Partien werden am Wochenende im „Brahms Kontor“ in der Hamburger Neustadt gespielt. Am Samstag gegen die SG Solingen, am Sonntag dann auch noch gegen den Düsseldorfer SK. Carlsen soll helfen, die bislang durchwachsene Bilanz des norddeutschen Bundesligisten aufzubessern.
Nach vier Spielen mit drei Niederlagen und einem Unentschieden belegen die Hanseaten lediglich Platz 15 unter den 16 deutschen Erstligisten – und stehen damit auf einem Abstiegsplatz. „Wir sind stolz, dass Magnus Carlsen erstmalig für den FC St. Pauli antritt. Es ist eine aufregende Gelegenheit, Schach einem breiten Publikum näherzubringen und zu zeigen, wie viel Spaß das königliche Spiel machen kann“, sagte Thomas Schüttler, der Leiter der Schachabteilung bei dem Hamburger Verein.
Im Februar startet die Freestyle Chess Grand Slam Tour
Nach den Spielen gegen Solingen und Düsseldorf geht es für Carlsen schon bald abermals in Norddeutschland weiter. In Weißenhäuser Strand an der Ostseeküste startet vom 7. bis 14. Februar die Freestyle Chess Grand Slam Tour. Bei dieser Schachvariante werden die Positionen der Figuren auf der Grundlinie ausgelost, wodurch die altbekannten Eröffnungs- und Verteidigungsstrategien bewusst aufgehoben werden.
Die neue Tour hat Carlsen gemeinsam mit dem Unternehmer Jan Henric Buettner, der auch für das Engagement beim FC St. Pauli mitverantwortlich ist, ins Leben gerufen. Im vergangenen Jahr gewann der Norweger bereits das Turnier an der Ostsee, das als Einzelevent ausgetragen wurde. In diesem Jahr wird die Tour nun in Frankreich, den USA, Indien und Südafrika fortgesetzt.
Vor der Freestyle-Variante steht aber zunächst das klassische Schach in der Bundesliga an: Ob Carlsen an diesem Wochenende in der Hansestadt erneut Jeans trägt, spielt dabei keine Rolle. Die Anhänger des Kiezclubs würden sich aber mit Sicherheit vor allem freuen, wenn der Norweger einen Kapuzenpullover mit dem bekannten Totenkopf tragen würde – dem Markenzeichen des Vereins. dpa
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