Kriminalität

Enkeltrick, Schockanrufe und Liebesbetrug – die miesen Maschen der Kriminellen

Edith Stier-Thompson von der Opferhilfe Weisser Ring referierte beim Kreisseniorenbeirat Bergstraße über Betrugsmaschen

Von 
Dirk Zengel
Lesedauer: 
Edith Stier-Thompson von der Opferhilfe Weisser Ring e.V. referierte beim Kreisseniorenbeirat Bergstraße zum Thema „Sicherheit für Senioren“ © Dirk Zengel

Bergstraße. Über „Sicherheit für Senioren“ referierte Edith Stier-Thompson bei der jüngsten Sitzung des Kreisseniorenbeirats Bergstraße. Sie leitet die Außenstelle der Opferhilfe Weisser Ring e.V. und stellte zu Beginn kurz den Verein und seine Arbeitsweise vor. Der Verein hilft demnach nicht nur bei aktuellen Fällen und Übergriffen, sondern auch bei der Aufarbeitung von älteren Fällen. „Es wurden 5,8 Millionen Straftaten im Jahr 2024 registriert“, berichtete Stier-Thompson und wies darauf hin, wie schwierig es für ein Opfer sei, eine Entschädigung oder sein Recht zu bekommen. So werde einem Täter der Anwalt gestellt, während das Opfer als Nebenkläger den Anwalt selbst bezahlen müsse. Auch die Bewältigung der Straftat bedeute für den Täter eine gewisse Zeit in Haft oder Geldstrafe. „Ein Opfer bekommt lebenslänglich!“, hob die Referentin hervor. Wie schnell nicht nur ältere Menschen Opfer eines Verbrechens werden können, höre sie fast täglich.

Bei ihrem Vortrag berichtete sie über aktuelle Vorgehensweisen von Kriminellen und gab Tipps, wie man sich dagegen vorbereiten kann. Obwohl vor einigen Maschen immer wieder in den Medien gewarnt wird, seien viele Bürger überzeugt, dass ihnen das nicht passieren könnte. „Allein durch mein Alter habe ich eine große Lebenserfahrung“ und „Ich sichere mich immer ab“ lauteten die häufigsten Fehleinschätzungen –nicht nur von älteren Menschen.

Wenn ein Betrüger anruft

Das Telefon sei seit jeher ein williger Komplize für Betrüger, so Edith Stier-Thompson. Ob aufdringliche Verkaufsanrufe, angebliche Gewinnversprechen, die eine Vorausgebühr erfordern, oder perfide Maschen wie der „falsche Polizist“ und der Enkeltrick: Täter setzen ihre Gesprächspartner am Hörer gezielt unter Druck und spielen mit deren Angst um die eigene Sicherheit oder die von Angehörigen.

Bei der Masche des „falschen Polizisten“ etwa melden sich Anrufer beispielsweise mit der 110-Anruferkennung und behaupten, die Angerufenen stünden auf einer Liste von Einbruchszielen. Angeblich sei die Polizei bereit, Geld und Wertgegenstände abzuholen und sicher zu verwahren, solange die Gefahr bestehe. Ein Angebot, das viele aus Angst vor Verlusten sofort annehmen.

Gefährlich sind besonders Schockanrufe: Hier wird mit Benachrichtigungen über erfundene Unfälle oder über eine plötzlich schwer verletzte nahestehende Person Druck aufgebaut. Häufig wird behauptet, dass eine langjährige Haftstrafe oder eine lebensrettende Operation nur von der geliebten Person abgewendet werden könnte, wenn die potenziellen Opfer sofort eine Summe überweisen oder einem Boten übergeben. Selbst rational denkende Menschen zahlen dann nicht selten – in der Hoffnung, Schlimmeres zu verhindern.

Die Künstliche Intelligenz als Komplize

Mit der Künstlichen Intelligenz (KI) haben Betrüger neue Werkzeuge gewonnen, um ihre Opfer von einer falschen Identität zu überzeugen. Schon wenige Videos mit Urlaubs- oder Geburtstagsgrüßen aus den sozialen Netzwerken genügen, um Stimmen und sogar täuschend echte Live-Videochats zu simulieren. Dadurch wirken Anrufe und Videoverbindungen glaubwürdiger und die Gefahr, auf diese Betrugsmaschen hereinzufallen, steigt deutlich.

„Seien Sie misstrauisch und geben Sie nicht zu viele Informationen preis!“, warnt Edith Stier-Thompson. Dies gilt sowohl am Telefon, als auch in den sozialen Medien: Denn darauf würden die Täter ihren Betrug aufbauen. Man sollte sich in einer solchen Situation immer an eine andere Person wenden, bevor man irgendetwas unternimmt, rät die Referentin. Meist helfe es schon, wenn man die bei dem Betrugsversuch genannte Person über die bekannte Nummer anruft, Freunde um Rat fragt oder sich direkt bei der Polizei meldet und den Sachverhalt schildert.

Digitale Abzocke und emotionale Abhängigkeit

Das Gebiet der Betrugsmaschen im Internet scheint schier unendlich zu sein. Neben falscher Werbung mit KI-generierten Versprechen mit Prominenten bis hin zu E-Mails mit schadhaften Anhängen und gefälschten Links zu nachgebauten Internetseiten: Um an die Zugangsdaten für Banken und Einkaufskonten zu kommen, versuchen Kriminelle vieles, um an das Geld von Nutzern zu kommen.

Besonders eindringlich machte Edith Stier-Thompson auf das sogenannte „Romance Scamming“ (Liebesbetrug) aufmerksam. Diese Betrugsmasche zielt auf einsame Menschen in den sozialen Netzwerken und Partnerbörsen ab. Mit seinem gefälschten Profil begibt sich der Betrüger auf die Suche nach potenziellen Opfern, die offen für seine Avancen sind und sich durch intensive Zuneigungsbekundungen in eine emotionale Abhängigkeit begeben. Mit der Geschichte einer Notlage bittet er um finanzielle Hilfe, bis das Opfer kein Geld mehr hat oder sendet. Hierbei hinterlässt der Betrüger das Opfer nicht nur mit finanziellen, sondern auch psychischen Schäden.

Mehr zum Thema

Phishing-Gefahr

Cyberkriminelle erbeuten Kundendaten von Modekonzern Mango

Veröffentlicht
Von
dpa
Mehr erfahren
Internetkriminalität

Schlag gegen Cybercrime: 1.406 Betrugs-Websites gesperrt

Veröffentlicht
Von
dpa
Mehr erfahren

Nicht alle Betrügereien sind digital oder per Telefon. „Wenn Sie jemand ausfragen möchte, egal ob an der Haustür, unterwegs oder beim Einkaufen: Bleiben Sie skeptisch und geben Sie nicht zu viel preis“, warnt Edith Stier-Thompson. Es empfehle sich auch immer, bei Besuch von unbekannten Handwerkern oder Vertreter einen Freund oder Nachbarn hinzuzurufen, empfiehlt sie.

Auch sollte man im Falle eines Betruges diesen zur Anzeige bringen und sich um Hilfe bemühen. Unterstützung finde man auch beim Weissen Ring. Der Verband ist erreichbar im Internet unter www.hessen-sued-hessen.weisser-ring.de/ und telefonisch unter der bundesweiten Rufnummer 116 006.

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke