Aufklärung

Prävention auf dem Winzerfest: Zahl der Fälle mit K.o.-Tropfen steigt

Auf dem Winzerfest klärte unter anderem die Erste Kreisbeigeordnete Angelika Beckenbach über die Substanzen auf, die unfreiwillig im Glas landen können.

Von 
Jeanette Spielmann
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In Bensheim wurde über das Thema K.o.-Tropfen aufgeklärt. © Thomas Neu

Bergstraße. Oft sind es genau die Orte, wo man eigentlich in netter Gesellschaft und in bester Stimmung gemeinsam eine schöne Zeit erleben möchte, die am Ende aber in einem Horrortrip enden. Irgendetwas stimmt nicht, aber man kann sich an nichts mehr erinnern. Mit einem Filmriss aufgrund übermäßigen Alkoholgenusses hat das jedoch vermutlich nichts zu tun. Viel mehr ist zu befürchten, dass man Opfer von K.o.-Tropfen geworden ist.

K.o.-Tropfen sind kein Randphänomen, sondern eine ernste Gefahr in Clubs, Bars und auf Partys. Aus diesem Grund nutzte Erste Kreisbeigeordnete Angelika Beckenbach zusammen mit dem Präventionsteam des Kreises Bergstraße den Tag der Jugend auf dem Bergsträßer Winzerfest in Bensheim, um auf die Gefahr aufmerksam zu machen und für die Problematik zu sensibilisieren.

Mit dabei als perfekte Ansprechpartner waren die beiden Auszubildenden der Kreisverwaltung, Niklas Heldmann und Shezahd Ijaz, die beim Verteilen der Info-Flyer mit den jungen Menschen schnell ins Gespräch kamen.

Auskunft und Information am Stand vor dem Fleck‘schen Haus gaben aber auch die Gesundheitspräventionsbeauftragte beim Kreis, Reinhild Zobel mit Mitarbeiterin Nadja Niestroj sowie von den Kooperationspartnern Alexa Glak (Weißer Ring) und Nicole Brosé (AWO/PRISMA). Auch Bürgermeisterin Christine Klein war vor Ort, die vor allem als frühere Kriminalbeamtin mit dieser Thematik zu tun hatte. Oft in Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt oder Raub. Allerdings spielen Straftaten in der Polizeistatistik eine eher untergeordnete Rolle, da hier die Dunkelziffer sehr hoch ist.

Laut einer parlamentarischen Anfrage im hessischen Landtag ist die Zahl im vergangenen Jahr mit 79 registrierten Fällen im Vergleich zu 67 Fällen im Vorjahr gestiegen, aber es ist bekannt, dass der Einsatz von K.o.-Tropfen nur schwer nachweisbar ist und auch selten einem Täter zugeordnet werden kann.

Strafen sollen auf Bundesebene verschärft werden

Auch seitens der Politik wird inzwischen eine härtere Gangart im Kampf gegen diese Substanzen eingeschlagen. Dazu gehören das im Bund geplante Verkaufsverbot und der Gesetzesentwurf zu härteren Strafen für Verbrechen unter Einsatz von K.o.-Tropfen, der auch vom Land Hessen unterstützt wird. „Der Einsatz von K.o.-Tropfen ist perfide, die Motive der Täter sind verachtenswert“, so Hessens Ministerpräsident Boris Rhein.

Information, Wachsamkeit und gegenseitige Unterstützung sind vor diesem Hintergrund die wirksamsten Mittel, um sich zu schützen und im Ernstfall schnell reagieren zu können. Das Präventionsteam des Kreises hat die entsprechende Sensibilisierung mit Flyern und Plakaten nicht erst zum Winzerfest vorgenommen. Auch auf dem Weinfest in Heppenheim oder während des Karnevals beispielsweise in Lorsch war man aktiv. Auch in der kommenden Fastnachtskampagne will man Aufmerksamkeit für diese Thematik wecken.

„Opfer von K.o.-Tropfen kann jeder werden“ hofft die Erste Kreisbeigeordnete Beckenbach möglichst viele Menschen mit der Aktion erreichen und für diese versteckte Gefahr sensibilisieren zu können. Denn gerade bei diesen Straftaten, die aufgrund der Wirkungsweise der Substanzen nur schwer nachweisbar sind, kommt es Vorsorge und Prävention an.

So empfehlen Fachstellen, Getränke niemals unbeaufsichtigt stehen zu lassen und keine offenen Gläser oder Flaschen von Unbekannten anzunehmen. Sicherer sei es, Getränke selbst zu öffnen oder in geschlossenen Behältern zu kaufen. Ebenso wichtig sei es, im Freundeskreis aufeinander zu achten: Wer plötzlich stark benommen wirkt oder Erinnerungslücken hat, sollte sofort Hilfe erhalten. Im Notfall gilt: 112 anrufen und den Verdacht auf K.o.-Tropfen mitteilen. Getränke- oder Urinproben können für die Beweissicherung entscheidend sein.

Die mit dem Überbegriff K.o.-Tropfen bezeichneten chemischen Substanzen werden heimlich in Getränke gemischt und können Schläfrigkeit, Schwindel, Koordinationsprobleme, Übelkeit und Erinnerungslücken auslösen. In höheren Dosen drohen Bewusstlosigkeit und sogar lebensgefährliche Atemprobleme können die Folge sein. Auffällig ist, dass die Beschwerden oft unverhältnismäßig stark im Vergleich zur konsumierten Alkoholmenge auftreten.

Die Wirkung setzt meist innerhalb weniger Minuten ein und kann mehrere Stunden anhalten. Da die Substanzen im Körper schnell abgebaut werden und nur kurze Zeit nachweisbar sind, ist die Aufklärung solcher Straftaten sehr schwierig.

Nicole Brosé von der AWO-Suchtpräventionsstelle PRISMA verwies in diesem Zusammenhang auch auf entsprechende Aktionen zur Information in Schulen und Alexa Golak vom Weißen Ring machte insbesondere auf die angebotene Beratung von Betroffenen aufmerksam.

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