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Mehr als 174 000 Mal wurde in diesem Jahr der Notruf gewählt

Landrat Christian Engelhardt und Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz besuchten an Heiligabend die Leitstelle Bergstraße und informierten sich vor Ort über die Bilanz 2023.

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Thomas Tritsch
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Weihnachtsbesuch bei der Leitstelle Bergstraße: Markus Stracke (r.) und Jens Hake (M.) sowie Luisa Schlaugat (2.v.r.) informierten Landrat Christian Engelhardt und Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz über ihre Arbeit an den Feiertagen und im ablaufenden Jahr. © Thomas Zelinger

Bergstraße. Im dritten Stock an der Heppenheimer Werléstraße sind 25 Mitarbeiter pausenlos bereit, um Notrufe entgegenzunehmen und diese schnell mit den Rettungsdiensten und Krankenhäusern in der Region zu koordinieren. 24 Stunden am Tag, an sieben Tage in der Woche. Auch an Weihnachten und anderen Feiertagen. So regelmäßig wie die Bescherung zu Heiligabend ist der alljährliche Besuch des Landrats am 24. Dezember. Am Sonntag war Christian Engelhardt mit seiner Ersten Kreisbeigeordneten und Gesundheitsdezernentin Diana Stolz erneut auf Visite in Krankenhäusern, Polizeidienststellen und – zum Abschluss – in der Leitstelle Bergstraße, wo alle Fäden zusammenlaufen.

Die Telefone sind auch an Weihnachten durchweg besetzt. Gespeist von einem Team, das in verschiedenen Schichten und Konstellationen ständig vor Ort ist. Und das Telefon klingelt oft. Mehr als 174 000 Mal in diesem Jahr. Der Notruf wurde rund 10 000 Mal häufiger angewählt als im Jahr davor. Dennoch war die Anzahl der gesamten Einsätze bislang mit knapp 64 000 Fällen leicht rückläufig. Die Kluft erklärt sich unter anderem damit, dass nicht jeder Anruf ein Notfall ist – und die Leitstelle auch dann angewählt wird, wenn es nicht um Leben oder Tod geht. Dies führt häufig zu sogenannten Fehlfahrten, was nicht nur logistisch ärgerlich ist, sondern auch die Kosten des Gesundheitssystems unnötig belaste, so der Landrat. Der Ärztliche Bereitschaftsdienst wäre dann die bessere Nummer, betont Markus Stracke, stellvertretender Leiter der Abteilung Gefahrenabwehr. Dessen kostenfreie, bundesweit gültige Rufnummer lautet 116117.

112 nur für dringende Fällen

Die Telefonnummer 112 sollte hingegen für dringende Fälle reserviert sein. Am anderen Ende der Leitung sitzt immer jemand, der die nächstgelegenen Rettungsdienste oder Feuerwehren alarmiert und zum entsprechenden Einsatzort schickt. Die Leitstelle ist eine technisch hoch ausgestattete Schaltzentrale, in der versierte Köpfe an bis zu sieben Computerbildschirmen alles im Blick und im Griff haben. Sie können schnellstmöglich Personendaten aufnehmen und Notfälle an die zuständigen Einsatzkräfte weiterleiten. Und die Frauen und Männer wissen jederzeit außerdem, wo die verfügbaren Rettungsfahrzeuge gerade unterwegs sind und wie lange sie zum Einsatzort brauchen. Sie sprechen mit Betroffenen und Angehörigen und wissen genau, in welcher Klinik noch Kapazitäten verfügbar sind.

Durch die nach wie vor hohe Auslastung der Krankenhäuser und den starken Frequenzen in der Notaufnahme ist die Situation auch nach Abklingen der Pandemie noch immer angespannt. Mit der Folge, dass die Krankentransporte im Durchschnitt länger dauern. Laut Stracke sind die Fahrzeuge häufig auch weit außerhalb des Kreisgebiets unterwegs, um Patienten dorthin zu bringen, wo sie individuell und optimal versorgt werden können.

