Justiz

Weinheimer Abtreibungs-Aktivist muss wieder vor Gericht

Klaus Günter Annen soll Hass gegen Homosexuelle auf seiner Website geschürt haben. Staatsanwaltschaft wirft ihm Volksverhetzung vor.

Von 
Gabriel Schwab
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Der Prozess, der 2022 gegen Klaus Günter Annen geführt wurde, war von Protesten begleitet. Er wurde damals verurteilt, weil er eine Ärztin, die Schwangerschaftsabbrüche durchführt, im Internet als Mörderin bezeichnet hat. © Thomas Rittelmann

Weinheim. Er vergleicht Schwangerschaftsabbrüche mit dem Holocaust und entsprechende Operationen mit Konzentrationslagern. Jetzt steht Klaus Günter Annen, einer der bekanntesten Abtreibungsgegner Deutschlands, jedoch bald aus einem anderen Grund vor Gericht. Er soll auf seiner Internetseite „Babycaust“ gegen Homosexuelle gehetzt haben. Die Mannheimer Staatsanwaltschaft wirft dem Senior Volksverhetzung vor und hat einen Strafbefehl beim Weinheimer Amtsgericht beantragt. Da Annen Einspruch eingelegt hat, kommt es am 16. Oktober zur Verhandlung in der Ehretstraße. Ihm droht eine Geldstrafe von 6.000 Euro.

„Massenmord im Mutterleib“

Zuletzt sorgte der christliche Fundamentalist 2022 durch einen Prozess gegen ihn für Aufsehen. Hintergrund war, dass er die Gießener Ärztin Kristina Hänel auf seiner Internetseite als Mörderin verunglimpfte, weil sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Dabei ging es um Äußerungen wie „Massenmord im Mutterleib“ und „Sie agieren als Auftragsmörderin“. Das ist nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt, befand das Gericht und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 1.200 Euro.

Die vorausgegangene Strafanzeige durch das Institut für Weltanschauungsrecht war wegen Beleidigung und Volksverhetzung aufgrund der Verharmlosung des Holocausts erstattet worden. Eine Strafverfolgung wegen letzteren Vorwurfs lehnte die Mannheimer Staatsanwaltschaft damals ab. Nun, da der Mitte Siebzigjährige ein Pamphlet gegen Homosexuelle auf seine Seite stellte, sieht das mit der Volksverhetzung anders aus. Staatsanwaltschaftssprecherin Dr. Valerie Schweppe erklärt gegenüber unserer Redaktion, dass ihm zur Last gelegt wird, bereits im Januar 2023 einen Text im Internet veröffentlicht zu haben, der zu einer emotional aufgeladenen Feindseligkeit gegenüber homosexuellen Menschen aufreizt.

Zu den genauen Äußerungen machte die Staatsanwaltschaft keine Angaben. Wie jedoch durch eine Anfrage beim Amtsgericht zu erfahren ist, scheint der Vorwurf der Volksverhetzung insbesondere auf einer Aussage zu beruhen. In dem besagten Text soll nämlich gestanden haben, dass Homosexuelle durch die Verbreitung von Aids sechs Millionen Menschenopfer auf dem Gewissen hätten. Sechs Millionen, das ist genau die Anzahl an Juden, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden.

Website leer gefegt

Geht man heutzutage auf Annens Website, findet man eine recht inhaltsleere Domain vor. Direkt am Anfang begegnet einem ein Verweis auf einen Bescheid der Landesmedienanstalt. Weiter ist zu lesen, dass offenbar eine Löschung der Inhalte unter Androhung einer Strafe von 1.000 Euro erwirkt worden sei. „Der Betreiber der Webseite hat Widerspruch eingelegt“, schreibt Annen hierzu. Doch das Internet vergisst bekanntermaßen nicht. Und so lassen sich die gelöschten Inhalte über verschiedene Tools noch heute aufrufen.

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dpa
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Auf der alten Seite findet man sich in einem Kaninchenbau aus Seiten und Unterseiten mit Texten in verschiedenen Schriftgrößen und -typen wieder. Das Hauptthema ist der Kampf gegen die Abtreibung, der mit nur schwer erträglichen Bildern von toten Föten illustriert wird. Überall sind Meinungsäußerungen zum Thema durchtränkt mit Vergleichen zu Nazi-Deutschland. In einer eigenen Sektion der Website werden verschiedene sexuelle Ausprägungen pseudowissenschaftlich thematisiert. Als Lektüre wird hier auch gerne die Bibel zurate gezogen und auf die katholische Doktrin verwiesen.

Es bleibt abzuwarten, ob diese Art der Argumentation vor Gericht standhält.

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