Bergstraße. Wir wandern heute wieder auf einer offiziellen Etappe des Nibelungensteigs – und zwar genau so, wie sie die Initiatoren erdacht haben. Für gemütliche Wanderer sind die 2000 Höhenmeter an einem Tag aber nicht zu schaffen. Sie sollten wieder eine Alternative wählen.
Gleich zu Beginn tun sich darüber hinaus Fragen ob der Wegführung des Nibelungensteigs auf. Keine 500 Meter abseits des Weges steht das ehemalige Kastell Hesselbach, um das wir auf dem offiziellen Weg auch noch einen großen Bogen machen, was nicht ganz verständlich erscheint. Des Weiteren machen wir wenig später kurz vor einer erhaltenen Palisade des Limes samt römischem Wachturm kehrt.
Heute ist also ein wenig Eigeninitiative gefragt, wenn man die Gegend, die man durchwandert, genauer erkunden will. Nach wenigen Kilometern kommen wir schließlich an den Dreiländerstein, der das „Großherzogtum Baden“ sowie das „Königreich Bayern“ von Hessen abgrenzt.
Im Dreiländereck
Von nun an hier an wandern wir zunächst wieder nach Hessen zurück, dann nach Baden und schließlich in Bayern weiter in Richtung Breitenbach.
In diesem seit fast 200 Jahren verlassenen Dorf steht die kleine Kirche St. Wendelin, die aber leider ohne Vorabanmeldung nicht zu besichtigen ist. Noch bevor wir aber nach Breitenbach kommen, müssen wir mit der Wegführung schon wieder hadern: Das romantisch auf einer Lichtung gelegene Schloss Waldleiningen, das in seiner Bauweise an ein britisches Anwesen erinnert, sollte man eigentlich nicht verpassen. Seit langer Zeit wird es nun schon als Heilanstalt für psychosomatische Erkrankungen genutzt, bereits zuvor diente es medizinischen Zwecken. Zu besichtigen ist es daher leider nicht.
Hinter Breitenbach geht es nach Ottorfszell und von dort schon wieder bergan, rund 250 Höhenmeter sind es hinauf nach Preunschen. Hier steppt nicht gerade der Bär, daher auch die Selbstironie der Einwohner: „Hier bist Du am Ende der Welt.“ Aber ein Fanclub des FC Bayern darf im zweiten bayrischen Ort am Weg natürlich trotzdem nicht fehlen.
Darüber hinaus bietet das Dorf einen kleinen Hofladen zur Stärkung, hingebungsvoll betreut von einem alteingesessenen Dorfbewohner, und nicht zuletzt am Ortsausgang das älteste erhaltene Bauernhaus im Odenwald. Im Jahre 1475 wurde das Watterbacher Haus errichtet und später an dieser Stelle wiederaufgebaut. Heute dient es als Museum über den Wald und die Beziehungen des Menschen zu ihm. Wir erfahren hier über die Geschichte menschlicher Ausbeutung der ursprünglich bei uns heimischen Rotbuchenwälder bereits ab dem Hochmittelalter sowie von den ersten Forstordnungen im Bezirk Amorbach seit 1500.
Highlights im Wald
Schon im nächsten Waldstück erwartet uns heute auf dem Weg hinab in Richtung Amorbach das nächste Highlight: Ruine Wildenburg. Dass die unter anderem für Wolfram von Eschenbach als Inspiration gedient haben soll, können wir hier nur allzu gut selbst nachvollziehen.
Direkt im Anschluss an den kleinen Abschweifer überqueren wir bei einer ebenfalls malerischen Hofmühle die Mudau und müssen dann schon wieder 250 Höhenmeter erklimmen, um nach Beuchen zu kommen. Dahinter befindet sich der letzte Siegfriedsbrunnen unseres Weges an der Zittenfeldener Quelle, bevor wir an der Kreuzung von Siegfried- und Nibelungenstraße Amorbach mit seiner prächtigen Abtei und der Pfarrkirche erreichen. Der Rokokobau der Abtei aus dem achten Jahrhundert gelangte jedoch erst im 18. Jahrhundert zu heutiger Strahlkraft. In den Abendstunden können wir an diese Zeiten zurückdenken und den Flair Amorbachs einfangen.
Wo wurde Siegfried denn jetzt eigentlich erschlagen? Das ist ...
Für die Statistik
Gehzeit in Stunden (ohne Pausen): Gemütlich: 10:00 h Moderat: 8:15 h Sportlich: 6:30 h
Distanz: circa 29 Kilometer
Zurückgelegte Höhenmeter: mit Abstechern etwas mehr als 2000
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