Die Leitstelle war auch am Sonntag lückenlos besetzt. Anders als sonst waren nur der Christbaum und die süßen Leckereien darunter. Früh- und Spätschicht waren mit jeweils vier Mitarbeitern besetzt, in der nicht immer stillen Nacht sorgten zwei weitere Kollegen für eine flotte und kompetente Kommunikation in alle Richtungen. Die Abteilung sei in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut und verstärkt worden, so Markus Stracke. Durch andere Strukturen im Haus habe man auch die „falschen Notrufe“ schnell in die richtige Richtung umleiten können und ihre negativen Konsequenzen einigermaßen abfedern können.

Christian Engelhardt lobte die Arbeit der Mitarbeiter. Vor Ort leiste man elementare Arbeit zum Wohle der Menschen, und das nicht nur während der Feiertage. Seinen Besuch versteht er als Anerkennung für alle, die über die Feiertage und „zwischen den Jahren“ vor den Bildschirmen sitzen und für eine schnelle Hilfe sorgen. Darauf wollte er auch in diesem Jahr nicht verzichten, so der Landrat, der während der Pandemie auf Abstecher in Krankenhäuser verzichtet hatte. „Für diese Menschen bedeutet der Beruf eine Berufung“, so Diana Stolz.

Engelhardt verwies auf die permanente Verbesserung der Konzepte im Rettungsdienst und im Katastrophenschutz. Hier wurden zuletzt 50 Mitarbeiter der Kreisverwaltung fachlich weitergebildet, in der Leitstelle selbst habe man einen neuen Stab für besondere Einsatzlagen installiert. Perspektivisch kündigte Engelhardt den Ausbau des Bereichs Telemedizin aus.

„Gefahrenabwehr ist eine Kernaufgabe des Staats“, sagte Christian Engelhardt. Der Landkreis sei hier vorbildlich und zukunftsfähig aufgestellt. In der Leistelle werden außerdem junge Menschen für diese Arbeit ausgebildet. Für die Kreisspitze besonders wichtig, denn der Fachkräftemangel hat längst auch dieses Genre erreicht, wie Fachbereichsleiter Jens Hake bestätigt. Markus Stracke bezeichnet die personelle Situation als eines der derzeit größten Probleme in der Rettungs-Architektur – nicht nur für den Kreis Bergstraße als Träger des Systems, sondern auch für die klassischen Hilfsorganisationen, die 24 Stunden für die Menschen unterwegs sind. Da die Zahl der Einsätze weiter steigen dürfte, werde sich auch der Bedarf an Rettungskräften nicht verringern, heißt es aus der Leitstellenspitze. Berufe in diesem Umfeld sind nicht nur psychisch, sondern auch körperlich sehr fordernd.

Häufig unnötige Einsätze

Viel Frustration entsteht auch dadurch, dass junge Notfallsanitäter häufig zu Einsätzen ausrücken müssen, die keine Notfälle sind. Dazu gehören Fälle, bei denen Patienten selbst nicht richtig einschätzen, ob ein Notfall vorliegt. Eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit, wann der Rettungsdienst zu alarmieren ist und wann nicht, ist auch für Markus Stracke äußerst wünschenswert. Dies komme nicht nur jenen zu Gute, die wirklich ganz dringend professionelle Hilfe benötigen, sondern auch denen, die sie anbieten. An Weihnachten wie an allen anderen Tagen des Jahres.

Katretter-App

Das Ersthelfer-Alarmierungssystem „Katretter-App“ hat sich nach Angaben von Landrat Christian Engelhardt sich im Kreis Bergstraße in diesem Jahr gut etabliert und als äußert effektiv und sinnvoll erwiesen.

Damit können Freiwillige alarmiert werden, die zufällig in der Nähe von Menschen in Not sind und sich eine Herzdruckmassage zutrauen.

Immer dann, wenn ein Notruf eingeht und ein Herz-Kreislauf-Stillstand vermutet wird, schickt die Leitstelle nicht nur einen Rettungswagen und einen Notarzt los: Die Daten werden gleichzeitig auf die App übertragen.

Ersthelfer, die für die App registriert sind und sich in der Nähe des Einsatzortes befinden, erhalten eine Alarmierung auf ihre Handys und können so schnell helfen. Und zwar noch bevor der Rettungsdienst eintrifft. tr

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