Fußball - SSV und TSV treten in der kommenden Saison als Spielgemeinschaft an / Christian Bauer ist Trainer-Kandidat

Der SG Reichenbach gehört die Zukunft – aber in welcher Liga?

Von 
Eric Horn
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Reichenbach. Die Weichen sind gestellt: Die ersten Mannschaften der beiden Reichenbacher Vereine TSV und SSV gehen mit großer Wahrscheinlichkeit ab der nächsten Saison im Seniorenbereich in einer Spielgemeinschaft an den Start. Die Fußball-Abteilungen der beiden Clubs haben das Bündnis bereits durchgewunken, jetzt müssen noch die Vorstände der Hauptvereine zustimmen.

Für Boris Ertl, Sportlicher Leiter des SSV, und Martin Schneider, Abteilungsleiter Fußball beim TSV, ist das nicht mehr als eine Formsache, wie die beiden Verhandlungsführer bei einem Pressegespräch bestätigen. Anschließend muss die Fußball-Ehe schriftlich fixiert werden. Die Zustimmung durch die Mitgliederversammlung ist für die Zusammenlegung der Teams nicht erforderlich.

Ertl und Schneider rechnen in den nächsten 14 Tagen mit dem positiven Vorstandsbeschluss. TSV und SSV bilden bereits bei den Alten Herren, bei der Jugend (gemeinsam mit weiteren Vereinen) und seit dieser Saison bei den zweiten Mannschaften eine Spielgemeinschaft. Die Zusammenlegung der ersten Mannschaft ist der nächste Schritt bei der Verzahnung des Reichenbacher Fußballs. Und ein Vorbote auf dem Weg zur Fusion der Gesamtvereine? Schneider und Ertl rechnen damit, dass das Thema durch die Kooperation der Fußballer verstärkt im Lautertaler Ortsteil aufschlagen wird.

Die sportliche, organisatorische und finanzielle Bündelung der Kräfte im Fußballbereich sei notwendig, um die Abteilungen zukunftsfähig zu machen. Ähnliches gelte für die anderen Sparten der Gesamtvereine. Eine Fusion hatten SSV und TSV zuletzt 2019 erörtert.

Initiative geht vom SSV aus

Die Initiative zu den Fußball-Gesprächen ging diesmal vom SSV aus. Die „Roten“ sind seit zwei Jahren in der Kreisoberliga unterwegs. Ende des vergangenen Jahres zeichnete sich ab, dass neben Spielertrainer Abedin Reqica weitere Kicker den Verein im Sommer verlassen werden. „Wir standen vor der Frage: Bauen wir eine neue Mannschaft mit einem neuen Trainer auf oder suchen wir eine andere Lösung“, erklärt Boris Ertl (Bild: Funck) die Intention.

Hätte der SSV ein neues Team aufgebaut, wäre laut Ertl die Tür für eine Spielgemeinschaft mit dem Nachbarn „für die nächsten vier bis fünf Jahre“ verschlossen gewesen. „Es war einfach der richtige Zeitpunkt. Wenn nicht jetzt, wann dann?“

Der SSV-Funktionär nahm Kontakt zu Martin Schneider auf. Dessen Reaktion fiel positiv aus. Zwar verfügt A-Ligist TSV aktuell über ein stabiles personelles Fundament, allerdings ist aufgrund der Altersstruktur des Kaders der „Blauen“ in den nächsten Jahren eine Verjüngung der Mannschaft nötig. „Der SSV hat viele Spieler, die Anfang bis Mitte Zwanzig sind, das fehlt bei uns“, so Schneider.

In vier Gesprächsrunden wurde das Projekt auf den Weg gebracht. Die Abteilungen hatten bei den Beratungen freie Hand, die Vereinsvorstände wurden über den Fortgang informiert oder nahmen zeitweise an den Sitzungen teil. Die Spieler beider Seiten wurden mit ins Boot geholt und frühzeitig über die Pläne ins Bild gesetzt. Auch die beiden Kapitäne Jascha Kaffenberger (SSV) und Julian Beilstein (TSV), beide tief verwurzelt in ihren Vereinen, waren eingebunden in den Dialog. Die Rückmeldungen der Kicker waren von wenigen Ausnahmen abgesehen zustimmend. „Das war uns sehr wichtig“, betonen Schneider und Ertl übereinstimmend.

Ebenso von Beginn an involviert in den Prozess war Christian Bauer. Der gut vernetzte TSV-Spielertrainer war und ist für den sportlichen Blick auf das Projekt zuständig. Dass Bauer den Trainerjob bei der Spielgemeinschaft übernehmen wird, ist mündlich vereinbart. Der 38-Jährige genießt in beiden Vereinen hohe Anerkennung und hatte sich mit dem TSV bereits auf eine Fortsetzung seines Engagements für 2022/23 verständigt. „Christian ist ein sehr guter Trainer und hat unser volles Vertrauen“, unterstreicht Ertl die Unterstützung des SSV für den B-Lizenzinhaber.

Alte Rivalitäten sind passé

Die sportliche Heimat der zukünftigen SG Reichenbach ist bislang nicht geklärt. Der TSV hat in der A-Liga Aufstiegschancen, der SSV ist in der Kreisoberliga in Sachen Abstieg noch nicht alle Sorgen los. Die Liga-Zugehörigkeit hat für das Konstrukt indes keine besondere Bedeutung, verdeutlichen Ertl und Schneider. „Das ist nicht entscheidend.“

Sollte sich die Klassen-Frage nicht durch Aufstieg oder Abstieg von selbst regeln, ist dazu eine Abstimmung innerhalb der Abteilungen vorgesehen. Dabei sollen die Spieler in die Entscheidung einbezogen werden, um auch auf dieser Ebene die Spielgemeinschaft auf eine breite Basis zu stellen. Bis Mitte Juni muss die SG die Liga beim Verband gemeldet haben. Die sportlichen Planungen sind weit fortgeschritten und auf beiden Ligen ausgerichtet.

Das Gros des SG-Kaders für die nächste Spielzeit steht. „Der Druck in der A-Liga wäre größer“, meint Christian Bauer. Sollte die SG Reichenbach ’22/23 in der A-Liga starten, wäre der Aufstieg das Ziel. In der Kreisoberliga würde der Blick Richtung Mittelfeld gehen. „Wir werden eine Mannschaft haben, die in der A-Liga um den Aufstieg mitmischen und in der Kreisoberliga eine gute Rolle spielen kann“, sagt Bauer.

Klar ist: Die Spielgemeinschaft ist eine auf Dauer angelegte Kooperation mit der Zielsetzung, den Reichenbacher Fußball mindestens auf A-Liga- und maximal auf Kreisoberliga-Niveau zu etablieren. „Ich denke, das sind die richtigen Spielklassen für uns. Das kann ein Ort von der Größe Reichenbachs mit einer Mannschaft stemmen“, meint Boris Ertl.

Forciert werden soll in den nächsten Jahren die Nachwuchsarbeit. In den jüngeren Jugend-Jahrgängen wachsen Talente heran, die die SG-Senioren später tragen sollen. Bis es soweit ist, wird man nicht umhinkommen externe Akteure nach Reichenbach zu lotsen, vermutet Christian Bauer. Zuständig für die Organisation des Spielbetriebs bei der Spielgemeinschaft wird ein sechsköpfiger Spielausschuss sein, der sich jeweils aus drei Vertretern aus jedem Verein zusammensetzt.

In der Hinrunde ’22/23 soll der Trainings- und Spielbetrieb auf der TSV-Anlage, in der Rückserie auf dem SSV-Gelände durchgeführt werden. Langfristig wünschen sich TSV und SSV ein einziges Zuhause für die SG auf einer erweiterten (oder neuen) Sportstätte in Reichenbach und hoffen dabei auf Signale und Unterstützung der Gemeinde.

Und was ist eigentlich mit der alten Rivalität zwischen TSV und SSV? Christian Bauer winkt ab und weist auf die letzten sportlichen Duelle während der gemeinsamen Zeit in der A-Liga hin. „Das waren ganz normale, sportlich-faire Spiele.“

Redaktion

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