Wirtschaft

„Beschäftigte respektieren, die Dreck unter den Fingernägeln haben“

Beim 74. Unternehmertag des hessische Metallhandwerks in Bensheim fordern viele Redner mehr Wertschätzung des Handwerks in Politik und Gesellschaft.

Von 
Dirk Zengel
Lesedauer: 
Zu den Rednern beim Unternehmertag des hessischen Metallhandwerks in Bensheim gehörte auch der Staatssekretär im Hessischen Wirtschaftsministerium, Umut Sönmez(l.). © Dirk Zengel

Bergstraße. Das hessische Metallhandwerk traf sich jetzt zum 74. Unternehmertag im Kultur- und Kongresszentrum Bensheim. Insgesamt 128 Personen nahmen an der Tagung mit Mitgliederversammlung am Freitag und verschiedenen Foren mit Themen für die Branche am Samstag teil.

In seiner Ansprach machte Landesinnungsmeister des Fachverbandes Metall Hessen Alexander Repp klar, dass der Unternehmertag mehr ist als eine jährliche Zusammenkunft, sondern ein Stück gelebte Tradition und Ausdruck des starken Zusammenhaltes der Branche. Ein Hauptthema seiner Rede waren die politisch unsicheren Zeiten mit einer wirtschaftlich angespannten Lage. Steigende Preise würden Betriebe wie Kunden gleichermaßen treffen. „Dazu kommt eine Flut von Gesetzten, Vorschriften und Auflagen, die uns im Alltag mehr blockieren, als dass sie helfen!“, erzürnt sich Repp und erklärt, dass das Handwerk keine Sonderbehandlung braucht, aber eine faire Rahmenbedingung mit Planungssicherheit. „Und wir brauchen eine Politik, die die Realität unserer Betriebe erkennt und versteht!“, so der Landungsinnungsmeister weiter.

Neben ihm waren als Sprecher auch Umut Sönmez, Staatssekretär des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Christof Riess, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, Willi Seiger, Präsident des Bundesverbandes Metall, Jörg Leinekugel, Kreishandwerkermeister der Kreishandwerkerschaft Bergstraße, Angelika Beckenbach, Erste Kreisbeigeordnete des Landkreises Bergstraße und die Bürgermeisterin der Stadt Bensheim Christine Klein eingeladen.

Metallhandwerk

  • Deutschlandweit gibt es nach Angaben des Bundesverbandes Metall im Bereich Metallhandwerk rund 33.000 kleine und mittlere Unternehmen, 16.000 Lehrlinge, 478.000 Mitarbeiter. Der Gesamtumsatz liegt bei rund 65 Milliarden Euro.
  • Im Metallhandwerk gibt es Metallbauer, Feinwerkmechaniker, Metall- und Glockengießer sowie die Fachkraft für Metalltechnik.
  • Darüber hinaus werden weitere Berufsfelder in den Betrieben des Metallhandwerks ausgebildet, etwa Maschinen- und Anlagenbediener. red

Gelobt wurde das Duale-Ausbildungssystem, das kostenfrei für den Lehrling ist. Weniger gut kam jedoch die Maßnahmen zur Förderung von Schülern zur Ergreifung eines Handwerkslehrberufes weg. In diesem Zusammenhang wurde von mehreren Rednern der Satz: „Es ist in diesem Land nicht mehr selbstverständlich, dass wir jemanden respektieren, der Dreck unter den Fingernägeln hat!“ eingebracht.

Auch Alexander Repp rief zu Gegensteuerung auf, zu einer besseren Berufsorientierung in den Schulen und zu mehr Wertschätzung des Handwerks in Politik und Gesellschaft. „Ausbildung ist die Grundlage für unsere Zukunft und unseres Landes“, führt Alexander Repp weiter aus und fordert bessere Rahmenbedingungen für die Ausbildungsbetriebe. Gleichzeitig bittet er, von weiteren Rufen nach höheren Ausbildungsvergütungen abzusehen. Der Aufruf richtet sich aber auch an die Mitglieder, aktiv an Ausbildungsmessen und Schulvorstellungen präsent zu sein.

Neben weiteren Punkte, die die Unternehmen belasten, gab es auch positive Aussichten und Änderungen zu vermelden. So sollen zwei Gesetzesvorlagen, die bereits in Berlin eingegeben wurden und im Parlament kurz vor der Abstimmung stehen, zur Vereinfachung der Submission, also bei der Angebotsabgabe im Rahmen einer Ausschreibung, führen. Bei der derzeitigen Regelung müssen viele Unterlagen bereits bei der Angebotsabgabe formgerecht erstellt und abgegeben werden. Das verursacht Kosten, ohne dass die Betriebe wissen, ob sie überhaupt den Zuschlag erhält. Manche Firmen müssen diese Tätigkeit sogar extern in Auftrag geben. Die neue Regelung soll es Betrieben erlauben, ein Kurzangebot einzureichen, welches erst detailliert nachgereicht werden muss, wenn die Offerte in die engere Auswahl kommt.

Außerdem soll bei der Bewerbung auf Ausschreibungen ein weiteres Kriterium aufgenommen werden: „Tariftreue“. Damit soll verhindert werden, dass der Zuschlag an Firmen geht, die sich den preislichen Vorteil aufgrund von sogenannten Dumpinglöhnen verschaffen und damit faire Wettbewerbsbedingungen unterlaufen.

Trotz der derzeitigen globalen Lage ist man im Handwerk zuversichtlich, wurde beim Unternehmertag deutlich. Das Metallhandwerk habe seit seinem Beginn im Mittelalter bis heute nicht nur seine Beständigkeit, sondern auch seine Flexibilität bei Veränderungen bewiesen.

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke