Bergstraße. Der Dentaltechnikkonzern Dentsply Sirona – mit seinem großen Standort in Bensheim – weist für das Geschäftsquartal, das im September endete, voraussichtlich eine Milliardenabschreibung aus. Details wurden in einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht zum Ausblick auf vorläufige Zahlen nicht genannt. Genaueres dürfte im nächsten Quartalsbericht stehen.
Ausschlaggebend waren der Börsen-Mitteilung zufolge Abschreibungen von Firmenwerten und immateriellen Vermögenswerten in der Größenordnung von 1 bis 1,3 Milliarden Dollar, die nicht zahlungswirksam sind. Dies sei in erster Linie auf makroökonomische Faktoren wie höhere Kapitalkosten, Kosteninflation, ungünstige Währungseinflüsse und gestiegene Kosten in der Lieferkette zurückzuführen. Was wiederum zu geringeren Umsatzprognosen, niedrigeren operativen Margen und geringeren Erwartungen für künftige Cashflows beitrage.
Auf vorläufiger Basis erwartet der Konzern für das dritte Quartal 2022 im operativen Geschäft einen Umsatz von rund 947 Millionen Dollar, ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert. Als Gründe werden der Gegenwind durch Wechselkurse, Herausforderungen in der Lieferkette sowie schwächere Geschäfte in den USA und China aufgeführt. Auch im vierten Quartal wird mit währungs- und nachfragebedingten Rückgängen gerechnet.
An der Börse reagierte der Aktienkurs auf die Nachrichten mit einem Minus von mehr als zehn Prozent auf unter 27 Dollar, einem Zehnjahrestief, und erholte sich anschließend nur wenig. Anfang des Jahres notierte die Aktie noch bei rund 56 Dollar.
Ebenfalls der Börsenaufsicht mitgeteilt wurden Missstände unter dem einstigen Führungsteam. Schon früher war von Unregelmäßigkeiten und mutmaßlichen Manipulationen im Zusammenhang mit der Ausweisung von Umsätzen und Gewinnen für das Jahr 2021 aufgetaucht (der BA berichtete).
Nun heißt es in der Mitteilung, dass Händlern in Nordamerika Anreize wie verlängerte Zahlungsziele geboten wurden, um Produkte zu kaufen. Damit konnte Sirona Umsatzziele, die es Aktionären und Analysten avisierte, erreichen. Die vorgezogenen Umsätze (im niedrigen zweistelligen Millionen-Dollar-Bereich) füllten die Lager der Händler und fehlten dann in den folgenden Quartalen. Auch von falscher Bilanzierung im Zusammenhang mit Rückstellungen und variablen Vergütungen ist zu lesen.
In China wurden im historischen Vergleich im Jahr 2021 übermäßig viele Produkte zurückgegeben, obwohl das laut Vertriebsvereinbarungen mit Händlern nicht sein sollte. Führenden Managern der Asien-Pazifik-Handelsorganisation wird in einer internen Untersuchung vorsätzliches Fehlverhalten attestiert. Auch ist die Rede von unzureichenden Informationen für die Führung korrekter Bücher.
Doch nicht nur im Geschäft gab es Missstände. Frühere Vorstände haben „eine Kultur geschaffen, in der die Mitarbeiter sich nicht wohl fühlten, Bedenken zu äußern, ohne Vergeltungsmaßnahmen befürchten zu müssen“, heißt es weiter und auch der Umgangston der einstigen Chefs sei „unangemessen gewesen“. Sirona-Vorstandschef Don Casey musste im April dieses Jahres schnell gehen. Finanzvorstand Jorge Gomez heuerte zur gleichen Zeit beim Impfstoffhersteller Moderna an, war dort aber nur wenige Tage. Die Personalien fielen in die Zeit der Aufdeckung der Missstände.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/region-bergstrasse_artikel,-bergstrasse-milliardenabschreibung-und-missstaende-bei-dentsply-sirona-in-den-usa-_arid,2016513.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html