Fußball

Beim FC Augsburg ist der Trainer der Star

Bundesliga-Club FC Augsburg möchte künftig bedeutend ambitionierter und mutiger auftreten. Trainer Sandro Wagner und die neue Sportliche Leitung sollen nun Theorie in Praxis umsetzen.

Von 
Milan Sako
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Augsburgs Trainer Sandro Wagner (M) erhöhte durch seine Vertragsunterschrift schlagartig die Strahlkraft des Clubs. © Harry Langer/dpa

Augsburg. Die Verantwortlichen des FC Augsburg hätten problemlos so weitermachen können. Unter Trainer Jess Thorup hatten sie eine entspannte Saison erlebt und frühzeitig den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga erreicht. Nach mehrtägiger Saisonanalyse kamen Geschäftsführer Michael Ströll und führende Köpfe indes zu einem ganz anderen Ergebnis. Radikal wirkten ihre Entscheidungen, die zur Trennung von Trainer Thorup und zugleich dem Aus von Sportdirektor Marinko Jurendic führten. Und jetzt? Wird alles anders in Augsburg. Ströll baute den Bundesligisten im sportlichen Bereich großflächig um. Holte nicht nur Trainer Sandro Wagner und Sportdirektor Benjamin Weber, sondern erweiterte zugleich das Kompetenzzentrum um Positionen und Namen.

Warum mussten Trainer Thorup und Sportdirektor Jurendic gehen?

Unter Thorup hatte der FCA die drittmeisten Punkte in seiner Erstliga-Historie geholt. Frühzeitig war der Klassenerhalt erreicht, die Spielzeit verlief sorgenfrei. Doch damit allein wollten sich die führenden Köpfe nicht zufriedengeben. In ihrer Analyse untermauerten sie mehrere Kritikpunkte mit Zahlen. Unter anderem erspielte sich der FCA kaum Torchancen und erzielte wenig Treffer. Der dänische Defensivfußball Thorups dämmte die Gegentorflut ein, war allerdings alles andere als attraktiv. Der Vorwurf an Jurendic war, dass er Talenten wie Noakhai Banks oder Mert Kömür zu wenig Einsatzzeit gewährte und die Mannschaft nach dem vorzeitigen Ligaverbleib keine Leistung mehr brachte.

Legt der FCA im 15. Jahr Bundesliga das Image der Grauen Maus ab?

Allein durch die Verpflichtung von Sandro Wagner hat der FCA das Scheinwerferlicht auf Augsburg gerichtet. Als der Club den ehemaligen Assistenten von Bundestrainer Julian Nagelsmann verpflichtete, erhöhte er schlagartig die Strahlkraft. Wagner galt als umworben, anderen Bundesligisten soll er abgesagt haben. In der ersten Pressekonferenz dokumentierten zahlreiche Medienvertreter den hohen Grad an Aufmerksamkeit. Wagner selbst gab sich demütig und vermied vollmundige Sprüche. Ströll nimmt in Kauf, dass Wagner den FCA in den Schatten stellt – solange der Club ab und an Sonne abbekommt.

Spielt der FC Augsburg in der Bundesliga jetzt Tiki Taka?

Gegen Aussagen, nun offensiv zu spielen, wehrt sich Wagner hartnäckig. Stattdessen formuliert der 37-Jährige, er wolle künftig beim FCA einen attraktiven Spielstil pflegen. Wie genau dieser aussehen soll, darum machen Spieler, Trainer und Sportdirektor bislang ein Geheimnis. Das führt dazu, dass das Gros der Übungseinheiten – auch im Trainingslager in Österreich – unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Wagner wurden etliche Wünsche erfüllt, um seinen Arbeitsplatz in Augsburg nach seinen Vorstellungen einzurichten. Unter anderem steht jetzt eine 100000 Euro teure Videowand am Trainingsplatz. Fakt ist: In der Vergangenheit haben etliche Trainer zunächst einen offensiven Ansatz gewählt. Nach Gegentreffern und Misserfolgen betrieben sie Realpolitik und stärkten die Defensive.

Stürmt der FCA mit Wagner in den Europapokal?

Tatsächlich hat sich der Club durch seine personellen Veränderungen in der sportlichen Leitung zu einem ungemein spannenden Projekt in der Bundesliga entwickelt. Hat neue Ebenen eingezogen, hat sich zusätzliche Expertise in geholt und Aufgaben auf mehr Schultern verteilt. Nicht nur das Trainerteam um Wagner ist neu, zugleich setzt der Club auf die Expertise von Sportdirektor Benjamin Weber, dem Manuel Baum (Leiter Entwicklung und Fußballinnovation), Marc Lettau (Kaderplaner) und Julian Baumgartlinger (Koordinator Lizenzspielerabteilung) unterstellt sind. Stellt sich die Frage, wie schnell dieses Kompetenzteam alte Muster aufbrechen, Potenzial ausschöpfen und für Erfolg auf dem Rasen sorgen kann. Denn die Mannschaft ist weitgehend mit jener aus der vergangenen Saison identisch.

Welchen Eindruck hinterlassen die Neuzugänge?

Während der FCA in den vergangenen Jahren enorme Umwälzungen vorgenommen hat, beschränkt er sich diesmal auf die Reduzierung des Kaders und punktuelle Verstärkungen. Er benötigt zudem Platz, um mehr Eigengewächse zu integrieren – eine Vorgabe für Wagner. Chrislain Matsima und Cédric Zesiger hat der Club nach Leihen fest verpflichtet. Die Innenverteidiger sind ebenso Stammkräfte wie Mittelfeldspieler Han-Noah Massengo, der nicht nur durch seine Frisur auffallen soll. Elias Saad, Robin Fellhauer oder Kyliane Dong werden wohl zunächst Ersatzrollen einnehmen. Wahrscheinlich wird der FCA nochmals auf dem Transfermarkt tätig werden. Denn im Sturm braucht er dringend Verstärkung.

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