Zahlungsverkehr - 0,5 Prozent pro Jahr Verwahrentgelt ohne Freibeträge ab dem 1. Dezember / Privatkunden nicht betroffen

Sparkasse Bensheim erhebt Strafzinsen für Firmenkunden

Von 
Michael Roth
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Die Europäische Zentralbank mit Sitz in Frankfurt (Bild) hat im Herbst 2019 den Strafzins auf 0,5 Prozent angehoben. Diesen Strafzins geben seit geraumer Zeit immer mehr Banken an ihre Kunden weiter – so auch die Sparkasse Bensheim. © dpa

Bergstraße. Unternehmen, die ihr ihren geschäftlichen Zahlungsverkehr über Konten der Sparkasse Bensheim abwickeln, müssen künftig ab dem ersten Euro Guthaben Strafzinsen von 0,5 Prozent bezahlen. Freibeträge gibt es keine mehr. Das geht aus einem Schreiben hervor, das die Sparkasse an ihre Unternehmenskunden in der vergangenen Woche versendet hat. Die neue Regelung, die für Verärgerung bei vielen Unternehmern sorgte, gilt ab dem 1. Dezember. Abgerechnet wird der Strafzins, den die Sparkasse Verwahrentgelt nennt, auf Tagesbasis.

Johannes Schulz, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Bensheim, sagte auf Anfrage des BA dazu: „Als Sparkasse Bensheim hätten wir diesen Schritt gerne vermieden. Allerdings lässt uns die langjährige Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) aktuell keine andere Wahl. Wir führen das Verwahrentgelt von -0,5 Prozent im Jahr ohne Freibeträge für alle Firmen- und Gewerbekunden ein.“ Mit den betroffenen Kunden sei man im intensiven Dialog, um die Situation zu erläutern, so Schulz weiter.

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Zwar gebe es Fragen an die Berater, aktuell aber keine Kündigungen von Firmen- und Gewerbekunden. „Von dieser Regelung sind unsere Privatkunden sowie soziale Einrichtungen nicht betroffen“, betont der Sparkassenchef. Im Brief an die Unternehmen heißt es noch, dass man um Verständnis bitte, dass „wir aus kosten- und betriebswirtschaftlichen Gründen die Sichteinlagen zu den bisherigen Konditionen nicht weiterführen können und die bestehende Verwahrentgeltvereinbarung anpassen“.

Die Europäische Zentralbank hat im Sommer 2014 Negativzinsen für Geschäftsbanken eingeführt. Die Banken sollten Geld zur Ankurbelung der Wirtschaft verleihen und nicht bei der Zentralbank lagern, so der Hintergrund. Der Leitzins, zu dem sich Banken Geld von der Zentralbank leihen können, liegt zudem seit Jahren bei Null. Neben den Zinsentscheidungen als direktem Anreiz, kauft die EZB seit 2012 auch Staats- und Unternehmensanleihen auf und weitete diese Käufe in der Corona-Pandemie sogar noch aus.

Im Herbst 2019 wurde der Strafzins auf 0,5 Prozent angehoben. Diesen Strafzins geben seit geraumer Zeit immer mehr Banken an ihre Kunden weiter, bei vielen gelten aber Freibeträge, bevor Strafzinsen fällig werden. Allerdings bekommen die Banken selbst bei der EZB ebenfalls hohe Freibeträge, geben Kritiker der Argumentation zu bedenken. Die könnten auch an Kunden weitergegeben werden.

Das niedrige oder negative Zinsniveau ist für viele daher der Hauptgrund der Misere. Es beeinträchtigt das grundlegende Geschäftsmodell vieler Banken. Regionale Institute etwa verleihen in der Regel Geld, was andere Kunden bei ihnen anlegen. Doch es rechnet sich für viele Banken nicht, wenn das Zinsniveau für Kredite so niedrig ist wie nie. Bei Krediten zu teilweise unter einem Prozent Zinsen könnten auf der Gegenseite Kundengelder nicht verzinst werden. Da bleibe keine Marge zur Deckung der Kosten übrig, heißt es.

Der Einlagezins bei der EZB, und in Folge das allgemeine Zinsniveau, war ursprünglich einmal positiv. Vor der Finanzkrise im Jahr 2008 lag er beispielsweise bei drei Prozent. Nach der Finanzkrise öffnete die EZB die Geldschleusen, um die Konjunktur wieder anzukurbeln. Diesen Kurs behält sie noch immer bei, obwohl die Wirtschaft sich schon weit vor Corona erholt hatte. Und derzeit ebenfalls auf Erholungskurs ist. Nach Ansicht von vielen Ökonomen sind Niedrig- und Negativzinsen der Zentralbank wirtschaftlich und geldpolitisch nicht mehr zu rechtfertigen. Stattdessen gibt es politische Gründe. Mit dem niedrigen Zinsniveau können sich Euro-Länder günstig verschulden. Davon machen vor allem Frankreich und Italien Gebrauch. Diese beiden sind auch gerade dabei, die übriggebliebenen Stabilitätsregeln in der EU weiter aufzuweichen. Mit Spanien an ihrer Seite Schulden statt Reformen und Sparsamkeit lautet offenbar das Credo. Ein Ende der niedrigen Zinsen ist nicht absehbar. Mit entsprechenden Folgen für Banken und ihre Kunden.

Freibetrag bei der Volksbank

Die Volksbank Darmstadt-Südhessen plant für ihre Unternehmenskunden keine Veränderung oder Abschaffung der Freibeträge. Das sagte Vorstandssprecher Michael Mahr dem BA.

Bei neuen Konto-Vereinbarungen für Firmenkunden liegt dieser Freibetrag jedoch bei 50 000 Euro.

Die Begrenzung lässt sich auf Dauer nicht vermeiden, so Mahr. Das allgemeine negative Zinsumfeld und die Politik der EZB sieht er als Ursachen der Entwicklung. mir

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