Landwirtschaft

Nicht nur die Petersilie auf diesem Feld im Ried braucht eine kräftige Dusche

In diesem Hitzesommer laufen die Beregnungsanlagen im Ried auf Hochtouren – für die Bauern ein teurer Spaß

Von 
Sandra Bollmann
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Meterhohe Wasserfontänen als Retter in der Not. © Berno Nix/sm

Bergstraße. Wasser marsch, heißt es zurzeit auf vielen Feldern in der Region: Die Beregnungsanlagen laufen auf Hochtouren, vor allem in den Vormittags- und Abendstunden sind die riesigen Fontänen weithin zu sehen. Wegen der andauernden Trockenheit müssen Weizen, Mais und Co. künstlich bewässert werden. Eine aufwendige, vor allem aber teure Angelegenheit für die Landwirte in der Region – dazu einige Fragen und Antworten.

Dürfen die Bauern denn so viel wässern, wie sie wollen?

Ganz im Gegenteil: Die Menge ist streng begrenzt, erläutert Hubert Schreiber vom Beregnungsverband, der zum Wasserverband Hessisches Ried (WHR) gehört. Auf sieben Jahre gesehen dürfen jeden Sommer im Schnitt zwei Millionen Liter entnommen werden, höchstens aber 3,1 Millionen Liter. „Wird in einem Jahr die Höchstmenge verbraucht, muss in den folgenden Jahren gespart werden“, erläutert er. Auch die Verteilung unter den Landwirten ist genau festgelegt nach Größe und Lage der Fläche: Jeder soll die Menge erhalten, die er braucht.

Woher kommt das Wasser für die Beregnung?

Weiter nördlich im Ried speist sich die Beregnung aus aufbereitetem Rheinwasser. Rund um Bürstadt und Lampertheim läuft die Versorgung über neun Tiefbrunnen, die das Grundwasser anzapfen. „Diese Lösung ist historisch gewachsen“, macht Schreiber deutlich. Trockenjahre habe es schon in den 1970ern und 90ern gegeben, zwischendurch hatte es dann wieder so viel geregnet, dass Äcker unter Wasser standen. Also nutzten die Bauern schon vor Jahren eigene Brunnen, um ihre Felder zu versorgen.

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Warum ist die Fördermenge so streng begrenzt?

Außer den Landwirten nutzen noch viele andere Menschen das Bürstädter Grundwasser. Der Wormser Energieversorger EWR betreibt das Wasserwerk im Wald und beliefert damit Bürstadt, Lampertheim und einen großen Teil von Worms, teilt das Regierungspräsidium Darmstadt mit. Auch wenn der Bedarf angesichts des Klimawandels weiter wächst, kann die Fördermenge nicht einfach erhöht werden. „Die Ressourcen sind begrenzt“, macht Hubert Schreiber vom Beregnungsverband deutlich. Die Vorgabe „Naturverträglichkeit“ setzt enge Grenzen.

Reicht die Bewässerung bei diesem heißen Wetter aus?

Vor allem für Flachwurzler wie Getreide ist die Situation angespannt. Zumal das Wasser aus der Beregnung nie so gleichmäßig die Erde durchfeuchtet wie ein ausdauernder Regen, gibt Landwirt Thorsten Reski zu bedenken. Er baut in Riedrode vor allem Lauch, aber auch Karotten und Rhabarber an. „Ich komme über die Runden“, sagt er. Was zu viel Wasser braucht, hat er bereits reduziert. Und Lauch ist nicht ganz so durstig wie andere Gemüsesorten. Allerdings leiden auch die Zwiebelgewächse bei Temperaturen von 35 Grad und mehr. Schädlinge haben dann leichtes Spiel, seufzt Reski.

Haben die Schauer der vergangenen Wochen etwas gebracht?

So gut wie nichts, lautet Reskis Antwort. „Auch wenn die Straße mal nass ist, verdampft die Feuchtigkeit sofort wieder.“ Nicht einmal Gewittergüsse mit vier bis fünf Liter Regen hätten spürbare Auswirkungen. Also hofft er auf einen richtig schönen Landregen. Der ist aber erst mal nicht in Sicht. Umso mehr ist der Landwirt froh, dass er seine Felder trotzdem wässern kann. „Zum Glück haben wir hier diese Möglichkeit.“

Lange Tradition

Das Gießen hat im niederschlagsarmen Ried eine lange Tradition. Mit der Trinkwasserentnahme für das Rhein-Main-Gebiet sank das Grundwasser stark ab. Seitdem wird aufbereitetes Rheinwasser infiltriert.

Seit über 60 Jahren arbeiten die Landwirte im Ried in Sachen Bewässerung zusammen, zunächst im Hofheimer Beregnungsverband, der dann immer weiter gewachsen ist.

Seit 2015 ist der Beregnungsverband Hessisches Ried zuständig, der zum Wasserverband Hessisches Ried (WHR) in Biebesheim gehört. sbo/sm

Was passiert, wenn die Sommer noch trockener werden?

„Man muss sich anpassen“, sagt Andreas List, Spargelbauer in der Bürstädter Gärtnersiedlung und Vorstandsmitglied des Beregnungsverbands Hessisches Ried. Er sieht die Situation allerdings noch nicht allzu dramatisch. „2018 war es auch so heiß und so trocken.“ Das müsse sich aber nicht durchgehend so fortsetzen. Für seinen Spargel ist die aktuelle Dürre noch nicht bedrohlich, davon ist er fest überzeugt. Die Pflanzen verfügen über weitreichende Wurzeln und holen Feuchtigkeit aus tieferen Erdschichten. „Da geht noch ein bisschen was“, meint List. Für die Kollegen mit Weizen und Roggen werde es dagegen deutlich schwerer, gute Erträge zu erzielen. Die trockene Hitze könne durchaus einen Teil der Ernte kosten.

Kann auf den Äckern Wasser gespart werden?

„Sie können davon ausgehen, dass jeder Wassergang gut überlegt ist“, macht Andreas List klar. Die Beregnung ist angesichts der enorm gestiegenen Energiepreise ein teurer Spaß. Die Pumpen auf den Feldern werden mit Diesel betrieben, die Tiefbrunnenanlage mit Strom. „Die Kosten haben sich inzwischen verdoppelt“, macht List deutlich. Also wird die Bodenfeuchte genau ermittelt, bevor gegossen wird. In der prallen Mittagshitze gieße ohnehin kaum jemand, weil dann die Verdunstung viel zu groß wäre. Tatsächlich sind die Fontänen meist morgens und am späten Abend zu sehen. „Manche setzen auch auf Tropfbewässerung, so kommt das Wasser direkter bei den Wurzeln an.“

Und wie sieht die Zukunft für die Landwirtschaft aus?

„Ich halte nichts davon, allzu schwarz zu sehen“, winkt Andreas List ab. Im vergangenen Jahr musste er so gut wie gar nicht beregnen. Und auch sein Nachbar in Riedrode, Thorsten Reski, hat 2021 nur die Hälfte der Wassermenge benötigt, die ihm zur Verfügung steht. „Was sollen wir machen, wir sind eben vom Wetter abhängig“, sagt Reski. Hubert Schreiber von Beregnungsverband bringt noch eine andere Idee ins Gespräch: Weiter nördlich wird mit aufbereitetem Rheinwasser beregnet. Über so eine Lösung könnte man auch fürs Ried nachdenken. Angesichts des zurzeit extrem niedrigen Rheinpegels erscheint das allerdings eher unwahrscheinlich. /sm

Redaktion Redakteurin "Südhessen Morgen", Schwerpunkt Bürstadt

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