Mannheim. Wer darüber nachdenkt, wann es bei einer Partie der Rhein-Neckar Löwen zum letzten Mal Pfiffe in der SAP Arena gegeben hat, muss seine Erinnerung schon ein bisschen strapazieren. Wahrscheinlich war es beim letzten Heimspiel der vergangenen Saison 2023/24. Aber nicht, weil die Löwen nach dem 21:34 gegen den SC Magdeburg mit Platz zwölf damals ihre schlechteste Spielzeit seit dem Wiederaufstieg 2005 zementiert hatten, sondern weil neben zahlreichen anderen Profis auch Routinier Tobias Reichmann verabschiedet wurde.
Die damalige Geschäftsführerin Jennifer Kettemann bekam für diese Personalentscheidung den Unmut der Fans zu spüren. Was den Sport betrifft, sind die Anhänger des Mannheimer Bundesligisten sonst bekanntermaßen sehr leidensfähig.
Umso erstaunlicher muteten die Szenen nach dem 26:33 (12:14) am Donnerstagabend gegen den TVB-Stuttgart an, als die Mehrzahl der über 7500 Zuschauer mit ihrer Geduld dann doch am Ende war und das der Mannschaft auch unüberhörbar zu verstehen gab. „Völlig zu Recht. Gerade unser Auftritt in der zweiten Halbzeit ist nicht zu entschuldigen. Sobald wir ein bisschen Gegenwind bekommen haben, sind wir auseinandergebrochen. Das war nicht gut genug – auf ganz, ganz vielen Ebenen“, ordnete Trainer Sebastian Hinze die bereits 14. Saisonniederlage ein und kündigte schon unmittelbar nach dem Spiel Konsequenzen an.
Löwen-Chef Bachert: „Wir stehen mit Sebastian im Dialog“
Wie die sich nun genau gestalten, blieb am Tag danach zunächst offen. Von Vereinsseite muss der Coach jedenfalls keine unmittelbaren Folgen fürchten, wie Geschäftsführer Holger Bachert im Gespräch mit dieser Redaktion betonte. „Wir stehen mit Sebastian im Dialog und werden das natürlich intern aufarbeiten. Aber wir sind jetzt zwei Spieltage vor Saisonende und werden da keine Schnellschüsse machen. Von unserer Seite steht da nichts im Weg“, soll der zur nächsten Spielzeit nach Eisenach wechselnde Coach seine Amtszeit in der Kurpfalz ganz normal zu Ende bringen. Auch Hinze selbst wollte seine Aussagen am Freitag nicht fehlinterpretiert wissen.
„Ich war nach dem Spiel sehr enttäuscht von dem, was wir abgeliefert haben. Nach der Analyse des Spiels gilt es jetzt aber, den Fokus nach vorne auf das nächste Spiel in Wetzlar zu richten, um deutlich verbessert aufzutreten.“ Sportchef Uwe Gensheimer war ebenfalls bemüht, mit Blick auf Hinzes Aussagen Druck aus dem Kessel zu nehmen. „Da geht es nicht um personelle Konsequenzen, sondern darum, sich inhaltlich mit dem Spiel auseinanderzusetzen und dafür zu sorgen, dass eine solche Leistung wie gestern gegen Stuttgart aufgearbeitet wird.“
Am Sonntag nächste Aufgabe der Rhein-Neckar Löwen bei der HSG Wetzlar
Dass sich die Löwen-Profis aber dennoch ein paar Takte anhören müssen, steht für Bachert außer Frage. Er wird am Samstag vor der nächsten Partie bei der HSG Wetzlar (Sonntag, 16.30 Uhr) mit dem Team sprechen. „Das war nicht so, wie wir als Löwen vor mehr als 7000 Zuschauern auftreten wollen. Da haben wir schon einen anderen Anspruch an die Mannschaft. Das werden wir sachlich, aber hart ansprechen“, betonte der Löwen-Geschäftsführer, der sich in der aktuellen Spielzeit sicher schon mehrfach gefragt haben dürfte, was die Löwen in manchen Phasen reitet.
Herausragenden Auftritten wie die Heimsiege gegen fast alle Top-Teams oder der jüngste Auswärtserfolg gegen Flensburg stehen bedenkliche Vorstellungen wie etwa beim Final Four gegen Zweitligist Balingen-Weilstetten oder die Niederlagen gegen Abstiegskandidaten wie Erlangen oder nun Stuttgart gegenüber. Auch der Kraftakt gegen Schlusslicht Potsdam fällt in diese Kategorie. Zyniker würden behaupten, dass die Löwen hier nicht in den Abstiegskampf eingreifen, weil sie ja regelmäßig als Aufbau-Gegner herhalten. Im direkten Umfeld der Löwen wird allerdings niemand über diese Einschätzung lachen können.
Mallorca-Fahrt „intern abgesprochen und freigegeben“
„Wir haben einfach nicht die Intensität gehabt, die man in so einem Spiel benötigt. Das war energielos“, benannte Torhüter David Späth die Hauptursache für die Niederlage gegen die zuvor seit sechs Spielen sieglosen Stuttgarter. Rückraumspieler Ivan Martinovic sprach nach seinem verhagelten Comeback ebenfalls davon, dass Stuttgart „mehr Feuer drin hatte“ und lenkte damit die Gedanken in Sachen Einstellung.
Die Ursachen für die nicht vorhandene Ernsthaftigkeit lassen sich vordergründig natürlich schnell zusammenfassen: In der Tabelle geht es schon lange um nichts mehr, einige Leistungsträger verlassen den Verein und sind mit ihren Gedanken wohl schon woanders. Ein Trainer, der vor dem Abschied steht, hat auch immer etwas mit dem „Lame-Duck“-Syndrom zu kämpfen, das die Autoritätswerte nicht gerade in astronomische Höhen schießen lässt. Alles Komponenten einer quälenden Endzeitstimmung, in deren Zentrum dann letztlich die Charakterfrage steht.
Diese bekam nun durch eine Mallorca-Fahrt des Teams in der vergangenen Woche zusätzliche Brisanz, die Sportchef Gensheimer allerdings nicht gelten lassen möchte. „Das war intern besprochen und freigegeben. Wir haben uns danach in vier Trainingseinheiten auf Stuttgart vorbereitet und hatten dabei nicht den geringsten Anlass zu glauben, dass sich die Fahrt in irgendeiner Weise auf die Leistungsfähigkeit auswirkt. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, betonte der Ex-Profi. Ob der Zeitpunkt nun aber besonders glücklich gewählt war, steht auf einem anderen Blatt.
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