Tischtennis

Eine "aufreibende und emotionale" Spielzeit für den VfR Fehlheim

Von 
Dirk Rosenberger
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Fehlheims Abteilungsleiter Claudio Schubert (li.) mit Felix Schubert (Mitte) und Timo Freund, die in der kommenden Saison in der Regionalliga tragende Rollen spielen dürften. © Neu

Fehlheim. Das Abenteuer Bundesliga ging für die erste Tischtennis-Herrenmannschaft des VfR Fehlheim nach nur einer Saison in der 3. Nord wieder zu Ende. Allerdings waren die Grün-Weißen dem Klassenerhalt näher, als sie es selbst womöglich zu Beginn gedacht hatten. Doch Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Spielplan und vor allem der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine führten zu Rückschlägen, die nicht zu kompensieren waren.

Mit Dmytro Yaremchuk, Oleksi Sarmatov, Dmytro Drobov und Olexandr Tuzhylin konnten die Fehlheimer in der Rückrunde vier Spieler nicht mehr einsetzen, die zuvor regelmäßig das Team verstärkt hatten. Trotz teils starker Leistungen der verbliebenen Akteure reichte es am Ende nicht. In der neuen Spielzeit schlägt man daher erneut in der Regionalliga West auf. Im Gespräch mit dieser Zeitung blickte Abteilungsleiter Claudio Schubert auf die vergangenen Monate zurück und gab einen Ausblick.

Herr Schubert, hätten Sie zu Beginn der Bundesliga-Saison gedacht, dass die Runde emotional so fordernd wird?

Claudio Schubert: Ich habe schon erwartet, dass es eine aufreibende Spielzeit wird, weil es für uns völliges Neuland war. Persönlich hätte ich nicht gedacht, dass es am Ende doch möglich gewesen wäre, die Klasse zu halten – und das ohne hohes finanzielles Risiko und große Verstärkungen.

Woran hat es Ihrer Meinung nach letztlich gelegen, dass es nicht gereicht hat?

Schubert: Es hat uns ein bisschen die Erfahrung gefehlt – mal abgesehen von den Auswirkungen der Corona-Pandemie und dem russischen Angriffskrieg. Wir kannten die Gepflogenheiten der Liga nicht, zum Beispiel, dass manche Vereine ein gutes Verhältnis pflegen und zusammenarbeiten und viel Wissen vorhanden sein muss, um Hindernissen aus dem Weg zu gehen. Das betrifft Spielverlegungen, Doppelspieltage, das kann entscheidend sein für den Ausgang. Ich hätte nicht gedacht, dass es so viel Wettbewerbsverzerrung gibt.

Wie hat sich das geäußert?

Schubert: Einige Mannschaften sind manchmal in starker Besetzung angetreten, dann wieder sehr schwach. Da war die eine oder andere Wundertüte dabei. Wenn wir gewusst hätten, dass die bei uns nicht mit den Topleuten aufschlagen, hätten wir mit einer anderen Aufstellung womöglich punkten können. Das muss man in einer solchen Klasse mehr einplanen. Das waren wir zu grün.

Solche Geschichten waren aber nicht alleine ausschlaggebend für das Abschneiden, oder?

Schubert: Nein, letztlich hat die Corona-Pandemie erneut eine große Rolle gespielt. Teams hatten Corona-Fälle und sind nicht angetreten gegen direkte Konkurrenten von uns im Abstiegskampf. Das hat alles etwas verschoben. Dann kam der Krieg – und hat, rein sportlich betrachtet, alles über den Haufen geworfen. Wir konnten nicht mehr auf unsere ukrainischen Spitzenspieler zurückgreifen, das war am Ende ausschlaggebend. Wobei der Sport vor dem Hintergrund der schrecklichen Ereignisse und der vielen Schicksale absolut in den Hintergrund trat und nach wie vor tritt.

Die sportliche Bilanz fällt trotz des Abstiegs zufriedenstellend aus?

Schubert: Wir haben meiner Meinung nach eine total interessante Runde erlebt, mit tollem Tischtennissport. Der Aufwand war groß, aber machbar. Den Weg würden wir immer wieder gehen. Wir haben in Hamburg, Berlin, im Ruhrpott gespielt, insgesamt hat es sich gelohnt. Aber die Emotionen waren schon intensiv. Enge Spiele, großer Kampf, da kam einiges zusammen.

Wie bewerten Sie die Entwicklung der Mannschaft?

Schubert: Bei den Jüngeren hat die Erfahrung gefehlt, sie haben sich in der Rückrunde aber sehr gesteigert und waren nah dran, die Klasse zu halten trotz der Ausfälle. Sehr erfreulich war beispielsweise die Leistungssteigerung von Timo Freund, der in der Rückrunde fast ausgeglichen gespielt hat. Auch Felix Schubert konnte gegen einen guten Gegner ein Spiel für sich entscheiden und mehrere Doppel mit Timo Freund gewinnen. Sourav Saha hat uns viel geholfen, war der zweit- oder drittstärkste Spieler der Liga. Er hat uns jetzt Richtung Zweite Liga in Frankreich verlassen. Andrej Bondarev hat tollen Sport gezeigt, nie aufgegeben und spektakuläre Spiele gewonnen.

Haben Sie nach wie vor Kontakt zu den Spielern in der Ukraine?

Schubert: Dmytro Yaremchuk hätten wir gerne in der Mannschaft gehalten. Da tat sich aber zu spät die Möglichkeit auf, dass er ausreisen darf, weil er in den nationalen Juniorenkader aufgerückt ist. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir unsere Planungen beendet. Er ist jetzt zu einem anderen Verein in Deutschland gewechselt. Über Andrej Bondarev haben wir zu allen Spielern Kontakt. Oleksi Sarmatov ist leider Gottes im Kriegsdienst. Bei Olexandr Tuzhylin ist es immerhin gelungen, seine Frau und seine kleine Tochter aus dem Land zu holen und in Heidelberg unterzubringen. Und mit Dmytro Drobov, der in Kiew lebt, gibt es ebenfalls immer mal wieder einen Austausch. Er ist Jugendnationaltrainer und hat uns eine Familie vermittelt, in der fast alle Tischtennis spielen und die jetzt bei uns in Fehlheim wohnt. Der Sohn war mit 13 Jahren ukrainischer Schülermeister, Vater und Tochter stehen ebenfalls an der Platte.

Wie stellt sich die erste Mannschaft in der neuen Regionalliga-Saison auf?

Schubert: Es hat sich gezeigt, dass die Regionalliga stark besetzt sein wird. Es sind unter anderem mit Dortmund, Köln und Jülich einige Reserven vertreten. Da stehen Spieler im Kader mit hoher Punktzahl. Wir sehen uns von der Punktzahl unserer Spieler eher im unteren Mittelfeld. Wir möchten versuchen, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Ob es für einen Platz weiter vorne reicht, dürfte schwierig werden.

Ein Neuzugang wird das Team nach dem Abgang von Sourav Saha verstärken …

Schubert: Marius Henninger wechselt vom DJK Sportbund Stuttgart aus der 3. Liga Süd zu uns. Er ist ein ambitionierter Spieler, sehr professionell, konnte schon einige Erfolge feiern. Mit ihm haben wir einen guten Fang gemacht. Marius wird mit Timo Freund vorne spielen, dahinter Andrej Bondarev und Felix Schubert. Benjamin Bator und Eric Immel stehen als Reservespieler zur Verfügung. Ob wir einen ukrainischen Spieler im Lauf der Runde einsetzen können, wird sich zeigen.

Die zweite Mannschaft schlägt nach ihrem Aufstieg erstmals in der Hessenliga auf. Wie sehen die Planungen aus?

Schubert: Wir haben für die Zweite mit Tom Wienke einen der stärksten Schülerspieler Deutschlands im Aufgebot. Er soll vorne spielen, dazu Filip Stefanov, Malte Grüner, Adi Sangeorgean, insgesamt acht bis neun Spieler. Da sind wir personell sehr gut besetzt. So werden wir zumindest versuchen, den Klassenerhalt zu packen. Die Hessenliga ist superstark. Unsere dritte Mannschaft spielt Bezirksoberliga, die sollen oben mitspielen, das wird aber nicht ohne personelle Wechselspiele möglich sein.

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