Fußball

Das solide geplante Märchen des 1. FC Heidenheim

Für den 1. FC Heidenheim kann schon an diesem Wochenende ein vor einigen Jahre noch unmöglich erscheinender Traum wahr werden. In Paderborn könnte der FCH in die Bundesliga aufsteigen. Wie kam es nur dazu?

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Florian Eisele
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Architekt des stetigen Heidenheimer Aufstiegs: FCH-Vorstandsvorsitzender Holger Sanwald, dessen Club kurz vor der Bundesliga steht. © Daniel Karmann/dpa

Wer das Stadion des 1. FC Heidenheim über die Logen betritt, dessen Blick könnte an einem dicken Wälzer haften bleiben, der dort im Eingangsbereich liegt. Im Branchenbuch des Zweitligisten sind alle Sponsoren des Clubs aufgeführt. Es sind einige.

Auf rund 430 Seiten sind die Unternehmen aufgelistet. Insgesamt sind es mehr als 500 Firmen, die den Verein unterstützen. Gefühlt wirbt jeder im Umkreis des 50 000-Einwohner-Städtchens mit dem FCH. Vorstandschef Holger Sanwald beschreibt das so: „Wir haben uns Schritt für Schritt die Region erarbeitet.“ Und die fiebert nun mit der Mannschaft von Trainer Frank Schmidt: Am Sonntag kann Heidenheim mit einem Sieg beim SC Paderborn den Aufstieg in die Bundesliga klarmachen.

Einst vor dem Nichts

Ob es ein Märchen ist, was sich da anbahnt? Auf die Frage hin schränken auch die meisten Heidenheimer ein: Das vielleicht schon, aber eben ein solide geplantes Märchen angesichts der stabilen Arbeit auf der Geschäftsstelle und dem Rasen.

Zu sagen, dass der Erfolg des FCH aus dem Nichts kommt, ist falsch und richtig zugleich: Falsch, weil im Verein seit Jahrzehnten solide gearbeitet wird. Richtig, weil Sanwald an seinem ersten Arbeitstag noch vor dem Nichts stand.

Das Ziel hieß einmal Oberliga

Der 45-Jährige ist seit 1994 der starke Mann im Verein. Mit gerade mal 27 Jahren setzte er sich in einer Kampfabstimmung durch. Für ihn, der gerade sein BWL-Studium abgeschlossen hatte, sprach sein kaufmännisches Verständnis, seine Vergangenheit als Landesliga-Stürmer. Was noch? „Ich konnte schon immer gut mit Menschen. Und ich wollte nicht, dass es mit dem Heidenheimer Fußball zu Ende geht.“

Das Aus - dieses Szenario drohte dem Heidenheimer Sportbund, wie der Club damals noch hieß, tatsächlich. „Als ich hier anfangen habe, hatten wir faktisch keine Sponsoren, kein Geld, keine gute Mannschaft.“ Dabei sei doch eigentlich mehr drin, in dieser wirtschaftlich starken Region. Sanwald putzte Klinken, verkaufte die ersten Sponsorenpakete und stellte einen Plan auf: Die Oberliga war das Ziel.

Viele Spieler aus der Region

„Mir war klar: Ich muss ein paar positiv Verrückte finden, die mir vertrauen.“ Er fand sie. Nach zehn Jahren gelang der Aufstieg. „Dann haben wir uns angeschaut: Und was machen wir jetzt? Dann haben wir ein neues Konzept aufgestellt - diesmal mit dem Ziel 2. Liga. Das haben wir für uns behalten. Wir wollten ja nicht als größenwahnsinnig gelten.“ Das war 2004 - und bei jedem Aufstieg in die nächsthöhere Liga schien klar zu sein: Das war es jetzt aber mal wirklich mit diesen Emporkömmlingen.

Stattdessen nahm der Verein Hürde um Hürde und baute etwa den Sportplatz für 45 Millionen Euro zu einem 15 000 Zuschauer fassenden Stadion aus, das dem Club mittlerweile gehört. Die Spieler, die für den FCH spielen, sollen idealerweise aus der Region stammen, im aktuellen Kader spricht jeder Deutsch. Es ist ein Konzept, das sich seit Jahren auszahlt.

Jetzt also Bundesliga? Ändern soll sich an dem Konzept auch eine Liga höher nichts, so Sanwald. Ab und an müsse er sich schon zwicken, sagt er: „So richtig real kommt mir das nicht vor. Allein, dass der große HSV jetzt unser Konkurrent ist - das ist doch irre.“

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