Frankfurt/Bergstraße. Angesichts der Schließungspläne für sieben Filialen des insolventen Kaufhaus-Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof in Hessen warnt die Gewerkschaft Verdi vor einem Ausbluten verbleibender Standorte und Folgen für die Innenstädte. Man müsse aufpassen, dass der geplante Personalabbau und die Aufgabe der Häuser sich nicht als „Sterben auf Raten“ entpuppe, erklärte gestern Landesfachbereichsleiter Marcel Schäuble.
Mehr als 600 Beschäftigte dürften nach Verdi-Angaben durch die Schließungen ihre Arbeitsplätze verlieren. Hinzu kämen wohl weitere 300 Stellen, die im Zuge der Verkleinerung der verbleibenden Filialen wegfallen dürften. „Weniger Personal auf verkleinerter Fläche und mit verringertem Warenangebot könnte die Wettbewerbsfähigkeit der Kaufhäuser nachhaltig infrage stellen“, mahnte Schäuble. Man brauche markttaugliche Konzepte und ausreichend Personal.
Zur Rettung von Kaufhäusern seien örtliche und regionale Bündnisse mit Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft nötig, denn ein Galeria-Aus könne auch die Attraktivität von Innenstädten schmälern. Man wolle betrieblich und öffentlich Druck machen, damit das Unternehmen und Eigentümer René Benko ihrer „sozialen und wirtschaftlichen Verantwortung gerecht werden“.
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Für das Viernheimer Rhein-Neckar-Zentrum (RNZ) bedeutet die angekündigte Schließung der Galeria-Filiale einen drastischen Einschnitt. Seit das Center vor 51 Jahren eröffnet wurde, gibt es auch das Kaufhaus – zunächst als Hertie, nach der Übernahme Mitte der 1990er- Jahre als Karstadt. Bei der Verkaufsfläche, die über mehrere Stockwerke reicht, handelt es sich um die größte Einzelfläche im RNZ.
„Das wäre für uns schon ein großer Verlust“, erklärt Center-Manager Dani Marquardt. Dadurch, dass Viernheim in der zweiten Schließungsrunde dabei ist, hat er die Hoffnung nicht ganz aufgegeben: „Vielleicht wird noch einmal verhandelt.“ Nach seiner Aussage war die Filiale nach der Entscheidung am Montagnachmittag geschlossen.
Für Horst Gobrecht, Verdi-Gewerkschaftssekretär in Südhessen, kommt die Nachricht „nicht völlig überraschend. Dass das nicht an Hessen vorbeigeht, war klar“. Nach seinen Angaben verlieren in Viernheim etwa 80 Menschen ihren Arbeitsplatz. Viele Angestellte seien um die 50 Jahre alt. „Damit gehören sie zu den schwer Vermittelbaren“, befürchtet Gobrecht. Es sei nicht überall gleichermaßen gut, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.
Häufig würden Anforderungen gestellt, wie jeden Samstag zu arbeiten oder die Spätschicht bis 22/22.30 Uhr zu übernehmen. „Das ist nicht gerade attraktiv in einem Haus, wo die meisten Läden um 20 Uhr schließen.“ Nur dadurch, dass viele Stellen offen sind, würden die Arbeitsplatzbedingungen nicht einfacher.
Nach Gobrechts Aussage ist die Viernheimer Filiale ein „guter Standort“, die Umsätze hätten sich zuletzt stabilisiert. Er sei davon ausgegangen, dass das Haus – trotz der Konkurrenz in Mannheim und Heidelberg – in der Lage gewesen sei, weiter zu bestehen.
Offen ist jetzt, wie es in den verbleibenden Monaten finanziell für die Beschäftigten weitergeht. Den gültigen, sogenannten Integrationstarifvertrag habe die Galeria-Geschäftsleitung gekündigt. cs/ü/dpa
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