Generalsanierung

Vorbereitungen für Riedbahn-Sperrung laufen

In rund einem Monat wird die 70 Kilometer lange Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim für den Zugverkehr gesperrt

Von 
cs/dpa
Lesedauer: 
Noch fahren die Züge wie hier in Biblis. Vom 15. Juli bis 14. Dezember ist die Strecke wegen Generalsanierung gesperrt. © Berno Nix

Bergstraße. Ab Mitte Juli wird die Bahnstrecke zwischen Frankfurt und Mannheim für eine fünfmonatige Generalsanierung voll gesperrt. Die Riedbahn ist damit die bundesweit erste Strecke, auf der das neue Konzept der Deutschen Bahn umgesetzt wird. In einem Rutsch sollen dabei unter anderem Gleise, Weichen und Bahnsteige erneuert werden. „Das Störgeschehen auf den sanierten Korridoren reduziert sich um 80 Prozent“, erklärt die Bahn ihr Konzept. Die Kosten wurden mit 1,3 Milliarden Euro angegeben.

Sanierung ist ein sehr komplexes Vorhaben

Projektleiterin bei der Bahn-Tochter DB InfraGO Julia Schneweis verantwortet die Sanierung der Bahnhöfe in Mannheim sowie in Bobstadt, Bürstadt und Lampertheim. Dass noch ein guter Monat Zeit ist bis zum Beginn der Bauarbeiten, bedeutet nicht, dass sich die junge Frau entspannt zurücklehnen kann. Das Gegenteil ist der Fall. Sie muss die Baupläne optimieren, prüfen und vor allem mit den an der Sanierung beteiligten Baufirmen koordinieren. Weil alle Gewerke nahezu zeitgleich in einem streng vorgegebenen Rahmen von fünf Monaten umgesetzt werden müssen, braucht es vorab eine perfekte Koordination.

„Die größte Herausforderung ist die Komplexität im Bereich der Logistik“, erklärt Schneweis. „Bis auf kleine Ausnahmen können wir immer nur einen Bahnsteig anpacken, da ein Gleis für die Baustellenlogistik und den Anschließerverkehr frei bleiben muss.“ Das Baumaterial wird größtenteils über die Schiene angeliefert und dort abgeladen, wo es benötigt wird. Der Anschließerverkehr bezeichnet die An- und Abfahrten zu Unternehmen entlang der Strecke, die Transporte über die Schiene abwickeln. Für die Phase der Generalsanierung wurde hierfür ein Konzept entwickelt, sodass zumindest zwischen 2 und 6 Uhr – und nur dann – Fahrten möglich sind.

20 Stationen werden entlang der Riedbahn umgebaut, acht davon liegen im südlichen Bauabschnitt, für den Schneweis zuständig ist. Ob Position der Warnschilder, genauer Standort der Unterstände, Anzahl der Lautsprecher oder Beleuchtung – alles ist genau geregelt und in den Bauplänen markiert. „Der Wetterschutz ist abhängig von der Bahnsteiglänge und der Zahl der Reisenden an einer Station.“ Der detaillierte Ablaufplan für die Arbeiten der Baufirmen ist in der finalen Abstimmung. Mit eingebunden sind Schneweis’ Kollegen, die für den Fahrweg, also Schienen, Oberleitung oder Signaltechnik, verantwortlich sind, damit sich die Arbeiten nicht behindern. Und: Es muss dafür gesorgt werden, dass sicheres Arbeiten möglich ist.

Schneweis kann sich dabei auf Erfahrungen aus der Bahnhofsmodernisierung in Friedrichshafen stützen. Auch dieses Vorhaben hat die Wirtschaftsingenieurin, die an der Hochschule Stralsund studiert hat, als Projektleiterin begleitet. Und dennoch, gibt sie zu, ist die Riedbahn eine andere Aufgabe: „Dieses Projekt ist viel komplexer, es ist eine größere Herausforderung.“Der Zeitplan war von Anfang an ambitioniert. Vor eineinhalb Jahren wurden Planungs- und Bauleistung ausgeschrieben, seit Anfang 2023 haben Fachplaner und Ingenieure die Bahnhöfe entlang der Strecke begutachtet. Dafür standen ihnen Drohnenbilder zur Verfügung, sie waren aber auch häufig vor Ort – im Schnitt einmal pro Woche. „Ich habe darauf geachtet, viel draußen an der Strecke zu sein. Den Eindruck, der sich hier bietet, kann kein Foto zeigen“, so Schneweis. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde festgelegt, was erneuert werden muss.

