Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein // ach, wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein. // Hier ist Gottes Angesicht, hier ist lauter Trost und Licht! (Evangelisches Gesangbuch, Liednummer 166, Text: Benjamin Schmolck, 1734)
* Ein Schild „Kersch iss uff“, ein Mann freut sich über die offene Kirchentür: „Diese Kirche erinnert an all die Menschen, die vor uns da waren, die dort gebetet haben, getauft, konfirmiert und getraut oder bestattet wurden.“ Was für ein Schatz ist dieses Haus, was für ein besonderer Ort. Wie viele Menschenleben hat dieser Ort geprägt!
Eine Radtour von Dorf zu Dorf, immer auf die Kirchen zu – evangelisch oder katholisch, schon von weitem sichtbar. Sie markieren und prägen die Ortsmitte. Haltestellen auf unserem Weg. Orte der Pause und des Innehaltens und der gespannten Erwartung: ob die Kirche offen ist, heute am Werktag? Welche Freude, wenn dem so ist.
Beim Gang über den Friedhof spüren wir die eigene Endlichkeit. Wir betreten vorsichtig den Raum, schauen uns um, gibt es eine Besonderheit? Einen Heiligen, der von der Seite grüßt? Buntes Licht fällt durch ein Apostelfenster, ist der Baustil romanisch oder spätgotisch? Der Chorraum mit einem modern gestalteten Altar, darüber ein besonderes Cruzifix vor dem Auferstehungsfenster. Mein Freund summt eine alte Melodie: „Sollt ich meinem Gott nicht singen ...“ Wie klingt das in diesem Raum? Wir setzen uns.
Jeder soll eintreten können
Wir wünschen uns eine Kirche, die ihre Türen weit geöffnet hat. Es soll jede Person eintreten können, so lange bleiben können, sich die Geschichten und Lieder ausleihen können, wie sie will. Wir wünschen uns eine Kirche, die Menschen aufnehmen kann und Menschen gehen lassen kann, die es erträgt, gebraucht und abgewiesen zu werden.
Bevor wir diesen besonderen Ort verlassen, zünden wir noch eine Kerze an. Wir danken für unsere Freundschaft und denken an Freunde, die nicht mehr da sind.
Wohnt hier Gott? Nein, sagte schon Martin Buber: „Gott wohnt da, wo man ihn einlässt.“ Und doch brauchen wir Orte für diese Begegnung. Alle Orte sind vor Gott gleich, sagt der Protestant. Und darum neigt er dazu, die besonderen Orte zu vernachlässigen. Aber wir wissen es selbst, wenn wir mit bestimmten Orten bestimmte Erinnerungen verbinden: Orte sind nicht gleich. Orte haben Kraft über uns. Kirchen sind solche Orte, sie werden Kraft-Orte, durch das, was in ihnen geschieht und Menschen spürbar aus dem Alltag hinausführt. Bild: BA-Archiv
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