Justiz

Prozess: Jungem Mann wird vorgeworfen, Weinheimerin vergewaltigt zu haben

„Ich verstehe nicht, wie die beiden auf die Idee kommen, dass es zu einer Vergewaltigung kam“, äußerte sich Gianluca M. vor Gericht. Er habe am Abend der mutmaßlichen Tat vielmehr auf ein Liebesdreieck gehofft.

Von 
Ann-Kathrin Greinert
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Symbolbild © David-Wolfgang Ebener/dpa

Weinheim. Augenscheinlich ruhig und gefasst betrat Gianluca M. den Sitzungssaal des Weinheimer Amtsgerichts. Dem jungen Mann wird schwere sexualisierte Gewalt zur Last gelegt: Er wird wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Vergewaltigung angeklagt. Seit vergangenem Freitag muss er sich dafür vor dem Amtsgericht verantworten. Die Gelassenheit von Gianluca M. verflog, als Richter Lukas Brecht und die Schöffen um 9 Uhr den Saal betraten. Die Spannung in der Luft wurde plötzlich greifbar.

Der Fall, der vor dem Gericht verhandelt wurde, drehte sich um eine Nacht im Juli 2022, in der Gianluca M. zwei junge Frauen kennengelernt hatte. Was für ihn zunächst wie ein harmloser Abend mit der Aussicht auf einvernehmlichen Geschlechtsverkehr begonnen hatte, endete in einem schweren strafrechtlichen Vorwurf. „Ich verstehe nicht, wie die beiden auf die Idee kommen, dass es zu einer Vergewaltigung kam“, äußerte er sich vor Gericht. Eine Antwort auf diese Frage erhielt er dort jedoch nicht.

Eine Nacht mit Folgen

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft war Gianluca M. in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli 2022 nach einer Feier in einem Heidelberger Club auf dem Heimweg gewesen, als ihm die beiden Geschädigten über den Weg gelaufen waren. Im Gespräch soll er ihnen erzählt haben, er arbeite am Theater und suche eine Übernachtungsmöglichkeit. Eine der Geschädigten habe ihm daraufhin einen Schlafplatz in ihrer Wohnung in Weinheim angeboten.

In der Wohnung hatten sich die beiden Frauen laut Anklage ins Schlafzimmer zurückgezogen. Der Angeklagte soll ihnen gefolgt sein und sich in die Mitte des Bettes gelegt haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft habe der Angeklagte zunächst damit begonnen, eine der Frauen zu kraulen. Im weiteren Verlauf soll er sie an den Haaren zu sich herangezogen, sie am ganzen Körper gekratzt und fest in die linke Brust gekniffen haben. Danach habe er im Wohnzimmer mit der zwischenzeitlich ohnmächtig gewordenen zweiten Frau gegen ihren Willen auf dem Teppich Geschlechtsverkehr gehabt. Gründe für die Ohnmacht gingen nicht aus der Anklage hervor. Die im Schlafzimmer zurückgelassene Freundin bemerkte die Situation und holte Hilfe. Dazu lief sie in den ersten Stock zu ihrer Mutter. Dort wurde die Polizei alarmiert. Gianluca M. flüchtete daraufhin in den frühen Morgenstunden aus der Wohnung.

„Flirtige Stimmung“

Vor Gericht schilderte der Angeklagte seine eigene Version des Geschehens. Über eine Stunde äußerte er sich ausführlich – kam jedoch immer wieder ins Stolpern, wiederholte sich und wurde nicht müde zu betonen, dass es sich um einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehandelt habe. „Ich wurde gefragt, ob ich mit zu den beiden kommen möchte. Ich war ein bisschen aufgeregt, denn ich habe mir schon gedacht, dass wir jetzt nicht einfach nur so zu den nach Hause gehen“, sagte er. Der junge Mann hegte den Wunsch eines Dreiers und fühlte sich durch die „flirtige Stimmung“ der beiden Frauen bestätigt.

Laut seinen Aussagen soll die zweite Freundin ihn selbst aufgefordert haben, ins Wohnzimmer der Wohnung zu gehen, um Geschlechtsverkehr zu haben. „Wir haben gerade angefangen, da hat sie mich gestoppt und wollte noch kurz auf Toilette gehen“, berichtete Gianluca M. Während er ihr vom Boden aufhalf, sei die junge Frau zusammengesackt. Auf Nachfragen machte sie ihren Eisenmangel dafür verantwortlich. „Sie hat mir dann gesagt, dass sie keinen Sex mehr möchte und ich die restliche Nacht im Wohnzimmer schlafen soll.“

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Die Untersuchung durch Rechtsmedizinerin Leonie Sibold konnte ihn weder ent- noch belasten. „Keine der beiden Frauen hat gynäkologische Verletzungen, das schließt eine Penetration aber nicht aus“, betonte sie. Beide Opfer wiesen Hämatome auf, die „von stumpfer Gewalt“ stammen könnten. Die Frage des Richters, ob ein Eisenmangel eine vorübergehende Ohnmacht herbeiführen könnte, bestätigte die Medizinerin. „Bei diesem Mangel kann gerade Frauen beim schnellen Aufstehen schon einmal schwarz vor Augen werden.“ Ein Verdacht auf die Verwendung von K.-o.-Tropfen ließ sich laut Gutachten nicht bestätigen.

Prozess wird vertagt

Die Hoffnung des Angeklagten, noch am selben Tag zu einem Urteil zu kommen, zerschlug sich durch die Beantragung eines psychologischen und psychiatrischen Gutachtens über die beiden Geschädigten von Seiten der Rechtsanwältin Andrea Combé.

Sie verwies auf Hinweise auf mögliche Selbstverletzungen und den Verdacht einer Borderline-Störung. Auch eine posttraumatische Belastungsreaktion sei nicht auszuschließen – Fakten, die laut der Rechtsanwältin eine erneute Beurteilung der Aussagekraft der beiden Opfer notwendig machten. „Ihre Glaubhaftigkeit ist möglicherweise beeinträchtigt.“

Kurze Zeit später verkündete Richter Brecht das Aussetzen der Verhandlung, um die Erstellung der Gutachten zu ermöglichen. „Diese werden mehrere Monate in Anspruch nehmen“, erklärte er zum Schluss der Sitzung. Ein neuer Verhandlungstermin steht noch nicht fest.

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