Handball

Handball-WM: Das Problem mit der geschlossenen Gesellschaft

Europa dominiert bei der Handball-WM in Polen und Schweden. Wieder einmal. Für die Sportart ist das ein Problem, das Folgen haben könnte

Von 
Marc Stevermüer
Lesedauer: 
Eine Ausnahme: Die Ägypter mit Yehia Elderaa stehen im WM-Viertelfinale, das ansonsten europäisch geprägt ist. © dpa/Woitas

Kattowitz. Die US-Handballer überraschten zumindest einmal, auch die Mannschaft aus dem Iran setzte ein kleines Ausrufezeichen. Beide Teams zogen bei der Handball-Weltmeisterschaft in Polen und Schweden zumindest in die Hauptrunde ein, waren aber meistens chancenlos. Wie so viele andere Nationen ebenfalls. Vor Beginn der K.o.-Phase am Mittwoch steht fest: Wenn es darauf ankommt, ist der Handball vor allem europäisch geprägt. Wieder einmal macht eine geschlossene Gesellschaft den Titel unter sich aus - wenn man von den erneut starken Ägyptern im Viertelfinale absieht.

Der Plan mit dem US-Markt

Wie groß die Leistungslücke zwischen Europa und den anderen Kontinenten ist, zeigt allein schon ein Blick auf die Vorrundentabellen. Chile, Saudi-Arabien, Marokko, Uruguay, Südkorea und Algerien gewannen kein einziges Spiel, wurden jeweils Gruppenletzter.

Mehr zum Thema

Weltmeisterschaft

Warum die kleinen Handball-Nationen immer mehr aufkommen

Veröffentlicht
Von
Marc Stevermüer
Mehr erfahren

Überraschend kommt das nicht. Im Gegenteil. Es war sogar erwartbar. Schon vor der WM legte sich die schwedische Handball-Legende Stefan Lövgren fest: „Ich weiß nicht, wer Weltmeister wird, ich weiß nur, dass der Weltmeister aus Europa kommt.“

Perspektivisch könnte das zu einem größeren Problem führen. Vor allem mit Blick auf die Olympischen Spiele, wie Andreas Hertelt, ehemaliger deutscher Nationalspieler und jetzige Manager des US-Teams, glaubt: „Zwei Drittel der IOC-Sponsoren sind große amerikanische Firmen - und die gucken nach Zahlen. Nach Klickzahlen, nach Zugriffszahlen.“ Die sind beim Basketball global und deswegen automatisch hoch, während die Handball-Konzentration auf Europa den Markt einengt. „Da läuft man Gefahr, dass Handball aus dem Programm rausfällt“, sagte Hertelt der „Sportschau“: „Das können wir uns gar nicht vorstellen, weil es hier in Europa so einen riesigen Stellenwert hat. Aber das interessiert die amerikanischen Firmen nicht, wenn der Sport da nicht auch bekannt ist.“

Handball in USA nur Randsport

Ähnlich sehen das die Verantwortlichen beim Europäischen Handballverband (EHF). „So lange wir ein europäisch geprägter Sport sind, bleiben auch die Vermarktungsmöglichkeiten limitiert. Viele internationale Konzerne sitzen nicht in Europa“, sagte zuletzt auch EHF-Präsident Michael Wiederer dieser Redaktion.

Entsprechend ist der Weltverband IHF bestrebt, Handball zu einer globalen Sportart zu machen. Die Erweiterung des WM-Teilnehmerfeldes auf 32 Mannschaften war 2021 ein erster Schritt, von Interesse ist für die IHF vor allem der amerikanische Markt.

Das US-Team hat schon jetzt für die Weltmeisterschaften 2025 und 2027 jeweils eine Wildcard erhalten. In den USA dominieren allerdings American Football, Basketball und Eishockey, selbst Fußball spielt nur eine untergeordnete Rolle. Daran wird vorerst auch ein einziger US-Sieg bei dieser Handball-WM wenig ändern.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen