Bensheim. „Sie hatten nicht nur einmal die Möglichkeit, das Richtige zu tun und ihr Fahrzeug einfach anzuhalten“, äußerte Richterin Katja Beyerlein ihr Unverständnis bei der Verhandlung gegen einen 28-Jährigen vor dem Amtsgericht in Bensheim. Am 4. Juni dieses Jahres hatte sich der Angeklagte eine rasante Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert, die letztlich nur beendet wurde, weil der Fahrer des schwarzen Achter-BMW bei seiner Flucht auf der B 47 in Richtung Worms von der Straße abkam und verunfallte.
Nun wurde er zu einer Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu 45 Euro (6750 Euro)wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens verurteilt. Auf seinen Führerschein, der unmittelbar nach der Tat eingezogen wurde, muss der 28-Jährige noch weitere sechs Monate verzichten. Dazu kommt noch eine Geldbuße ihn Höhe von 500 Euro, da im Blut des Angeklagten 0,9 Promille festgestellt worden waren.
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Seinen Anfang nahm das Geschehen einige Kilometer entfernt: An der Autobahn-Anschlussstelle zur A 5 bei Seeheim-Jugenheim führten Einsatzkräfte der Autobahnpolizei Südhessen gegen 1 Uhr nachts im Zuge des Hessentages Fahrzeugkontrollen durch. Auch der 28-Jährige war auf der Großveranstaltung gewesen. Eigentlich habe der Angeklagte gar keinen Alkohol trinken wollen und sei deswegen mit dem Auto gefahren, erklärte sein Verteidiger.
Allerdings habe er am gleichen Tag einen Streit mit seiner Ex-Partnerin gehabt, weshalb er letztlich doch einige Bier und Schnaps konsumierte und sich hinter das Steuer setzte. Als der Angeklagte die Kontrolle wahrnahm, sei er in Panik geraten. Daraufhin scherte der 28-Jährige auf die Gegenfahrbahn aus und gab Gas. „Ich habe den Motor sehr laut aufeulen hören“, beschrieb einer der beiden Polizisten, die die Kontrollen durgeführt haben. Dann sei der Angeklagte mit hoher Geschwindigkeit an den stehenden Fahrzeugen vorbei auf die Autobahn gefahren. Die Polizisten wollten den Autofahrer mit einem „Stop Stick“, einer Art Nagelbrett, noch an der Weiterfahrt hintern, dieser habe allerdings nicht ausgelöst.
Über A 5 nach Bensheim geflohen
Darauf verständigten sie eine Streife der Autobahnpolizei Südhessen, die im Bereich zu Autobahnauffahrt Zwingenberg unterwegs war. „Gerade als wir auffahren wollten, kam uns das von den Kollegen beschriebene Fahrzeug entgegen“, berichtete einer der informierten Beamten. Daraufhin wendeten sie das Streifenfahrzeug. Als der Angeklagte dies sah, gab er erneut Gas und flüchtete in Richtung Berliner Ring – „mit einer Geschwindigkeit deutlich über 100 Stundenkilometer“. Alle Signale, die dem Fahrer bedeuteten, er solle anhalten, habe er ignoriert.
Kurz gelang es dem Angeklagten, die Streife abzuhängen. Als er das Fahrzeug nicht mehr habe sehen können, haber er auch seine Geschwindigkeit reduziert, gab der Verteidiger an.
Nach dem Unfall Totalschaden am Auto
Nach einer Verfolgungsfahrt mit der Polizei kam es in der Nacht von Samstag auf Sonntag gegen 1.14 Uhr auf der B 47 im Kurvenbereich der Abfahrt Stubenwald zu einem Unfall. Ein 27-jähriger Mann kam mit seinem Fahrzeug von der Fahrbahn ab, beschädigte dabei Leitplanken und schleuderte in die Böschung. Er wurde leicht verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert.
Die Auswirkungen seines Verhaltens bekommt der Angeklagte, der bei seinen Eltern lebt, täglich zu spüren, berichtete er. Der selbstständige Bodenleger könne, da er keinen Führerschein mehr habe, zusammen mit seinem Geschäftspartner nun weniger Baustellen bedienen, was zu finanziellen Einbußen führe. Um seinen Kollegen, einen Familienvater, nicht zu belasten, verzichte er auf einen Anteil seines Gehalts. Neben der vom Gericht verhängten Geldstrafe muss der 28-Jährige zudem den rund 60 000 Euro teuren Totalschaden an seinem Wagen abbezahlen – „was sicherlich noch eine ganze Weile dauern wird“, so Richterin Beyerlein.
„Hätten Sie die Kontrolle einfach über sich ergehen lassen, dann hätten Sie zwar vielleicht den Führerschein abgeben müssen. Ihr Auto hätten Sie dann allerdings noch.“ Abschließend erklärte der Angeklagte: „Ich bedauere mein Verhalten und bin froh, dass dabei niemand zu Schaden kam. Ich bin bereit, dafür geradezustehen.“
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