Weinheim. Der 4. August war für das Sepp-Herberger-Stadion in Weinheim ein geschichtsträchtiger Tag. Vor genau 30 Jahren wurde dort ein Zuschauerrekord aufgestellt und ein Sensationssieg gefeiert. 10 000 Fans sahen in der ersten DFB-Pokalrunde die Partie der Oberliga-Fußballer des FV 09 Weinheim gegen den Deutschen Rekordmeister FC Bayern München. Am Ende stand das Wunder von Weinheim: Die Truppe von Trainer Lothar Strehlau siegte dank eines Elfmetertors von Thomas Schwechheimer mit 1:0 und sorgte gegen das mit den fünf frischgebackenen Weltmeistern Klaus Augenthaler, Jürgen Kohler, Thomas Reuter, Raimond Aumann, Hansi Pflügler angereiste Team aus der bayerischen Landeshauptstadt für die Fußball-Sensation schlechthin.
Jürgen Kohler hatte in der 28. Minute den Weinheimer Stephan Baumann im Strafraum gefoult. „Schwechi“ ließ sich diese Chance nicht entgehen, täuschte Aumann im Tor und schob den Ball in die linke Ecke. „Ich habe in diesem Moment gar nichts gedacht“, erinnert er sich zurück. Der Jubel im Stadion war relativ verhalten, was nicht an den 38 Grad im Schatten lag, sondern eher daran, dass das Spiel noch jung war und nur die wenigsten damit rechneten, dass dies der einzige Treffer der Partie bleiben sollte.
46 Grad wurden auf dem Rasen des Herberger-Stadions gemessen, die Bayern rannten an, doch Weinheim hatte den Gegner im Griff. Libero Hans-Peter Makan dirigierte seine Abwehr bestens, was Brian Laudrup, Stefan Effenberg und Roland Grahammer noch aufs Weinheimer Tor brachten, wurde Beute vom über sich hinausragenden 09-Schlussmann Matthias Arnold.
„Es ist ein überragendes Gefühl, gegen eine der besten Vereinsmannschaften der Welt gewonnen zu haben. Vor dem Spiel dachte ich nur, bloß nicht zweistellig verlieren. Doch jetzt muss ich die ganze Sache erst einmal verdauen“, sagte der Matchwinner, der von den Weinheimer Fans nach dem Schlusspfiff in den heißen Sommerhimmel geworfen wurde.
Erfasst hatte nach Ablauf der 90 Minuten niemand so recht, was da gerade passiert war. Das ZDF fragte schnell bei Thomas Schwechheimer und Lothar Strehlau an, beide machten sich schnurstracks auf den Weg nach Mainz ins Sportstudio, „Schwechi“ in Freizeitkluft. „Es hatte ja keiner damit gerechnet. Hätte ich das gewusst, hätte ich mir einen Anzug eingepackt. Und als wir dann wieder zurückkamen, war von der Mannschaft keiner mehr zum Feiern da“, erinnerte sich der Torjäger rückblickend und kopfschüttelnd.
Auch der damalige und inzwischen verstorbene Spielleiter Siegfried Mager sagte im Vorfeld zum 25. Jahrestag noch: „Wir waren so auf das Spiel fixiert, dass wir gar nicht daran gedacht hatten, was passieren würde, wenn wir gewinnen sollten. Ein paar aus der Mannschaft verloren sich damals noch in mein Restaurant Seeblick. Doch letzten Endes konnten wir alles nicht so feiern, wie es verdient gewesen wäre.“
Letztlich läutete der größte Erfolg der jüngeren Vereinsgeschichte auch den Untergang des Clubs ein. Am Ende stand der Konkurs und die Übernahme in die TSG 62/09 Weinheim. In der zweiten Runde schieden die Nullneuner gegen Rot-Weiß Essen aus dem DFB-Pokal aus. Doch was bleiben wird, ist dieser eine heiße Tag im August, als Weinheim das Fußball-Wunder schaffte und sich dabei selbst am meisten überraschte. at
DFB-Pokal-Splitter
Schlechter Verlierer: Jürgen Kohler hatte in der 28. Minute den Elfmeter , der zum 1:0 führte, mit einem Foul an Stephan Baumann verursacht. Er war einer der fünf Weltmeister von Rom im Team der Bayern. Für den ehemaligen Waldhof-Spieler wog die Niederlage schwer. Schuld suchte er beim Schiedsrichter. „Das war eine Frechheit, diesen Elfmeter zu pfeifen. Die Fernsehbilder werden es beweisen.“ Die Fernsehbilder bestätigten indes die Entscheidung des Schiedsrichters.
Lob von Heynckes: Auch wenn Bayern-Trainer Jupp Heynckes die Elfmeter-Entscheidung als falsch ansah, äußerte er sich etwas objektiver. „Die Schuld dieser Niederlage liegt klar bei uns. Weinheim hat eine super Leistung geboten, Glückwunsch dafür. Wir waren zu wenig aggressiv, um uns durchzusetzen. Der FV 09 hat sich hingegen total verausgabt und geschickt Tempo und Spielfluss aus der Partie genommen. Dagegen haben wir kein Mittel gefunden.“
Die Aufstellungen des FC Bayern: Aumann – Augenthaler, Grahammer, Pflügler, Kohler, Effenberg (56. Kögl), Bender (56. Wohlfahrt), Reuter, Strunz, Mihaijlovic, Laudrup. at/red
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