Lampertheim. Sind die Straßenkatzen endlich sicher bei Martina Kilian untergekommen, ist für die Tiere das Schlimmste überstanden. Wer die Gründerin der Lampertheimer Organisation ProCat besucht, kommt kaum an den zahlreichen Stubentigern vorbei. Flott erklimmt ein Kater den Katzenbaum, eine Mieze aalt sich träge im Korb, ein drittes Tier schnurrt auf dem Sofa.
„Aktuell haben wir Vereinsmitglieder 36 Katzen aufgenommen. Ein Drittel davon lebt hier“, sagt Kilian. Da gerate man schnell an seine Grenzen, fügt sie noch hinzu und zuckt dann kurz mit den Schultern. Dennoch sei es richtig, wild lebende Katzen und ihre Jungen in Obhut zu nehmen, betont die Pädagogin, die in einer Kindertagesstätte arbeitet. Überpopulation, Krankheit, Verwahrlosung: Streunende Katzen sorgen in Lampertheim und in anderen Städten für Probleme. Das traurige Schicksal der Straßenkatzen gilt unter Fachleuten als eines der größten Tierschutzprobleme im Land.
Initiative ProCat: Immer mehr Arbeit für die Lampertheimer Katzenschützer
Ohne menschliche Hilfe könnten viele Tiere kaum überleben, wie es vom Deutschen Tierschutzbund heißt. Deshalb setzt sich die von Kilian gegründete Organisation ProCat seit mehr als zwei Jahren für die Rettung und Vermittlung der in Not geratenen Katzen ein. Allein 2024 habe man 65 Tiere vermittelt. „Wir haben heute viel mehr Arbeit, als in den Anfangstagen“, sagt Kilian, die auch Erste Vorsitzende des Vereins ist.
Kastration
- Kastration oder Sterilisation? Das sorgt oft für Verwirrung: Bei beiden Geschlechtern sollte eine Kastration vorgenommen werden, Eierstöcke oder Hoden werden vollständig entfernt.
- Bei einer Sterilisation werden die Samen- oder die Eileiter lediglich durchtrennt, die Eierstöcke oder Hoden bleiben erhalten. Hier würden also weiterhin Hormone produziert.
- Tierärzte empfehlen, mit der Kastration bis nach der ersten Rolligkeit zu warten. wol
Da die Initiative mittlerweile bekannt sei, erhalte ProCat zwangsläufig mehr Hinweise, gibt die 64 Jahre alte Tierschützerin zu bedenken. Die kleine Organisation zählt mittlerweile mehr als 50 Mitglieder, die engagiert gegen das Tierleid ankämpfen. Etwa holen sie die tragenden Katzen von der Straße, nehmen sie während der Geburt auf und lassen die Tiere später kastrieren. Die jungen Stubentiger werden geimpft und unter bestimmten Bedingungen weitervermittelt.
Lampertheimer Katzenschützer: Eine Frage „ethischer Verantwortung“
Mitglieder von ProCat, wie beispielsweise Betül Eitner, legen außerdem Futterstellen an und lassen kranke Katzen ärztlich versorgen. Wie in anderen Städten, so gibt es auch in Lampertheim eine Katzenschutzverordnung, um die Population der Streuner zu kontrollieren. Sowohl Kastration als auch Kennzeichnung von Katzen sind daher seit 2019 verpflichtend. Die Stadt übernimmt auch die Kosten für die Kastrationen wild lebender Katzen und wird vom Verein ProCat ehrenamtlich unterstützt. Im vergangenen Jahr hat das Stadtparlament die Verordnung um weitere fünf Jahre verlängert. ProCat befürwortet eine konsequente Kastration von Streunern und Hauskatzen. Nur so lasse sich das fortgesetzte Leid der Straßenkatzen mindern.
Am Ende sei es eine Frage „ethischer Verantwortung“. Das klingt nicht nur ambitioniert, in der Praxis ist die Arbeit der ehrenamtlichen Tierschützer tatsächlich anspruchsvoll. So legen sich beispielsweise Kilian und Eitner abends gemeinsam auf die Lauer, fangen die Tiere mit einer Falle und lassen sie schließlich kastrieren. Solche Aktionen sind zeitraubend. „Seit Tagen versuchen wir, eine bestimmte Katze zu fangen. Das Tier ist aber so gewitzt, dass die aufgestellte Lebendfalle bisher leer geblieben ist“, sagt Betül Eitner. Am Ende lohne sich aber der Aufwand. So stelle man an manchen früheren Brennpunkt fest, dass dort heute weniger Freigänger auf Samtpfoten unterwegs sind. „Ja, es gibt sie, die kleinen Erfolge“, sagt Martina Kilian.
Mitglieder von Lampertheimer Initiative ProCat sind nachts mit der Lebendfalle unterwegs
Trotz des großen Engagements wirke es manchmal so, als wäre der Kampf um den Tierschutz ein aussichtsloses Unterfangen. Ein Problem sei es, dass auch viele Hauskatzen nicht kastriert sind und sich die Population auch deswegen weiterhin unkontrolliert erhöhe. Seit Monaten kümmern sich die Katzenschützer beispielsweise um dutzende Tiere, die in einem Lampertheimer Industriegebiet leben. „Wir versorgen die Katzen mit Futter und Wasser.“ Immerhin, gespendetes Futter sei zurzeit ausreichend vorhanden.
Auch im Lampertheimer Tierheim sind aktuell Katzen in zweistelliger Anzahl untergebracht. Wie bei ProCat, so sorgen auch Helfer dieser Einrichtung dafür, dass die Tiere kastriert werden.
Lässt sich die Population also nach und nach stoppen? Heimleiterin Annekatrin Geyer ist skeptisch. „Viele Katzenhalter versäumen es, ihre Tiere kastrieren zu lassen.“ Das sei verantwortungslos und trage seinerseits zur Überpopulation bei. Offensichtlich seien viele Besitzer zu bequem, um Verantwortung zu übernehmen. Daran habe bisher auch die Katzenschutzverordnung nichts ändern können.
Mehr Informationen gibt es unter www.procat-katzenhilfe.de
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