Viele Vorarbeiten an der Strecke waren nicht möglich

Im Januar, während der dreiwöchigen Sperrung der Riedbahn, wurden einige Vorarbeiten erledigt. Viel mehr war nicht möglich, auch jetzt nicht, wegen der bevorstehenden Fußball-EM. Erst nach dem Turnier haben die Baufirmen freie Bahn, dann muss es Schlag auf Schlag gehen. „Ich bin mir sicher, dass wir jeden Tag brauchen werden“, sagt die Projektleiterin. „Nicht, weil die Arbeiten so komplex sind, aber die Masse macht es so aufwendig.“

„Bis zum Baubeginn werden alle erforderlichen baufreigegebenen Pläne vorliegen. Bis die letzte Freigabe kommt, wird es Juli“, ist Schneweis überzeugt. „Alle Rädchen müssen jetzt ineinander laufen.“ Als Maschinenbauerin freut sie sich, wenn es losgeht: „Die Vorfreude ist groß. Wenn dann die großen Maschinen anrücken – das ist beeindruckend und entlohnt für einiges.“ Mitte November muss das meiste fertig sein. Es folgen Abnahmen durch die Bahn selbst und von Gutachtern. „Da wird zum Beispiel geprüft, ob die Barrierefreiheit korrekt ist.“ Schneweis gibt ein klares Ziel aus: „Die Stationen sollen wie neu aussehen und dem aktuellen Standard entsprechen. Die Bahnhöfe sind für die Reisenden das Aushängeschild.“

Ersatzbusse sollen 1000 Fahrten pro Tag leisten

Fahrgäste müssen sich auf erhebliche Einschränkungen einstellen, nicht nur in Hessen und Baden-Württemberg, sondern auch in Rheinland-Pfalz. Der Fernverkehr wird umgeleitet, was Verspätungen von rund 30 Minuten verursacht, einige Halte entfallen. Auch der Güterverkehr muss umgeleitet werden.

Auf der Riedbahn normalerweise fahrende S- und Regionalbahnen entfallen, dafür sind Ersatzbusse unterwegs. Die Bahn will mehr als 1000 Fahrten täglich mit rund 150 Bussen anbieten. Die Fahrzeuge wurden eigens angeschafft. Angeboten werden auch Expressfahrten. Auf den parallel verlaufenden Umleitungsstrecken Frankfurt-Heidelberg und Mainz-Worms-Ludwigshafen wird der Regionalverkehr ebenfalls eingeschränkt. Teils sind längere Züge, teils Ersatzbusse unterwegs.

Nach Kritik am Ersatzverkehr während einer vorbereitenden Sperrung im Januar hat die Bahn ein überarbeitetes Konzept vorgelegt. Unter anderem sollte die Schulungszeit der Fahrer verlängert werden. Die Fahrer sollen durch Tablets mit Navigationssoftware unterstützt werden. Reisende sollen mit Echtzeitdaten über Abfahrt und Ankunft der Busse informiert werden. Laut Bahn wurden 400 Fahrer angeworben. cs/dpa

Das will die Bahn an den Stationen verändern

Groß-Rohrheim: neue ansprechende Sitzgelegenheiten, Neugestaltung des Personentunnels.

Biblis: Sanierung der Eisenbahnbrücken der Unterführung, Fliesengestaltung im Riedbahndesign, attraktives Grün.

Bobstadt: neue Unterführung für mehr Barrierefreiheit, neue Zugangswege, Verschönerung des Umfeldes wie Bike&Ride-Anlagen und Begrünen.

Bürstadt: Modernisierung der Klinkerwand, attraktives Grün.

Lampertheim: neue Zugangsrampen, Neubau Bahnsteig 1, Fliesen im Riedbahndesign, Umfeld-Verschönerung durch Begrünen und Bike&Ride-Anlagen. cs

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger