Heidelberg. Das Zeitspiel war schon angezeigt, doch die Rhein-Neckar Löwen hatten ja schließlich Ivan Martinovic. Aus fast elf Metern zog der Linkshänder ab, traf 36 Sekunden vor dem Abpfiff mit seinem elften Tor zum entscheidenden 30:28 und brachte den Heidelberger SNP Dome endgültig zum Beben. „Wo ich den hergenommen habe, weiß ich eigentlich selber nicht“, lachte der Linkshänder. „Aber wir wollten alle so sehr nach Köln und das haben wir von Anfang an gezeigt“, strahlte der Kroate nach der Humba-Party vor den ausgelassen feiernden Fans.
Olle Forsell Schefvert setzte dann noch den Schlusspunkt zum 31:28 (15:15)-Sieg im Pokal-Viertelfinale gegen den ThSV Eisenach, mit dem sich die Löwen zum 13. Mal in ihrer Vereinsgeschichte für das Final-Four-Turnier um den DHB-Pokal qualifiziert haben, das am 12./13. April 2025 in der Lanxess Arena ausgetragen wird. Der hoch emotionale Erfolg gegen Angstgegner ThSV Eisenach war zugleich der erste Erfolg gegen die Thüringer, gegen die es in der Liga bislang nur Niederlagen gab.
Das Erreichen des Endturniers um den DHB-Pokal ist nicht zuletzt ein großer Erfolg für den am Saisonende scheidenden Trainer Sebastian Hinze, der 2023 schon einmal mit den Löwen in Köln triumphierte. Wie die Auslosung am Donnerstagabend ergab, geht es im ersten Halbfinale von Köln gegen den THW Kiel, im zweiten Halbfinale stehen sich die MT Melsungen und Zweitligist HBW Balingen-Weilstetten
Machulla heißer Kandidat, Entscheidung am Montag?
Wer auf Hinze folgen könnte, wird ebenfalls immer konkreter: Neben dem Dänen Heine Jensen (OIF Arendal/Norwegen) ist wie berichtet auch Maik Machulla weiter ein heißer Kandidat auf den Trainerposten in Mannheim. Das gewöhnlich gut informierte Internet-Portal „handball.leaks“ meldete den Wechsel des zuletzt in Aalborg freigestellten Flensburger Meister-Trainers vor dem Anpfiff in Heidelberg sogar schon als perfekt.
„Es werden momentan viele Namen gehandelt und wenn wir eine Unterschrift haben, werden wir etwas verkünden“, wich Sportchef Uwe Gensheimer bei dieser Personalie aus, stellte aber klar, dass noch vor Weihnachten eine Entscheidung fallen soll. Nach Informationen dieser Redaktion soll offenbar am Montag endgültig Klarheit herrschen. Doch dieses Thema stand nach den 60 nervenaufreibenden Minuten erst einmal völlig im Hintergrund.
Rhein-Neckar Löwen – ThSV Eisenach 31:28 (15:15)
- Rhein-Neckar Löwen: Späth (bis 38.), Appelgren (38. bis 58.) – Nothdurft (1), Kohlbacher (4), Groetzki (4) – Forsell Schefvert (3), Knorr (7), Martinovic (11/3) – Jaganjac, Davidsson (1), Lindenchrone, Móré (n.e.), Heymann, Plucnar, Michalski (n.e.)
- ThSV Eisenach: Spikic, Heinevetter (bei einem Siebenmeter, ab 23. bis 37. und ab 55.) – Snajder (1), Walz (5), Attenhofer (5) – Grgic (10/2), Vistorop (1), Mengon (1) – Meyer, Hangstein (5/3), Donker, Reichmuth, Capric, Maric, Meyer, Kurch, Saul.
- Strafminuten: Forsell Schefvert (4), Jaganjac (2), Martinovic (4), Plucnar (2) – Walz (2), Donker (2), Meyer (2), Snajder (2). – Beste Spieler: Martinovic – Grgic.
- Schiedsrichter: Martin Thöne/Marijo Zupanovic (Lilienthal/Berlin)
- Zuschauer: 3791 (ausverkauft)
„Am Ende ist es nur Wille und in der Crunch-Time waren wir voll da. Das schaffst du nur, wenn du den vollen Fokus hast“, freute sich Coach Hinze über den Coup.
Bei den Löwen stand wieder Sebastian Heymann nach seiner starken Fußprellung im Kader, hielt sich zunächst aber nur bereit und konnte von der Bank aus mitverfolgen, wie sich vom Start weg ein leidenschaftlicher Pokal-Fight entwickelte. Eisenach bot dabei die erwartbaren Varianten an, verteidigte mit einer auf die linke Seite verlagerte 4:2-Formation, im 5:1 oder 3:3-System, was den Löwen Frische im Kopf aberverlangte. Die Badener mussten zudem mit der ThSV-Offensive zurechtkommen, die ohne fixen Kreisspieler agierte und über die ganze Breite die Eins-gegen-Eins-Duelle suchte. Vor allem Nationalspieler Marko Grgic konnte sich da immer wieder in den Vordergrund spielen, doch nach dem 9:9 sorgten die Löwen mit dem 11:9 erstmals für einen Zwei-Tore-Vorsprung einer Mannschaft (20.). Die Löwen bauten diesen Vorsprung sogar auf 14:11 aus, was Eisenachs Coach Misha Kaufmann zu einer ersten Auszeit zwang (25.) - und die zeigte Wirkung, weil nicht zuletzt der beim ThSV eingewechselte Keeper Silvio Heinevetter war mit vier Paraden ein Faktor.
Der ganze Zauber ging nach dem Wechsel bei 15:15 also wieder von vorne los und die Fans beider Teams erlebten ein echtes Wechselbad der Gefühle. Beim 21:23 (47.) sah es nicht gut für die Löwen aus, die zu viele Eins-gegen-Eins-Situationen verloren. Doch der zweifache Pokalsieger saugte sich wieder heran und nach dem 27:28 (56.) trafen dann nur noch die Löwen. Nach dem 28:28 durch Jannik Kohlbacher entschärfte Keeper David Späth einen Siebenmeter, Martinovic brachte die Löwen in Führung und als Eisenach mit einem zusätzlichen Feldspieler den Ball verlor, schlug die große Stunde des Linkshänders, der den entscheidenden Treffer aus eigentlich unmöglicher Position setzte.
„Das waren brutale 60 Minuten, aber in den entscheidenden Szenen haben wir einfach kein Tor mehr kassiert und dann zum Glück Ivan gehabt“, versuchte Kapitän Groetzki den Pokal-Krimi von Heidelberg in Worte zu fassen.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/sport/vereine_artikel,-rhein-neckar-loewen-rhein-neckar-loewen-stehen-im-pokal-halbfinale-_arid,2272207.html
Bergsträßer Anzeiger Plus-Artikel Kommentar Hinze ist bei den Rhein-Neckar Löwen nicht gescheitert