Justiz

Prozess um Menschenraub in Lampertheim geht in Verlängerung

In der Verhandlung um die Tat in Lampertheim sollen vor dem Landgericht Darmstadt noch mehr Zeugen gehört werden.

Von 
Dirk Timmermann
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Mit einem Urteil am Landgericht Darmstadt wird nicht vor dem 18. November gerechnet. © Dirk Timmermann

Bergstraße. Mit einem Urteil im Prozess um erpresserischen Menschenraub sowie mehrere Drogendelikte wird erst im November gerechnet. Das Landgericht Darmstadt lädt weitere Zeugen. Am 8. Januar sollen drei Männer einen damals 16-Jährigen unter Vorhalt einer Waffe in ein Auto gedrängt haben. Von dort habe er einen Freund zur Europabrücke locken müssen. Unter Schlägen und Drohungen hätten die Angeklagten versucht, an Bargeld zu kommen.

Ursprünglich hätte das Verfahren am Freitag enden sollen. Doch erweist sich die Beweisaufnahme schwieriger als gedacht. Marc Euler, Vorsitzender Richter der 2. Großen Jugendkammer, gab den Anträgen der Verteidigung statt, zusätzliche Zeugen zu hören. Streitig ist die Motivation der Angeklagten M., zur Tatzeit 25, D. (22) und T. (22).

Angeklagte hätten keine Schusswaffe verwendet

Während die Männer laut Anklageschrift ihr späteres Opfer D. gezwungen haben sollen, weiterhin Drogen zu verkaufen, sprechen die Rechtsanwälte von einer offenen Geldforderung. Demzufolge habe M. dem Geschädigten D. Ende November 2023 einen Betrag in Höhe von 800 Euro geliehen. Dies könne W. aus Mannheim bestätigen, der deshalb geladen wird. Den Geldbetrag habe D. gebraucht, um Rauschgift von einem Bekannten zu kaufen. Vereinbart sei eine Rückzahlung bis zum 15. Dezember gewesen. In der Folge sei D. jedoch „abgetaucht“, so Mehmet Okur, Verteidiger des M. Dies habe das Trio veranlasst, das Geld beizutreiben.

Auch stelle sich der Ablauf etwas anders dar als vorgeworfen: Den 16-jährigen L. hätten die Angeklagten, die ihn in Lampertheim zufällig nachts bemerkten, zwar zum Einstieg ins Auto aufgefordert. Eine Schusswaffe sei aber nicht im Spiel gewesen – und sei auch nicht auf dem Gelände der Alfred-Delp-Schule entsorgt worden. Drei Polizeistreifen hätten „nichts gefunden“. Für die im Auto entdeckte Gaskartusche will die Verteidigung noch eine Erklärung präsentieren.

Unstrittig ist, dass die Männer ihre Fahrt zur Wohnadresse des L. fortgesetzt haben, nachdem dieser seinen Freund D. unter einem Vorwand zur Europabrücke „bestellen“ musste. Über einen Nachbarn wurde schließlich ein Notruf abgesetzt.

Pflichtverteidiger haben Zweifel an Glaubwürdigkeit der Opfer

Darüber hinaus hegen die Pflichtverteidiger Zweifel an der Glaubwürdigkeit beider Geschädigter: Erst auf Nachfrage habe L. vom Vorhalt einer Waffe berichtet. D., der die Drogenschulden bestreitet, habe bei der Polizei schon einmal gelogen. Richter Euler gab derweil bekannt, dass auch eine Verurteilung wegen Geiselnahme in Betracht kommt. Das Delikt wird mit fünf Jahren Mindeststrafe bestraft. Im Gegensatz zum erpresserischen Menschenraub, der auf die Absicht zur Erpressung fokussiert, wird die Absicht zur Nötigung vorausgesetzt. Beide Tatbestände sieht die Verteidigung jedoch nicht als verwirklicht an, eingeräumt wird eine Nötigung.

Den Männern, die seit Anfang des Jahres in U-Haft sitzen, werden außerdem Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zur Last gelegt. So hätten die Ermittler bei einer Durchsuchung von D.’s Wohnung einen größeren Bargeldbetrag, über 500 Gramm Marihuana, 59 Gramm Haschisch sowie 46 Gramm Kokain und 36 Gramm Amphetamine gefunden. Den unerlaubten Besitz eines Butterfly-Messers hat T. zugegeben. Das Trio ist zu einer „Wiedergutmachungsleistung“ in Höhe von 2000 Euro bereit.

Fortgesetzt wird das Verfahren am 4. November. ü

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