Bergstraße. Perfekter Start in die Spargelsaison 2024: Milde Temperaturen und viel Sonne haben in Hessen für eine sehr frühe Ernte gesorgt. Der erste Spargel kam bereits am 6. März von den Feldern an die Verkaufstheke. „So früh waren wir noch nie“, sagte Rolf Meinhardt vom Arbeitskreis Spargel Südhessen am Montag in Zwingenberg, wo unter großer medialer Aufmerksamkeit die offizielle Spargelsaison eröffnet wurde.
Hessens frisch gebackener Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU) übte sich nicht nur im Spargelstechen – er krönte auch die neue hessische Spargelkönigin Lena Wendel. Die 15-Jährige ist die Tochter von Chantal Wendel, Geschäftsführerin des gastgebenden Spargel- und Obsthofs. Nach ihrer Ausbildung zur Groß- und Einzelhandelskauffrau, die im Sommer beginnen wird, möchte die bislang jüngste hessische Spargelkönigin perspektivisch im heimischen Betrieb einsteigen.
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Als Repräsentantin des edlen Königsgemüses will die Schülerin in den kommenden Monaten dazu beitragen, dass die Leistung der hessischen Spargelbauern wertgeschätzt wird und der regionale Genuss aus reiner Handarbeit eine noch höhere Bedeutung erhält.
Maddin Schneider wirbt 2024 für den hessischen Spargel
Für Lena I. war der Termin ein Heimspiel: Beim symbolischen – und souverän absolvierten – Spargelanstich auf einem Feld im Auerbacher Westen erläuterte sie, wie man die frischen Stangen aus Dauerkultur fachgerecht aus der Erde entfernt. Weißer Spargel wächst unterirdisch in einem sogenannten Spargeldamm. Mit dabei war auch der Comedian Martin „Maddin“ Schneider, der in dieser Saison für das Gemüse aus heimischem Anbau wirbt. „Hessischer Schpaschel“ wird zumeist vor Ort direkt vermarktet – der wichtigste Vertriebsweg der hiesigen Erzeuger. Kunden erkennen die garantierte Herkunft am offiziellen Label „Geprüfte Qualität Hessen“.
Spargel stelle die wichtigste Gemüsekultur in Hessen dar, erklärte das Landwirtschaftsministerium in Zwingenberg. Der Anbauschwerpunkt liegt in den südhessischen Landkreisen Darmstadt-Dieburg, Bergstraße und Groß-Gerau. Im vergangenen Jahr bauten die Erzeuger hier auf rund 1500 Hektar rund 7000 Tonnen Spargel an – das bedeutet ein Rückgang um etwa 290 Hektar im Vergleich zu 2022.
Als Grund werden die gestiegenen Kosten für den Anbau genannt, die nicht vollständig durch höhere Preise im Handel abgefedert werden könnten. Das Erntejahr 2024 verspreche hohe Qualitäten bei einer stabilen Preisentwicklung, so Rolf Meinhardt.
Spargelpreis beginnt 2024 in Hessen bei acht Euro
Der Kilopreis beginne bei acht Euro. Die erste Wahl kostet im Durchschnitt mindestens doppelt so viel. Zum Start der Saison geht er von Preisen zwischen 17 bis 18 Euro aus. Wenn die normale Ernte einsetzt, würden die Preise leicht fallen, sagte Meinhardt, der von optimalen Wachstumsbedingungen seit 2023 und einem klimatisch überaus milden Start ins neue Jahr berichtet. Seit Januar habe es keine Bodenfröste mehr gegeben, was dem Spargel ein konstantes Wachstum ermöglicht habe. Auf diese Weise habe er viele Näh- und Aromastoffe ausbilden können.
Eines der wichtigsten deutschen Anbaugebiete
Die Deutschen bevorzugen weißen Spargel, die Franzosen dagegen mögen lieber den etwas intensiver schmeckenden Spargel mit violetten Köpfen. Die Verfärbung resultiert aus dem Kontakt mit Licht. Grüner Spargel wächst über der Erde und hat einen besonders intensiven Geschmack. Mit viel Kalium und Vitamin C sowie nur 18 Kalorien pro 100 Gramm sind alle Spargelarten ein gesundes und kalorienarmes Gemüse, das sich auf vielfältige Art zubereiten lässt.
Das Edelgemüse wird in Hessen nach wie vor Hand geerntet. Ein aufwändiges Verfahren, so Rolf Meinhardt, das sich zurecht auch auf den Preis niederschlage. Wer qualitativ hohen Genuss wolle, der müsse auch die Arbeit der Landwirte wertschätzen, sagte er. Bei der Ernte wird Stange für Stange vorsichtig mit einer speziellen Technik aus der Erde gestochen, ohne dabei die Wurzel zu beschädigen.
Hessen gehört mit knapp 2000 Hektar zu den wichtigsten deutschen Anbaugebieten für Spargel. Die frühe und intensive Sonneneinstrahlung an der Bergstraße macht die Region zu einem idealen Standort. Effiziente Anbaumethoden sollen die Erträge zusätzlich steigern: der Einsatz von Folie beeinflusst das Wachstum positiv und reduziert den Bedarf an Pflanzenschutzmitteln, ist aber nicht unumstritten.
Die Marketinggesellschaft „Gutes aus Hessen“ weist darauf hin, dass die hessischen Landwirte das Material so umweltverträglich wie möglich einsetzen. Dazu gehöre eine mehrjährige Nutzung sowie ein fachgerechtes Entsorgen und Recyceln der schwarzen Folie, die Sonnenstrahlen absorbiert und die Erde erwärmt. Auf diese Weise fällt die Ernte in der Regel höher und früher aus. Der Arbeitskreis Spargel Südhessen hat ein Rücknahme- und Wiederverwertungskonzept eingeführt, um die Folie nach ihrer Verwendung vollständig einzusammeln und in die Kreislaufwirtschaft zuzuführen.
Beim Spargel- und Obsthof Wendel sind ab Mitte Mai rund 300 Helfer im Einsatz. Rolf Meinhardt, der auch im Vorstand des Verbands Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer mitarbeitet, verwies in Zwingenberg auf die Einführung des Mindestlohns. Für ausländische Erntehelfer werden seit Januar 12,41 Euro pro Stunde gezahlt statt der zwölf Euro im vergangenen Jahr. tr
„Es gibt ein ausreichendes Angebot in hervorragender Qualität. Regionaler und saisonaler als beim hessischen Spargel geht es nicht“, sagte Minister Jung in Zwingenberg. Es lohne sich immer, auf den Saisonbeginn und den hessischen Spargel zu warten. Jung lobte auch die Direktvermarktung per „Spargelbude“. Dort komme die Landwirtschaft mit den Endverbrauchern ins Gespräch.
Experten erwarten für Spargel 2024 einen "Superjahrgang"
„Genießen Sie den Geschmack unserer Region“, so der Appell des Ministers, der seit Januar im Amt ist und als Winzersohn in Eltville-Erbach aufgewachsen ist. „Bisher habe ich nur Weinköniginnen gekrönt. Das ist meine Premiere in der Spargelbranche“, so Jung. Der Spargel sei sein Lieblingsgemüse. Auch, wenn er die erste Stange nicht perfekt mit der Klinge getroffen hat: „Beim zweiten geht´s schon deutlich besser!“ Aufgrund der kurzen Transportwege schütze der hessische Spargel nebenbei sogar das Klima, so Jung weiter.
Rolf Meinhardt sprach in Zwingenberg von Frühlingsgefühlen. Er erwartet einen „Superjahrgang.“ Trotz nasser Felder durch die Niederschläge im Winter haben die Landwirte alle erforderlichen Feld- und Dämmarbeiten rechtzeitig erledigen können, so dass einem Topjahr nun nichts mehr im Wege stehe. Die Vegetation habe von den hervorragenden Bedingungen profitiert und der frischen Ernte eine exzellente Geschmacksnote geschenkt. Aktuell rangieren die hessischen Erzeuger bei bis zu 20 Prozent des maximalen Ertrags, der sich in den nächsten Wochen schnell steigern werde. Die Spargelernte dauert traditionell bis zum Johannistag am 24. Juni.
Im Durchschnitt verzehrt jeder Deutsche cirka 1,4 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Der Minister geht davon aus, dass die Statistik in Südhessen deutlich höher rangiert. Er lobte Erzeuger wie Chantal Wendel für die gute Arbeit vor Ort. Sie führt das Familienunternehmen gemeinsam mit ihrem Mann Florian Wendel und dessen Mutter Sigrid, die seit 1986 Spargel anbaut. Heute sind es über 70 Hektar. Mitte der 90er Jahre kamen Erdbeeren und später auch Himbeeren hinzu.
Chantal Wendel führt künftig den Arbeitskreis Spargel Südhessen
„Nachhaltigkeit ist unsere Existenz“, so Chantal Wendel, die am Montag auch als Nachfolgerin von Rolf Meinhardt präsentiert wurde, der sich in den Ruhestand verabschieden wird. Der Spargelbauer aus Weiterstadt (Kreis Darmstadt-Dieburg) sieht den Arbeitskreis bei seiner jungen Kollegin in besten Händen. „Wir werden ihn mit einer neuen Generation weiterführen“, so Wendel, die sich auf ihr neues Amt sehr freue. Dass die Tochter am gleichen Tag inthronisiert wurde, machte den sonnigen Tag für sie komplett.
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