Kreistag

Landrat kritisiert Gerüchte rund um die Atommüll-Endlagersuche

Landrat Christian Engelhardt äußerte sich zu den Gerüchten, die einen Zusammenhang zwischen der Endlagersache und dem Geolab-Projekt vermuten.

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Jörg Keller
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Die Geolab-Erkundungsbohrungen auf der Tromm haben nichts mit der Suche nach einem Atommüll-Endlager zu tun. © Fritz Kopetzky

Bergstraße. Nach Einschätzung von Landrat Christian Engelhardt wird es am Ende der bundesweiten Suche keine Endlagerstätte für Atommüll im Kreis Bergstraße geben. Die Region sei zu dicht besiedelt und der Kreis leiste mit dem Zwischenlager am ehemaligen Kernkraftwerkstandort in Biblis einen ausreichend großen Beitrag zur späteren Entsorgung der radioaktiven Abfälle. In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass ein sich von einer gedachten Linie Lindenfels-Heppenheim Richtung Süden erstreckendes Gebiet die ersten beiden Hürden bei der Prüfung durch die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) genommen hat. Das hatte bei Bürgern und Politikern in der Region für Aufregung gesorgt. Unter anderem hatten sich die Freien Wähler Kreis Bergstraße und die Bürger für Bensheim in Pressemitteilungen dagegen ausgesprochen, den unter anderem das Weschnitztal einschließenden Bereich weiter als Standort in Betracht zu ziehen.

„25 Prozent der Fläche Deutschlands sind noch im Verfahren“

Christian Engelhardt nutzte jetzt die obligatorischen Mitteilungen der Verwaltungsspitze zu Beginn der Kreistagssitzung am Montag, um den Sachstand einzuordnen. „Nach den neuesten Sicherheitsuntersuchungen sind noch etwa 25 Prozent der Fläche Deutschlands im Verfahren“, betonte er. Dass die Odenwald-Region zwischen Heppenheim und Leimen dazu gehört, liege an den geologischen Voraussetzungen. Die BGE prüft verschiedene Wirtsgesteine wie Ton, Salz und Kristallin und bewertet, ob diese den radioaktiven Müll für Millionen von Jahren sicher einschließen können. „Die Auswahl erfolgt nach strengen wissenschaftlichen Kriterien und in mehreren Prüfschritten. Nur Gebiete, die alle Hürden überwinden, kommen in die engere Auswahl für die nächste Phase“, so Engelhardt. Im Weschnitztal hat man es mit einem speziellen Gesteinskomplex zu tun, dem Weschnitz-Pluton. „Das granitartige Gestein gilt als besonders hart und zäh, was aus Sicht der Geologen eine nähere Untersuchung im Zuge der Endlagersuche rechtfertigt“, erläuterte der Landrat.

In einem nächsten Schritt sollen voraussichtlich ab frühestens 2028 übertägige Erkundungen stattfinden. Erneut lege dann der Gesetzgeber fest, welche Standorte untertägig erkundet werden sollen. An dieser Stelle sei auch eine gerichtliche Überprüfung vor dem Bundesverwaltungsgericht möglich, so Engelhardt. Am Ende entscheide der Bundestag über den finalen Standort. Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) und die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) haben Beschleunigungsvorschläge für das Standortauswahlverfahren unterbreitet, heißt es in einer Stellungnahme der BASE-Pressestelle an diese Redaktion. Die Benennung eines Endlagerstandortes steht demnach 2050 in Aussicht. Das BASE drängt nach eigenen Angaben darauf, dass Mitte des Jahrhunderts ein Standort feststeht. Nach Einschätzung des Landrats handelt es sich um ein „ambitioniertes Ziel“.

„Social-Media-Beiträge nahe an Verschwörungstheorien“

Mehrfach betonte Christian Engelhardt jedoch, dass es sich bei der Endlagersuche um ein größtmöglich transparentes Verfahren handele. Wenig Verständnis hat der Landrat dafür, wenn rund um die Endlagersuche Gerüchte verbreitet würden. In den Bereich der Verschwörungstheorien sortierte er in Social-Media-Beiträgen verbreitete Überlegungen ein, die Zusammenhänge zwischen dem Geolab-Projekt und der Atommüll-Endlagersuche herstellen. „Das Geolab-Projekt auf der Tromm ist ein geowissenschaftliches Forschungsvorhaben zur Nutzung von Geothermie im kristallinen Gestein“, stellte der Landrat klar. Die Erkundungsphase laufe aktuell mit seismischen Messungen und Bohrungen in den Gemeinden Grasellenbach, Wald-Michelbach und Rimbach. Die BGE sei zwar Projektpartner. Dabei gehe es aber ausschließlich um Grundlagenforschung, die auch für die Endlagersuche von Bedeutung sein könne – etwa zur Bewertung von geologischen Eigenschaften und zur Entwicklung neuer Technologien. Geolab untersuche ausdrücklich nicht das für die Endlagersuche interessante Gestein Weschnitzpluton. „Und Trommpluton wurde bereits als ungeeignet für das Endlager aussortiert“, so Engelhardt.

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„Ich stehe einem möglichen Endlagerstandort für hochradioaktive Abfälle im vorderen Odenwald äußerst kritisch gegenüber“, stellte Engelhardt in einem Fazit klar. Die Beschaffenheit des Untergrunds bestimme zwar aktuell die erste Eingrenzung, beim weiteren Aussieben würden aber auch planungswissenschaftliche Abwägungskriterien eine Rolle spielen, etwa Besiedlungsdichte, Natur-und Wasserschutzgebiete, Überschwemmungsgebiete und Kulturdenkmäler. „Unsere Region ist dicht besiedelt, weist eine hohe Lebensqualität auf und ist geprägt durch eine vielfältige Kulturlandschaft sowie sensible Naturräume. Diese Faktoren sprechen klar gegen die Ansiedlung eines Endlagers“, so der Landrat.

Redaktion Redakteur, Ressorts Lorsch, Einhausen und Region

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