Bergstraße. Unterm Strich sollen die Bergsträßer Kommunen 2026 nicht mehr Geld ans Landratsamt überweisen müssen als im laufenden Jahr. Der vom hauptamtlichen Kreisbeigeordneten Matthias Schimpf (Grüne) bei der gestrigen Kreistagssitzung eingebrachte Etatentwurf sieht zwar einen Anstieg der Kreisumlage-Hebesätze um 0,49 Punkte auf 33,53 Punkte vor; gleichzeitig soll aber die Schulumlage um die gleiche Punktzahl gesenkt werden. Sie würde dann 22,07 Punkte betragen. Sollte der Haushalt am 8. Dezember so beschlossen werden, würde die Summe beider Hebesätze im kommenden Jahr bei 55,6 Punkten liegen.
Schimpf bewertet in diesem Zusammenhang den Kreis Bergstraße im Südhessen-Vergleich als ein „Positivbeispiel“. Die Gesamthebesätze 2025 in den hessischen Nachbarkreisen lägen höher, im Odenwaldkreis bei 58 Punkten, im Kreis Darmstadt-Dieburg bei 60 Punkten und im Kreis Groß-Gerau bei 66,83 Punkten.
„Auf dieses Ergebnis für den Kreis bin ich stolz“, sagte Schimpf. Die kreisangehörigen Kommunen würden in schwierigen Zeiten nicht zusätzlich belastet. „Das ist mein Verständnis von vorausschauender und nachhaltiger Finanzpolitik“, so der Finanzdezernent im Landratsamt.
Dabei wird der Etat 2026 letztlich mit einem Minus in Höhe von 12,6 Millionen Euro abschließen. Im Haushaltsplanentwurf 2026 stehen Gesamtaufwendungen von rund 669,7 Millionen Euro, Gesamterträge im ordentlichen Ergebnis von rund 657 Millionen Euro gegenüber.
„Ohne die regulären und gesetzlichen Rahmenbedingungen würde ein Defizit dieser Größenordnung eine Erhöhung der Kreisumlage von über 2,3 Prozentpunkten bedeuten“, machte Matthias Schimpf deutlich. Der Finanzplanungserlass des Landes ermögliche es dem Kreis aber, das Defizit mit einem Griff in vorhandene Rücklagen auszugleichen. „Nach derzeitigem Stand können wir somit einen genehmigungsfähigen Haushalt 2026 vorlegen“, so Schimpf.
Mittelfristig rechnet Schimpf jedoch mit weiter steigenden Belastungen für die Städte und Gemeinde. Er gehe aktuell von einer Erhöhung der Kreisumlage in 2027 um 0,85 Punkte und 2028 um 0,9 Punkte aus. 2029 sei keine weitere Erhöhung vorgesehen. Die Steigerung bei den Hebesätzen der Schulumlage werde 2027 und 2028 auf jeweils 1,5 Punkte und 2029 auf 0,3 Punkte taxiert. „Damit liegt die Erhöhung der Kreis- und Schulumlage im Gesamtbetrachtungszeitraum bis 2029 in der Planung 4,16 Punkte oberhalb der letztjährigen Annahme“, machte Schimpf deutlich.
Dies alles stehe im Zusammenhang mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. „Ohne entsprechende Steuereinnahmen und starke Unternehmen beziehungsweise entsprechende Wachstumsraten im kommunalen Finanzausgleich sind diese und viele andere Annahmen Makulatur“, so Schimpf. Als Kämmerer sehe er seine Aufgabe als die eines vorsichtigen Kaufmanns: Die Prognose der Hebesatzsteigerungen sei daher ein „Worst- oder Bad-Case“-Szenario.
Der Landkreis selbst sei jedoch nicht mit einem Wirtschaftsunternehmen vergleichbar, so der Finanzdezernent. Vielmehr sei man Sozialleistungsträger. „Rund zwei Drittel unserer Mittel fließen direkt in soziale Sicherungssysteme, Bildung, Jugendhilfe und Daseinsvorsorge. Einen Großteil dieser Aufwendungen werden uns von Dritten auferlegt, eigene Entscheidungen spielen dabei eine nur sehr untergeordnete Rolle“, sagte Matthias Schimpf. Die wichtigsten Ausgabenbereiche sind demnach Transferaufwendungen – also Ausgaben, die ohne eine direkte Gegenleistung an Dritte gezahlt werden, wie beispielsweise Sozialleistungen – mit 321,2 Millionen Euro, Zuweisungen und Zuschüsse mit 125,5 Millionen Euro und Personalaufwendungen mit 72 Millionen Euro. Einnahmen generiert der Kreis vor allem über die Kreis- und Schulumlage (300,6 Millionen Euro, 45,8 Prozent der Gesamterträge), Zuweisungen und Zuschüsse (169,3 Millionen Euro, 25,7 Prozent) und Transferleistungen (142,5 Millionen Euro, 21,7 Prozent).
Größter Kostenblock im Kreishaushalt ist der Teilhaushalt „Jugend und Soziales“, erläuterte Schimpf. Über alle Produkte des Sozialamtes hinweg liege der Ansatz der Transferausgaben im Jahr 2026 bei knapp 75,3 Millionen Euro. Der Transferaufwand über alle Produkte des Jugendamts liegt in der Planung 2026 bei 100,6 Millionen Euro, und damit knapp 2,5 Millionen Euro über dem Vorjahres-Ansatz.
Schimpf verwies auch auf die Kosten des Landeswohlfahrtsverbandes (LWV), der soziale Leistungen für Menschen mit Behinderungen, psychischen Erkrankungen und sozial Benachteiligte finanziert. Der LWV rechne für 2026 mit Gesamtaufwendungen von 632,1 Millionen Euro. Gemäß dem aktuellen Hebesatz müsse der Kreis Bergstraße 72,5 Millionen Euro dazu beisteuern. „Das sind nochmals rd. 4,8 Millionen Euro mehr als das Rechnungsergebnis 2024“, so Schimpf. Schon heute sei diese Belastung für den Kreishaushalt immens und „eigentlich nicht mehr leistbar“. Um dieses System dauerhaft finanzieren zu können, müsse die Frage nach der Form und Höhe der Standards gestellt werden.
Am 8. Dezember letzte Sitzung vor der Kommunalwahl
Der Haushalt 2026 soll bei der kommenden Sitzung des Kreistags am 8. Dezember in Bürstadt beraten und beschlossen werden. Es wird nicht nur die letzte Sitzung des Jahres, sondern auch in der laufenden Wahlperiode sein. Am 15. März wird neu gewählt.
Eine große Mehrheit der Kreistagsmitglieder erhob sich am Ende der Haushaltseinbringung durch Matthias Schimpf von den Sitzen, um würdigenden Applaus zu spenden. Der Finanzdezernent hatte gesundheitsbedingt in diesem Jahr eine längere berufliche Pause einlegen müssen. Zum Abschluss seiner Rede teilte er mit, dass er noch nicht vorhersagen könne, ob der Haushalt 2026 der letzte von ihm zu verantwortende Etat sein wird. Seine berufliche Zukunft hänge von Entscheidungen seiner Ärzte und letztlich von seiner eigenen Entscheidung ab. kel
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