Fußball - Darmstadt 98 muss sich nach dem 0:5 gegen den Hamburger SV kräftig schütteln / Erste sechs Teams ganz eng zusammen

„Richtig einen auf die Fresse bekommen“

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Claudio Palmieri
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Während die Hamburger am Böllenfalltor feiern durften, stand die Darmstädter Profis im Spitzenspiel völlig neben sich. © Thomas Frey/dpa

Darmstadt. Die Frage fühlte sich für Marcel Schuhen genauso bescheiden an wie das Endergebnis. Ob Darmstadt 98 das 0:5 im Zweitliga-Spitzenspiel gegen den Hamburger SV nach dem Motto „Lieber einmal 0:5 verlieren als fünfmal 0:1“ abhaken müsse, wurde der Torwart des klar unterlegenen Tabellenführers vom eigenen Presseteam gefragt. „Ja…ja…ich sag mal: ja“, grübelte der 29-Jährige. Dann hielt er fest: „Wenn wir unsere Lehren daraus ziehen, bejahe ich die Frage.“

Darmstadts Kapitän Fabian Holland antwortete mit einem Gegenschlag. „Das wird uns nicht umhauen. Dafür sind wir mental zu stark. Die Punkte, die wir haben, wurden uns nicht geschenkt. Das werden wir nächste Woche direkt beweisen“, kündigte der 31-Jährige an. Weniger blumig fasste der Verteidiger die schwächsten 90 Minuten der bisherigen Lilien-Saison zusammen: „Kann man schon so sagen, dass wir heute richtig einen auf die Fresse bekommen haben.“

Die in der Höhe völlig unerwartete, aber keineswegs unverdiente Klatsche im Top-Spiel ist ein Schlag ins Darmstädter Kontor. Dass alles schieflief, was schiefgehen konnte, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Vorgaben von Lilien-Trainer Torsten Lieberknecht für die Anfangsphase das genaue Gegenteil zur Folge hatten. „Wir wollten nicht so viel Gier aufbauen, dass wir den HSV blindwütig anlaufen, sondern aus einer gesunden Ordnung in Umschaltmomente kommen“, erklärte der Pfälzer nach Abpfiff seinen Matchplan.

Früh nur Schadensbegrenzung

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Doch schon nach 13 Minuten konnte es für die Südhessen vor 1000 Zuschauern nur noch um Schadensbegrenzung gehen. „Da kommen der Elfmeter und ein Freistoß, die uns ins Hintertreffen bringen“, zählte Lieberknecht auf: „Beim 0:3 wirkte es so, dass der Stecker gezogen ist.“ HSV-Stürmer Robert Glatzel stand sinnbildlich für den „Sahnetag“, für den Darmstadts Coach den hocheffizienten Hanseaten „Respekt zollte“. Nach einem verwandelten Strafstoß in Minute fünf stellte der Ex-Mainzer die Weichen mit einem Kopfball (10.) und einer Volleyabnahme (13.) auf Sieg – und oben drauf einen Zweitliga-Rekord ein. Einen lupenreinen Hattrick innerhalb der ersten 13 Minuten hatten bisher nur Nils Petersen (2015) und Hans Haunstein (1977) geschafft.

In Minute 89 gelang Glatzel auch das 5:0. Vorher hatte Manuel Wintzheimer auf 4:0 erhöht (76.). „Er ist zum Verwerten da, das hat er heute sehr gut gemacht“, lobte HSV-Trainer Tim Walter den vierfachen Torschützen, dessen Elf auch ohne Top-Vorlagengeber Sonny Kittel bis zur Pause deutlich höher führen hätte können.

Dass Darmstadt sich in seiner besten Phase nicht mit einem Treffer belohnte, passte zum „gebrauchten Tag“, von dem Trainer Lieberknecht („In der zweiten Halbzeit haben wir ein ordentliches Gesicht gezeigt“) sprach. Das vermeintliche 1:3 durch einen schönen Schlenzer des eingewechselten Aaron Seydel wurde nach Videobeweis aberkannt (68., Abseits). „Nach der Pause haben wir 20 Minuten gebraucht. Wenn Darmstadt da rankommt, wird es noch mal enger“, räumte Walter ein.

Apropos eng: Im oberen Drittel der 2. Liga geht es nach 21 Spieltagen mit maximalem Kontakt zu. Mit einem Dreier gegen Hamburg hätte Primus Darmstadt acht Punkte vor dem einstigen Bundesliga-Dino gelegen. Der Vorsprung auf den Zweiten St. Pauli wäre auf vier Zähler angewachsen. Stattdessen liegen die ersten sechs Teams jetzt innerhalb von zwei Zählern.

Der HSV, der zuletzt schon St. Pauli schlug, will sich indes nicht als Punktsieger sehen. „Wir sind gut beraten, dass wir auf uns schauen und weiterarbeiten“, warnte Walter. Die Lilien haben bis Sonntag Zeit, das 0:5 aufzuarbeiten – dann geht es nach Hannover. „Das schmerzt jetzt ein, zwei oder drei Tage. Aber dann geht es weiter“, versprach Keeper Schuhen.

Freier Autor Geboren in Viernheim, aufgewachsen in Bürstadt. Freier Mitarbeiter seit 2009

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