Augenzeugenbericht. Als Bewohner der Innenstadt wurde ich ungewollt Zeuge der Geschehnisse auf dem Apostelplatz in der Silvesternacht. Diese haben mich zutiefst erschüttert und ich mache mir mit Blick in die Zukunft große Sorgen. Im Stenogrammstil will ich meine Beobachtungen und Eindrücke von meinem Fenster aus objektiv schildern. Nichts hinzufügen, nichts weglassen, nichts beschönigen. Der Wahrheit die Ehre!
Gegen 23.40 Uhr: Drei Männer stellen auf dem Apostelplatz in Höhe Townhall mehrere Kisten ab. Für ein größeres Feuerwerk, wie sich später herausstellen soll. Um die gleiche Zeit fällt mir eine Gruppe von circa 30 Personen auf, die wie ein Block vor dem Rathaus (Höhe Kleinkinderspielplatz) zusammenstehen. Mein Gedanke: Sieht aus, als hätten sich diese verabredet. Mit dem Fernglas erkenne ich lauter Männer zwischen 20 und 25 Jahren. Mein Eindruck ist, dass es sich dabei mehrheitlich um Menschen mit Migrationshintergrund handelt.
„Bombenschläge“ von bislang ungekannter Wucht
Ich bin von dem Feuerwerk überwältigt. Mein Eindruck: So etwas Gewaltiges kenne ich nur von größeren Veranstaltungen und Feierlichkeiten. Doch allmählich werde ich unruhig. Der Platz ist rauchverhüllt, extrem laute Knallkörper an allen Ecken. Immer öfter auch regelrechte „Bombenschläge“ von bislang ungekannter Wucht und Lautstärke, die nach der Zündung noch einen großen Rauchpilz und eine Feuersäule hinterlassen.
Überall lodern kleine Feuer. Vor der Townhall das erste größere Feuer, später auch eines in der Nähe des großen Weihnachtsbaumes. Männer sammeln kleine brennende Feuerwerksbatterien und befeuern damit die große Feuerstelle. Das „Lagerfeuer“ wird immer größer, die Flammen schlagen in alle Richtungen. Nach 0.30 Uhr nimmt das Ganze eine noch bedrohlichere Dimension an. Total verrauchte Innenstadt, Hektik, Chaos, Feuer und Lärm. Spürbare Verrohung und Rücksichtslosigkeit! Keine Spur von einer fröhlich ausgelassenen Silvesterfeier früherer Jahre. Männliche Personen aus der Gruppe zünden pyrotechnische Gegenstände mit extremster Lautstärke. Schon fast aus dem Ruder läuft das Ganze, als mehrere dieser „Bombenschläge“ in das Feuer geworfen werden. Ergebnis: martialischer Knall mit diffusem Funkenflug. Weitere kleinere Feuerstellen bilden sich. Jugendliche kühlen ihr Mütchen an einem kleineren Weihnachtsbaum gegenüber vom Weltladen, werfen diesen um.
"Regelrechte Breitseiten" wurden auf die Apostelkirche gefeuert
Vor dem Anwesen Rathausstraße 30 kickt ein Mann auf der Straße brennende Feuerwerksbatterien vor sich her. Ziel: direkt unter den dortigen kleinen Weihnachtsbaum. Es gibt laute Schreie, auch von mir aus dem geöffneten Fenster. Ein Jugendlicher fasst sich ein Herz und kickt die brennenden Boxen wieder auf die Straße zurück. Zum Glück fängt der Baum kein Feuer. Ich habe Angst um die angrenzenden Häuser. Ein Blick auf den Apostelplatz: Es hat sich ein zweites großes „Lagerfeuer’ entwickelt und wird ständig befeuert. Überall auch kleinere Feuer und Glutnester. Ich rufe die Polizei an. Hilfe wird mir zugesagt.
