Nachruf

Nikolaus Schilling, Publikumsliebling der Heppenheimer Festspiele, mit 98 Jahren gestorben

Von 
Hans-Joachim Holdefehr
Lesedauer: 
Nikolaus Schilling 2011 in seinem Programm „Gereimtes und Ungereimtes“ auf der Bühne der Heppenheimer Festspiele. Es war dies auch nach fast 40 Jahren sein Abschied vom „Theater im Hof“. © Dietmar Funck

Bergstraße. Er war über Jahrzehnte hinweg neben Walter Renneisen und Inge Rassaerts der Publikumsliebling schlechthin bei den Heppenheimer Festspielen; lange Zeit lebte er auch im Heppenheimer Stadtteil Kirschhausen. Jetzt ist der Schauspieler Nikolaus Schilling im Alter von 98 Jahren gestorben. Er sei „friedlich eingeschlafen und ins Licht gegangen“, teilte Schillings Tochter am Dienstag der Redaktion dieser Zeitung mit.

Kennengelernt hatten sich Nikolaus Schilling und Hans Richter 1974 bei einer Fernsehproduktion in München. Richter hatte gerade die ersten Festspiele in Heppenheim veranstaltet. Ein Jahr darauf spielte Schilling dort den dünnen Vetter im „Jedermann“. Seiner Premiere in der Kreisstadt folgten fast vier Jahrzehnte im „Theater im Hof“, bis Schilling 2011 in Heppenheim seinen Abschied nahm.

Bundesweit bekannt wurde Nikolaus Schilling daneben – nicht zuletzt durch sein unverwechselbares Äußeres – durch Rollen in etwa 50 TV- und Kino-Produktionen, beispielsweise in den beiden Loriot-Filmen „Ödipussi“ und „Papa ante Portas“. Doch seine Liebe galt wegen des direkten Kontakts zum Publikum dem Theater – und vor allem der Bergsträßer Kreisstadt: „Mir hat Heppenheim immer besser gefallen, das Flair dieser Kleinstadt und der Odenwald“, sagte er im Rückblick anlässlich seines 90. Geburtstages. 1990 zog Schilling nach Heppenheim, wohnte vier Jahre in Kirschhausen und anschließend am Steinkopf unterhalb der Weinberge. Später, als er sich längst in den Ruhestand zurückgezogen hatte, schwärmte er noch immer von Heppenheim: Der Marktplatz und die Altstadt mit ihren zahlreichen Lokalen fehlten ihm.

Geboren wurde Nikolaus Schilling 1923 in Detmold. Schon früh habe er Schauspieler werden wollen, berichtete er Jahrzehnte danach, „aber eigentlich Koch in einem Zeppelin“. Von 1947 bis 1949 besuchte Schilling die Schauspielschule; noch im Abschlussjahr debütierte er auf der Bühne des Deutschen Theaters in Göttingen. Ein Jahr später, 1950, startete seine Leinwand-Karriere mit zwei kleinen Szenen in dem damals sehr erfolgreichen Film „Dr. med. Hiob Praetorius“ von Curt Goetz.

Zwar übernahm Schilling in seiner langen Laufbahn auch ernste Rollen; sein eigentliches Metier aber war das Komische, Komödiantische, oft leicht Skurrile. Unterwegs war er auch als Rezitator: In seinen Solo-Programmen trug er Gedichte von Eugen Roth, Wilhelm Busch oder Joachim Ringelnatz vor.

Walter Renneisen würdigte seinen Kollegen einmal mit den Worten: „Niko hat einen wahnsinnigen Humor. Er ist ein Komiker, das Publikum hat ihn geliebt. Er hatte eine Physiognomie, die wunderbar war, der Wiedererkennungswert war eindeutig. Deshalb hat er ja auch in den Filmen von Loriot mitgemacht.“ Schillings Festspiel-Mitstreiterin Inge Rassaerts bestätigte: „Er war unglaublich witzig, und er war ein begeisterter Heppenheimer. Alle Leute haben ihn geliebt.“

2009 zog es Schilling zurück in seine alte Heimat ins niedersächsische Holzminden. Immer mehr zu schaffen machte ihm schon zu dieser Zeit vor allem seine stark nachlassende Sehfähigkeit. Lesen sei für ihn nur noch mit Vergrößerungshilfe möglich, und zum Fernsehen müsse er sich ganz nahe an den Bildschirm setzen, berichtete er 2013 bei einem Besuch in Heppenheim.

Im Pflegeheim „Residenz zur Weserbrücke“ in Holzminden, seinem Wohnort seit längerer Zeit, ist Nikolaus Schilling nun gestorben.

Ehemalige Mitarbeit Hans-Joachim Holdefehr ist Redakteur beim Bergsträßer Anzeiger.

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger