Weinheim. Ein 38-Jähriger aus der Rhein-Neckar-Region soll über 1100 Videos mit kinder- und jugendpornografischen Inhalten gehortet haben. Dabei habe es sich um Dateien gehandelt, auf denen unter anderem der schwere sexuelle Missbrauch von Minderjährigen durch Erwachsene zu sehen ist, wie Eva Lösche, Direktorin des Weinheimer Amtsgerichtes, aus dem Anklagevorwurf zitiert.
Demnach sei das jüngste der Opfer gerade einmal vier Jahre alt gewesen. Justiz und Strafverfolgung beobachten seit kurzem einen starken Anstieg in diesem Straftatbereich. Die allermeisten Verbrechen wurden zuletzt in der Weinheimer Kernstadt verzeichnet.
Spuren im Netz hinterlassen
Zunächst waren Ermittler auf die digitalen Spuren des mutmaßlichen Straftäters gestoßen, die er im Netz hinterlassen hatte. Spuren, die zu mehreren hundert kinder- und jugendpornografischen Bild- und Filmdateien führten. Eine anschließende Durchsuchung bei dem 38-Jährigen förderte eine noch erheblich höhere Anzahl der illegalen Dateien zutage.
Der 38-Jährige ist einer von drei Männern aus der Region, denen am 21. Dezember der Prozess im Amtsgericht gemacht wird. In einer anschließend terminierten Verhandlung sitzt ein 24-Jähriger auf der Anklagebank. Dem jungen Mann wird vorgeworfen, pornografische Videodateien mit Mädchen über Instagram und WhatsApp übermittelt zu haben. Nachdem die Polizei sein Handy konfiszierte und durchleuchtete, fanden die Ordnungshüter weitere zehn Dateien, die sexualisierte Aufnahmen von Kindern enthielten. Außerdem acht Bild- und sechs Videodateien von Jugendlichen.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Des Weiteren steht an diesem Tag auch ein 69-Jähriger vor Gericht. Dieser zog den Fokus der Ermittler im vergangenen Juni auf sich, als er eine kinderpornografische Bilddatei heruntergeladen haben soll. Auf seinem Computer fand die Polizei zwei Dutzend Dateien, auf denen Kinder und Jugendliche sexualisiert worden waren.
Für Schöffen und Richter könnte es ein psychisch belastender Tag werden. Gibt es keine Geständnisse, müssen sie die verstörenden Inhalte der Fotos und Filme ansehen und auswerten. „Das ist schon harter Tobak“, erklärte Richterin Lösche. Je nach Intensität und Länge der Aufnahmen könne es zu psychosomatischen Reaktionen kommen: „Das fühlt sich an wie eine Grippe. Man merkt, wie einem immer übler wird.“ Dabei hätten es insbesondere die Schöffen schwer, die als „normale“ Bürger als ehrenamtliche Richter tätig sind. Ein Geständnis zählt in diesem Straftatbereich deshalb viel. Trotz der zumeist „erdrückenden Beweislage“ legten jedoch längst nicht alle, die sich strafbar gemacht haben, vor Gericht eines ab.
Prozesse wegen des Erwerbs, der Verbreitung und des Besitzes kinderpornografischer Schriften sind anders als noch vor fünf Jahren keine Ausnahmen mehr in den Gerichtssälen. In den Jahren 2008 bis 2021 waren es noch 18 Verfahren, die unter diesem Straftatbestand beim Amtsgericht Weinheim geführt wurden. Allein im Jahr 2022 waren es 13. Ende Oktober gab es insgesamt fünf laufende Verfahren.
Im Dezember sind nach Angaben der Direktorin zwei weitere eröffnet worden. Auch aufseiten der Strafverfolgung weisen die Fallzahlen im Bereich des Polizeireviers Weinheim einen deutlichen Aufwärtstrend auf. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Straftaten von drei im Jahr 2018 auf sechs 2019 und zehn Fälle 2020 erhöht, wie Philipp Kiefner, Sprecher beim Polizeipräsidium Mannheim, erklärt. Im Jahr 2021 waren es dann mit 25 mehr als doppelt so viele, 2022 gab es 30 Ermittlungsverfahren. Und die Statistik zeigt auch: Drei Viertel der Fälle (insgesamt 22) spielten sich 2022 in der Weinheimer Kernstadt ab.
Höhere Aufklärungsquote
Den bundesweiten Anstieg der statistisch erfassten Fallzahlen führen Polizei und Justiz auf eine höhere Aufklärungsquote zurück. Mutmaßliche Straftaten werden nicht nur von amerikanischen Behörden übermittelt.
Etliche Hinweise bekommt das Bundeskriminalamt auch von der US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation „National Center for Missing and Exploited Children“. Auf Deutsch bedeutet das: Nationales Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder. Dieses gleicht Daten von amerikanischen Providern ab und sendet Verdachtsanzeigen an die deutschen Behörden.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/region-bergstrasse_artikel,-bergstrasse-prozess-kinder-pornografie-weinheim-_arid,2154967.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/weinheim.html