Bergstraße. Bernd Koch, Geschäftsführer der Baldur-Garten GmbH, hat große Pläne. Weil sein Onlineversand von Pflanzen brummt, braucht er Platz. Ein neuer Standort soll mit 30 000 Quadratmetern genauso groß sein wie der bisherige. Die Gespräche mit der Stadt Bensheim laufen. Geht es nach Koch, könnte der Grundstückskauf schon vollzogen sein.
Herr Koch, draußen sind 37 Grad, da arbeitet doch niemand im Garten oder gärtnert auf dem Balkon. Liegt ihr Geschäft derzeit brach?
Bernd Koch: Ich würde bei solchen Temperaturen auch keine Pflanzen setzen, sondern lieber im Schatten sitzen. Aber die Geschäfte gehen trotz Hitze gut, das scheint den Hobbygärtner nicht abzuschrecken.
Wie hat sich Baldur in den letzten Jahren entwickelt?
Koch: Wir sind leidenschaftliche Spezialisten für Pflanzen-Neuheiten und Raritäten. Wir wachsen kräftig. Seit 2010, seit wir hier in Bensheim im Stubenwald-Areal sind, hat sich unser Umsatz von 20 auf etwa 40 Millionen Euro verdoppelt. Und dabei sind wir profitabel, im Branchenvergleich sogar überdurchschnittlich. Das müssen wir auch sein, um die Zukunft unseres Unternehmens zu sichern.
Warum haben Sie sich damals für das Areal im Stubenwald entschieden?
Koch: Bensheim hatte mit diesem Gewerbe-Gebiet geradezu ideale Voraussetzungen. In Heppenheim zum Beispiel war die Entwicklung von Gewerbefläche vor 10 bis 15 Jahren sehr mau, das hat sich jetzt allerdings unter Bürgermeister Burelbach zum Positiven geändert.
Und das Wachstumstempo von Baldur hält an?
Koch: Wir wachsen schneller als die Branche und schneller als im Schnitt der letzten Jahre.
Wer wächst, braucht Platz.
Koch: Ja, wir wollen uns in den nächsten Jahren von derzeit 30 000 Quadratmetern Grundstück hier im Stubenwald auf 60 000 Quadratmeter verdoppeln.
Und wo?
Koch: Den genauen Standort kann ich noch nicht sagen. Nur so viel: Idealerweise natürlich in Bensheim. Wir sind da auch schon in Gesprächen mit der Stadt, dort ist man uns wohlgesonnen. Der Beschluss unserer Gesellschafter ist bereits gefasst, von uns aus könnte der Grundstückskauf vollzogen werden. Zwischenzeitlich erweitern wir unsere Hallenflächen am heutigen Standort hier im Stubenwald. Das erhöht unsere Tageskapazität um ein Drittel auf rund 16 000 Pakete. Die Erweiterung wird aber nicht lange reichen. In Summe haben wir dann in den letzten zehn Jahren knapp 20 Millionen Euro hier investiert.
Was steckt hinter dem Wachstum und der geplanten Expansion?
Koch: Wir waren früher ein bedeutender Katalogversender für Zier- und Nutzpflanzen, haben aber schon 2005 mit dem Onlinegeschäft angefangen. Heute macht das Onlinegeschäft knapp 95 Prozent des Umsatzes aus. Wir sind schneller als andere, haben ein extrem gutes Sortiment, erkennen Trends frühzeitig, sind in unserer Nische geblieben, aber dort stark gewachsen. So wie es früher undenkbar war, Schuhe online zu kaufen, galt das auch für Pflanzen. Und schauen Sie sich die Situation bei Schuhen heute an.
Ein Thema bei Standorterweiterungen ist immer zusätzlicher Verkehr.
Koch: Bei uns kommen in der Hochsaison täglich nur 20 bis 30 Lkw an. In der Nebensaison ist es deutlich weniger. Wir fallen nicht auf, es ist – im Vergleich etwa zu einem Logistikunternehmen – sehr ruhig. In einen Lkw bekommen Sie etwa 800 bis 1000 unserer Pakete, das wäre jede Stunde ein Sattelzug für den Abtransport, der Rest dient der Warenanlieferung.
Beim Onlineversand von Kleidern oder Schuhen schicken die Kunden fast die Hälfte der Bestellungen wieder zurück, wie hoch ist ihre Retourenquote?
Koch: Die liegt bei uns nur bei ein bis zwei Prozent.
Woher kommt eigentlich der Name Baldur?
Koch: Baldur ist in der nordischen Mythologie der Gott der Sonne, des reinen Lichtes, des Frühlings, des Guten.
Und wem gehört das Unternehmen?
Koch: Einem der größten europäischen Produzenten von Jungpflanzen aus den Niederlanden, einer Schweizer Beteiligungsfirma und mir, alles Familienunternehmen.
Wenn Baldur so weiter wächst, entstehen auch mehr Arbeitsplätze?
Koch: Ja, das entwickelt sich fast parallel. Derzeit beschäftigen wir 85 fest angestellte Mitarbeiter und bis zu 400 saisonale Mitarbeiter.
Warum die vielen Aushilfen?
Koch: Wir haben ein Saisongeschäft mit dem größten Bedarf an Personal von März bis Mai und dann müssen wir die Kapazitäten im Jahresverlauf den Marktbedürfnissen anpassen.
Welches sind denn ihre meistverkauften Produkte?
Koch: Ganz oben steht eine neue Sonnenblume, die sechs Monate blüht, eine perfekte Pflanze für den Balkon und Garten. In diesem Jahr waren auch das bienenfreundliche Staudenbeet sowie eine Heidelbeer-Rarität, die auf allen Böden wächst mit reichlich Ertrag, unsere Topseller.
Und wie hat sich der Hobbygärtner im Lauf der Jahre verändert?
Koch: Er verlangt heute nach pflegeleichteren Pflanzen mit höheren Erträgen und bei Zierpflanzen mehr Blüte. Wir haben Tomaten, da liefert eine Pflanze in einem Kübel mehr Tomaten als ein Zwei-Personen-Haushalt essen kann. Die Pflanzen sind heutzutage so ertragreich, da braucht es oft keinen Garten, da reicht der Balkon. Unsere Zielgruppe ist auch jünger geworden. Viele machen ihren Balkon mehr und mehr zum blühenden Wohnzimmer, auf dem auch reichlich Ernte eingefahren wird.
Wird mit Gentechnik nachgeholfen?
Koch: Nein, bei uns ist nichts genmanipuliert, alles natürlich gezüchtet.
Wo kommen die Pflanzen her, die Sie online verkaufen?
Koch: Die Pflanzen kommen aus den Niederlanden, genauso wie aus Norddeutschland und vom Niederrhein.
Und was hat Bensheim von Baldur?
Koch: Wir sind ein wichtiger Arbeitgeber, der in die Zukunft investiert und dabei einen zuverlässigen, stetig wachsenden Betrag an Gewerbesteuer zahlt.
In Heppenheim geboren
Bernd Koch ist in Heppenheim geboren und aufgewachsen.
Er studierte an der Universität Mannheim Betriebswirtschaft und machte 1989 den Abschluss als Diplom-Kaufmann.
1990 war er Trainee bei einer US-Unternehmensberatung in Darmstadt.
Es folgte eine Stelle als Direkt-Marketingmanager in Michigan/USA.
1992 wurde er Assistent der Geschäftsführung der Alfons Ziegler KG in Heppenheim.
Ein Jahr später erfolgte die Neugründung der Baldur-Garten GmbH.
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