Vogelgrippe

In Zeiten der Vogelgrippe: Was wird aus dem Gansessen?

Für viele Restaurants an der Bergstraße, in der Pfalz und in Baden sind Gansessen ein Umsatzknüller. Bringt die Seuche nun zusätzlichen Druck für die gebeutelten Gastronomen?

Von 
Stephan Alfter
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Wird der Gäsnebraten dieses Jahr knapp? Dies Frage wird - je nach Perspektive - recht unterschiedlich beurteilt. In den vergangenen Tagen mussten viele Tiere in Deutschland gekeult werden.Bild: Matthias Bein/dpa © Matthias Bein/dpa

Rhein-Neckar. Confierte Gänsekeule, gefüllte Kartoffelklöße mit herbstlichem Rotkraut und Maronen – so ähnlich schreiben es gerade viele Gastronomen in der Metropolregion Rhein-Neckar in ihre Speisekarten für die kommenden Wochen. Das Hotel-Restaurant „Halber Mond“ in Heppenheim, der „Deidesheimer Hof“ in der Pfalz und auch die Gastronomie im Heidelberger Schloss sind beispielsweise Orte, an denen die Gans zu dieser Jahreszeit ihren besonderen und regelmäßigen Platz bekommt. Der Konsum hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Schon lange kommt ein großer Teil des Fleisches jedoch nicht mehr aus Deutschland. Dass das Geschäft mit der Gans in diesem Jahr platzen könnte, denken daher die meisten Restaurantbetreiber nicht. Zu groß seien die Tiefkühl-Vorräte bei den Großhändlern, die sich vor Ausbruch der Vogelgrippe mit Gänsen aus Polen und Ungarn eingedeckt hätten. Dort liegt der Kilopreis meist bis zu zehn Euro unter jenem, der in Deutschland für ein Kilo aufgerufen wird.

Heidelberger Geflügehof Ehrler baut auf Gänseschutzhalle

„Im Moment nicht“, sagt Ralf Ramser, Betriebschef im Hotel „Halber Mond“ in Heppenheim, auf die Frage, ob es eng werden könnte beim Gänsenachschub. 50 bis 60 Gänse tischt man bei ihm in Heppenheim in dieser Saison schätzungsweise auf. „Ich gehe davon aus, dass die alle schon länger geschlachtet sind“, sagt er angesichts der sich rasch verbreitenden Seuche in Deutschland, die seiner Meinung nach dafür sorgen könnte, dass es am Ende der Saison dann doch knapp werden könnte. Das könnte aus seiner Sicht vor allem für die hochwertige deutsche Biogans gelten, die meist mehr als 20 Euro pro Kilo im Einkauf kostet.

Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft warnt entsprechend vor möglichen Versorgungsengpässen bei Geflügelfleisch. Immer mehr Landkreise in Deutschland ordnen Stallpflicht an. Nach Angaben des für Tiergesundheit zuständigen Friedrich-Loeffler-Instituts sind bereits 400.000 Hühner, Enten, Gänse und Puten getötet worden, um die Tierseuche einzudämmen. Die Anzahl wird in den kommenden Tagen noch zunehmen. Der Schwerpunkt liegt bis dato aber weder in der Pfalz noch in Baden.

Was es aber bedeutet, wenn sich nur ein einziges Tier mit dem Geflügelpest-Erreger H5N1 infiziert, weiß man auch beim Geflügelhof Ehrler in Heidelberg, denn das würde das Aus für den ganzen Bestand bedeuten. Wie die Geschäftsführerin dort auf Anfrage sagt, habe man schon früh Maßnahmen ergriffen: „Wir haben die Tiere in einer Gänseschutzhalle untergebracht, obwohl die Regierung noch gar keine Aufstallungspflicht verhängt hat“, sagte sie. Was das bedeutet, erläutert sie ebenfalls. „Wir wechseln die Schuhe und desinfizieren alles, bevor wir die Halle betreten, um die Tiere zu füttern.“ 1000 Tiere werden in dem Betrieb jedes Jahr ab Mai groß gezogen, um sie Ende des Jahres an die Verbraucher zu verkaufen.

Zu den Kunden gehört etwa die Heidelberger Schlossgastronomie. Luisa Eisinger, die dortige Marketing-Chefin, sagt: „Wir beziehen unsere Heidelberger Gänse vom Geflügelhof Ehrler. Dieser Hof hat bereits vor mehreren Wochen umfassende Schutzmaßnahmen zum Schutz der Tiere gegen die Geflügelpest umgesetzt. Da wir seit mehreren Jahren in enger Kooperation mit dem Geflügelhof zusammenarbeiten, besteht ein hohes Maß an Vertrauen, dass die Tiere gesund und in einwandfreiem Zustand sind.“

Keine Gefahr sieht Eisinger daher für die Gänse-Küchenparty mit Küchenchef Martin Scharff auf dem Heidelberger Schloss am 15. November. Für 169 Euro gibt es sechs Gänge rund um die Heidelberger Bauerngans.

Nur 20 Prozent der Gänse stammen aus Deutschland

Vetrauen in den Lieferanten, der allerdings nicht genannt wird, hat man auch in der Gastronomie des Deidesheimer Hof im kulinarischen Epizentrum der Pfalz. Seit Jahren arbeite man vertrauensvoll zusammen. Dieser habe ausdrücklich bestätigt, dass die Geflügellieferungen aus seinem Hause aus einem Betrieb stammten, der von der Vogelgrippe nicht betroffen ist.

Der Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft, Hans-Peter Goldnick, verwies am Montag öffentlich speziell bei den Preisen für Gänse darauf, dass die meisten Tiere aus dem Ausland importiert werden. Nur 20 Prozent der Gänse, die in Deutschland gegessen werden, kämen aus deutscher Produktion. 80 Prozent stammten aus Ungarn und Polen. Dass es zu wesentlichen Preiserhöhungen kommt, sehe er derzeit nicht.

Manuela Weidmann vom gleichnamigen Geflügelhof in Fränkisch-Crumbach im Odenwaldkreis ist da kritischer. Sie und ihr Mann haben die Gänsehaltung im vergangenen Jahr aufgegeben. Ein Grund sei gewesen, dass die freilaufenden Tiere immer öfter Opfer von Füchsen geworden seien, deren Population im Odenwald stark zugenommen habe. Sie sieht aufgrund der Vogelgrippe in den kommenden Wochen extreme Engpässe auf die Gänse-Gastronomie zukommen.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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