Niedrigwasser

Wie es zu Pegelständen mit Minuszeichen kommen kann

Der Pegelstand Null nennt nicht den tiefsten Punkt, sondern orientiert sich oft am jemals ermittelten Tiefstwert – wird der unterschritten, wird der Pegel neu justiert

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bjz/ü
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Der Rheinpegel bei Worms lag gestern Nachmittag bei 16 Zentimetern. © Berno Nix/ü

Bergstraße. Noch liegt der Pegel des Rheins bei Worms 14 Zentimeter über seinem jemals ermittelten Tiefststand. Der wurde am 20. Oktober 2018 mit zwei Zentimetern gemessen. Am Mittwochnachmittag lag der Wert bei 16 Zentimetern. Allerdings bedeutet der Wert damit nicht, dass der Rhein nur noch 16 Zentimeter tief ist. „Der Pegel gibt nicht den tiefsten Punkt des Flusses an“, räumt Hydrologe Gerhard Ströhlein vom Wasser- und Schifffahrtsamt Oberrhein mit einem immer wieder auftauchenden Missverständnis auf.

Willkürlich festgelegt

Pegel seien irgendwann einmal mehr oder minder willkürlich festgelegt und meist in Ufernähe platziert worden, erläutert Ströhlein. Allerdings gilt für jeden Standort einer Messstelle ein anderer Wert für die tatsächlich tiefste Stelle in der Fahrrinne. In Worms hätte der Rhein bei einem Pegelstand von null Zentimetern immer noch eine Wassertiefe von etwa 1,40 Meter. Genau lässt sich das nicht sagen, da die Flusssohle durch die Strömung eigentlich permanent in Bewegung ist. In Mannheim müssen 50 Zentimeterdraufgerechnet werden, um auf den tatsächlichen Wert der Wassertiefe zu kommen. In Speyer ist es dagegen umgekehrt. Hier müssen 31 Zentimeter vom Pegelwert abgezogen werden, um die sogenannte garantierte Wassertiefe zu errechnen.

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Gleichwertiger Wasserstand

Ohnehin ist der Pegelstand nicht unbedingt der wichtigste Wert für die Binnenschifffahrt auf dem Rhein. Viel bedeutsamer sei der sogenannte „Gleichwertige Wasserstand“ einer Pegelstelle, erläutert Gerhard Ströhlein. Dieser gibt an, in welcher Höhe die Solltiefe der Fahrrinne gerade noch garantiert ist. Und mit Hilfe dieses Wertes kann der Binnenschiffer entscheiden, in welcher Größenordnung er noch Fracht transportieren kann. Der „Gleichwertige Wasserstand“ wird, da sich die Flusssohle permanent in Bewegung befindet, alle zehn Jahre neu fortgeschrieben.

Zwar wird der Rhein mit den Regenfällen der kommenden Tage wieder mehr Wasser führen. Doch falls der Pegel in Worms in diesem Herbst – der Jahreszeit mit den traditionell tiefsten Wasserständen – auf einen negativen Wert und damit auf einen Rekordtiefststand sinken wird, muss das Wasser- und Schifffahrtsamt das Maß neu einrichten. Gerhard Ströhlein: „In der Datenverarbeitung sind negative Werte bei Pegeln schlecht darstellbar.“ bjz/ü

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