Bergstraße. Alexander Sobczak hat sich ein E-Bike gekauft, denn er traut dem Ersatzverkehr der Deutschen Bahn nicht. Wie sein Kollege Harald Grön muss er auf den Luzenberg in Mannheim pendeln. Am Infomobil in Biblis erfahren die beiden Nordheimer, wie das ab Mitte Juli funktioniert, wenn die Riedbahn wegen der Generalsanierung gesperrt ist. „Ärgerlich ist halt, dass der Ersatzbus am Wendehammer Am Kreuz hält – statt am Park- and-Ride-Parkplatz, wo man das Auto abstellen kann“, sagt Grön. Am Wendehammer gebe es keine Parkmöglichkeiten. „Dafür fährt aber ja der neue Ringbus alle 15 Minuten“, erklären ihnen die freundlichen Mitarbeiter der Deutschen Bahn (DB).
Tatsächlich hat die Bahn den Biblisern mehr zu bieten als bei der dreiwöchigen Sperrung im Januar: „Der Ringbus fährt alle 15 Minuten und hält an sechs Stellen – auch zum Umsteigen in den Ersatzverkehr am Wendehammer“, erklärt DB-Mann Benjamin Schmidt. Für manche sei das sehr praktisch. Er hatte kurz zuvor mit einem Jugendlichen gesprochen, der nach Gernsheim ans Gymnasium muss – bislang mit der Bahn. Zwar brauche der Bus ein paar Minuten länger, aber dafür halte er direkt vor der Schule. Der Gymnasiast spare sich den Weg zu Fuß vom Bahnhof.
So optimal laufe es natürlich nicht für alle Pendler, gibt Schmidt zu. Wer jetzt in den Sommerferien zum Beispiel an den Flughafen nach Frankfurt wolle, könne aber mit dem Bus nach Mannheim und dort in den direkten Zubringer steigen oder von Biblis mit dem Bus nach Goddelau und dort in den Ersatzverkehr nach Frankfurt wechseln. „In der App DB Navigator sind die Verbindungen bereits drin, da kann man sich am besten informieren“, rät Schmidt.
Sobczak und Grön haben die App längst heruntergeladen. „Die brauchen wir sowieso schon jetzt wegen der Pünktlichkeit“, sagen die Männer. So richtig überzeugt wirken sie von den Alternativen zur Riedbahn nicht. „Statt 18 Minuten fahren wir mit dem Ersatzverkehr 40 bis 50 Minuten“, sagt Grön. Und dann müssten sie ja erstmal zum Wendehammer kommen. Dieser Standort sei wegen der großen Gelenkbusse ausgewählt worden, argumentieren die Bahn-Mitarbeiter. „Die kommen auch an anderen Stellen rum“, meint Sobczak kopfschüttelnd. „Wir kennen die Busse – wir bauen sie ja.“ Der Nordheimer zeigt auf seinen Rucksack mit dem Stern von Daimler Benz. Den Ersatzverkehr werden sie wohl nur bei schlechtem Wetter nutzen – oder sogar eine Fahrgemeinschaft mit dem Privatauto bilden – und sonst die 25 Kilometer zum Luzenberg radeln.
Das Ziel, möglichst wenig Pendler zu verlieren, peilt Felix Thielmann an. Er plant den Ersatzverkehr der DB und ist sich bewusst, dass Fahrgäste schwer zurückzugewinnen sind, sollten sie erstmal aufs Auto umgestiegen sein. Deswegen habe man entschieden, komplett neue Wege zu gehen: „Wir bringen 150 Busse selbst auf die Straße, mit eigenen Fahrern, mit großen Gepäckfächern und Toiletten an Bord“, wirbt Thielmann. Im Januar hätten Subunternehmer einen Großteil des Ersatzverkehrs abgedeckt, das ändere sich jetzt – und damit auch die Qualität, hofft er. „Das werden fünf super anspruchsvolle Monate für uns und für die Reisenden“, gibt er zu. Aber am Ende sei diese vielbefahrene Strecke endlich in gutem Zustand. Ohne Sperrung gehe es eben nicht.
Ein Anwohner nickt, er sieht das genauso. „Die Sanierung der Riedbahn ist überfällig, da musste mal was passieren.“ Der Bibliser ist selbst jahrelang nach Frankfurt gependelt und fährt nun nur noch mit dem Deutschlandticket zu Arzt- oder Freizeitterminen mit der Bahn. Bedenken hat er, dass der Ersatzverkehr im Stau stehen bleibt und die Fahrzeiten nicht einhalten kann. „Die Straßen und Autobahnen sind ja jetzt schon voll – wenn dann noch die Pendler aufs eigene Fahrzeug umsteigen und die Busse hinzu kommen?“ Nicht zufrieden ist er zudem mit dem geplanten Lärmschutz in Biblis, denn die neuen Schallschutzwände würden Am Rübgarten nicht entlang der gesamten Straße aufgestellt.
Heike Tandl dagegen reagiert erleichtert, denn sie hat gerade am Infomobil erfahren, dass sich vor ihrer Haustür der Lärmschutz deutlich verbessert. Denn Beim Kreuz wird der Bahnübergang – und auch die Schallschutzwand – geschlossen. „Das ist eine tolle Sache, dafür fahre ich dann auch gerne einen Umweg mit dem Rad, um zum Ersatzverkehr zu kommen“, sagt Tandl. Denn die Unterführung am Bahnhof bleibt gesperrt, weil diese mitsamt der Träger komplett erneuert wird. Übrigens könnten auf den Fliesen der Unterführung bald Gurken zu sehen sein. Laut Benjamin Schmidt suche die DB Bahn für alle Orte nach passenden Motiven. Blaue Ornamente sollen es in Bobstadt werden. „Denn die Baustelle war ja zwischenzeitlich von Grundwasser geflutet, die Betonarbeiten mussten von Industrietauchern aus Holland gemacht werden.“ In Lampertheim denken sie über Spargel-Symbole nach. /ü
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/region-bergstrasse_artikel,-bergstrasse-pendler-im-ried-bleiben-skeptisch-_arid,2220620.html