Bergstraße. Beinahe bis um das gesamte Gebäude herum reichte gestern die Warteschlange am COVID-Koordinierungscenter in Heppenheim. Geduldig standen die Betroffenen an – allerdings auch mit vielen offenen Fragen. Allem voran, ob sie überhaupt noch an diesem Tag an die Reihe kommen.
„Wir stehen jetzt seit etwa einer Stunde hier“, berichten zwei Männer und eine Frau, für die der Test inzwischen immerhin in greifbare Nähe gerückt ist. Das ist längst nicht bei allen der Fall, denn je weiter man sich entlang der Reihe vom Eingang des Testcenters entfernt, desto mehr schwindet auch die Zuversicht der Menschen, dass das mit dem Test noch klappt. Familien mit kleinen Kindern, die versuchen, sich die Wartezeit mit Gesprächen und Leckereien vom Bäcker zu verkürzen, warten zusammen mit älteren Menschen, denen das lange Stehen besonders zu schaffen macht. Kaum merklich geht es voran.
Entlang der parkenden Autos stehen die Wartenden mit Abstand und Maske und unterhalten sich teilweise mit- und untereinander. „Ich habe eigentlich einen Termin um 11 Uhr vereinbart“, berichtet eine verärgerte Dame, die um kurz vor 11 noch ganz hinten in der Schlange steht. Gerade angekommen fragt sich einer der Betroffenen, ob er hier überhaupt richtig steht und ob es nicht vielleicht doch noch eine zweite Schlange für die Menschen gibt, die an diesem Tag auf jeden Fall getestet werden sollten. Eine Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes nimmt zwischendurch in voller Schutz-Montur die Daten derjenigen Wartenden auf, die sich ganz langsam dem Eingang nähern und daher noch mit großer Wahrscheinlichkeit an diesem Tag an die Reihe kommen können. Denn sicher sagen könne man nicht, ob alle Wartenden in den kommenden Stunden getestet werden, so die Mitarbeiterin.
Viel zu viele Leute zugelassen
Dann bewahrheitet sich – wie bereits am vergangenen Freitag – bei einigen Wartenden die schlimmste Befürchtung: Sie stehen umsonst seit Stunden an. „Wir sind jetzt seit über drei Stunden hier und dann wurde uns plötzlich gesagt, dass wir nicht auf der Test-Liste stehen“, berichtet ein Betroffener. „Der Freund unserer Tochter hat Corona und wir wurden gestern um 9 Uhr von einer Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes angerufen und in Quarantäne gesetzt.“ Und das mit der Aufforderung, direkt am Folgetag ab 9 Uhr am Testcenter zu erscheinen. „Außerdem hätte ich eine E-Mail bekommen sollen, die allerdings nie ankam.“ Und mit seinen Problemen sei er kein Einzelfall, wie der Mann aus Gesprächen mit anderen Wartenden weiß: „Ich habe zum Beispiel mit einer Frau gesprochen, die sogar schon zum zweiten Mal vor Ort zurückgewiesen wurde“, betont er. Diesmal auch bei der Datenüberprüfung, beim Mal davor mit der Begründung, dass die Teststäbchen leer seien. Wieder kommen und noch einmal anstellen kommt für den Betroffenen und seine Familie nicht in Frage: „Wir lassen uns von einem Hausarzt testen.“ Traurig, trotz der vielen Arbeit bedingt durch die aktuell hohen Fallzahlen, ergänzt er, denn Corona sei inzwischen immerhin seit Monaten präsent. Neben den Problemen in Sachen Organisation und Kommunikation beklagten einige Bergsträßer die Wartebedingungen vor dem Heppenheimer Corona-Testcenter: Im Sommer machte ihnen die Hitze ohne Überdachung zu schaffen, jetzt sind Niederschläge und Kälte problematisch. „Heute hatten wir zwar Glück, aber es muss eine Lösung her.“
Matthias Roth, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen meldete am späten Abend den Grund für die extrem langen Wartezeiten: „Das Gesundheitsamt hat trotz der vereinbarten Regulierung auf 12 Personen pro Stunde fünfmal so viele Patienten vorab zugelassen und sich dafür auch entschuldigt. Obwohl 20 bis 25 Personen pro Stunde getestet werden können, lassen wir normal noch Luft für diejenigen, die an dem Tag dazu kommen, um solche Probleme zu vermeiden.“ Darüber, dass es zu Engpässen bei Teststäbchen gekommen sei, liegen der Pressestelle keine Infos vor. Das Gesundheitsamt sei vorab dafür zuständig, Informationen weiterzugeben, vor Ort gebe es dafür jedoch noch keine klare Lösung, so der Pressesprecher.
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