Es wird immer hektischer und lauter. Von der besagten Gruppe vor dem Rathaus werden regelrechte Breitseiten auf die Apostelkirche gefeuert. Meine Sorge: Die werden doch nicht absichtlich auf die Kirche zielen. Die meisten in diagonaler und horizontaler Richtung abgeschossenen Raketen prasseln auf das Kirchendach und gegen das Kirchenschiff. Mein erster Gedanke: Als Pfarrer würde ich sofort Anzeige gegen Unbekannt stellen.
Immer mehr Raketen zielen nicht in den Nachthimmel, sondern werden in bestimmte Richtungen quer über den Platz abgeknallt. Mehrere Personen können diesen im letzten Moment ausweichen. Auch diesmal wieder Raketenflug aus der Gruppe. Und auch die aufgestellten Infotürmchen vom Weihnachtsmarkt bekommen ihr Fett ab, Superknaller untergeschoben.
Gezielte Raketenabschüsse auf die anrückende Feuerwehr
Und zwischendurch immer wieder die brutalen Explosionen der bestimmt illegalen und gefährlichen „Bombenschläge“. Denn sofort nach Zündung dieser Monster rennen die „Silvesterhelden“ auffallend schnell aus dem Gefahrenbereich. Schneller als ein Sprinter aus dem Startblock. Also besteht Gefahr für jedermann. Das ist kein übliches Silvesterfeuerwerk. Alles so geplant?
Das zweite größere Feuer im Bereich des großen Weihnachtsbaumes lodert immer heller. Männer nähern sich dem Baum und schießen abwechselnd aus kurzer Distanz mehrere Raketen in das grüne Geäst. Meine Sorge: Der Baum wird doch hoffentlich nicht Feuer fangen. Die Feuerwehr rückt an und wird gleich ins Visier genommen. Absichtlich. Ganz offensichtlich! Von der Gruppe aus erfolgen die Raketenabschüsse ganz gezielt. Zwei verfehlen das Ziel nur knapp, die dritte touchiert das Fahrzeugdach. Die vierte Rakete ist auf einen Feuerwehrmann auf der Beifahrerseite gerichtet. Sie trifft ihn oder das Fahrzeug. Kann ich aus meiner Perspektive nicht genau sehen. Dieser Feuerwehrmann zeigt Löwenmut, rennt auf die Gruppe zu und ruft: „Seid ihr denn verrückt geworden.“ Die Gruppe insgesamt flieht in Richtung Rathausparkplatz. Ich denke mir: Wer sich ordnungsgemäß verhält, gesellschaftliche Spielregeln akzeptiert, der muss nicht wegrennen.
Den Worten müssen endlich Taten folgen
Dann erkenne ich auf der linken Seite acht Polizeibeamte und Polizeibeamtinnen in Schutzanzügen und Schutzhelmen. Ein Einsatz ist nicht mehr erforderlich, die Polizei bleibt aber in Bereitschaft. Die Feuerwehrmänner beginnen mit den Löscharbeiten. Gegen 2.15 Uhr rückt auch der letzte Polizeitransporter ab. Ich bin total aufgebracht und hoffe, dass die politisch Verantwortlichen im Bund und in den Ländern aus solchen Vorfällen die notwendigen Konsequenzen ziehen. Ändert sich nichts, bekommen die Rechtsextremen nur noch mehr Zulauf. Und genau dies wollen wir Demokraten doch verhindern!
Die Bundesinnenministerin hat nach dem Anschlag in Magdeburg ein „hartes Vorgehen“ auch gegen Krawallmacher und Chaoten angekündigt, die gewalttätig gegen Rettungskräfte vorgehen und verletzen. Jetzt müssen den erkenntnisreichen Worten auch konkrete Taten folgen. Gewalt und Zerstörung dürfen nicht geduldet werden, sonst geht das Vertrauen in unseren Rechtsstaat verloren. Wir wollen keine Diktatur, sondern Frieden und Freiheit – und eine starke, wehrfähige Demokratie! Diese Silvesternacht darf sich nicht wiederholen.
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