Poltik

Koalitionsvertrag im Fokus auf 1. Mai-Kundgebung

Deutscher Gewerkschaftsbund lud zur traditionellen Veranstaltung auf dem Heppenheimer Bahnhofsvorplatz ein.

Von 
Holger Giebel
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Der Vorsitzende des DGB-Kreisverbandes begrüßte das Bundestariftreuegesetz, sieht aber geplante Änderungen beim Arbeitszeitgesetz kritisch. © Thomas Zelinger

Bergstraße. Es gibt einiges, womit der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) beim Blick auf den neuen, von den Unionsparteien und der SPD abgesegneten Koalitionsvertrag nicht sonderlich glücklich ist. „Der Koalitionsvertrag enthält Licht, aber auch Schatten. Es gibt dabei regelrechte Fehlstellen und Kampfansagen gegen den Sozialstaat“, kündigte Sven Wingerter, der Vorsitzende des DGB-Kreisverbands Bergstraße, bei seiner Rede im Rahmen der Maikundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz in Heppenheim an, dass die Gewerkschaften dies im Blick behalten werden. Rund 100 Personen nahmen bei strahlendem Wetter an der Kundgebung des DGB-Kreisverbands teil. Marius Gunkel, Vorsitzender des DGB Lampertheim/Bürstadt, moderierte die Veranstaltung und rief zu Beginn zu einer Gedenkminute für Günther Schmidl auf. Der umtriebige Gewerkschafter und langjährige Vorsitzende des DGB Bensheim starb kürzlich nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 77 Jahren.

Sven Wingerter unterstrich in seinem Redebeitrag, dass es zu begrüßen ist, dass die neue Bundesregierung 500 Milliarden Euro in den Bereich der Infrastruktur investieren möchte. Es habe sich bestätigt, dass die Gewerkschaften mit ihrer Kritik an der Schuldenbremse richtig gelegen haben: „Investitionen sind der einzige Weg, unser Land nach vorn zu bringen. Das geht nicht mit Sparen und Schwarzer Null.“ Positiv zu bewerten sei ferner, dass ein Bundestariftreuegesetz im Koalitionsvertrag vorgesehen sei, womit gewährleistet werde, dass es öffentliche Aufträge nur für Unternehmen mit Tarifbindung gebe.

Eine klare Absage erteilte Wingerter aber dem Vorhaben, Arbeitszeiten künftig flexibler gestalten zu können. „Hände weg vom Arbeitszeitgesetz! Wer das schleift, der greift die Gesundheit der Beschäftigten an“, sagte Wingerter und verwies darauf, dass schon jetzt viele Menschen den Belastungen nicht standhalten und früher aus dem Job ausscheiden: „Längere Arbeitszeiten lösen kein Problem, sondern führen zu noch größerem Fachkräftemangel. Wenn die Bundesregierung Mehrarbeit staatlich fördert, dann wird es Widerstand von uns geben.“

Wingerter sprach sich überdies für Änderungen im Steuerrecht mit der Einführung einer Vermögenssteuer, einer gerechten Erbschaftssteuer ohne Schlupflöcher und einen angemessenen Spitzensteuersatz aus. „Es ist eine einfache Sache: kleine Schultern, kleiner Rucksack, große Schultern, großer Rucksack“, umriss Wingerter mit einfachen Worten eine funktionierende solidarische Gesellschaft. Darüber hinaus nahm er Bezug auf das Erstarken der AfD und den zunehmenden Rechtsextremismus. All dies könne nicht allein mit moralischer Empörung bekämpft werden. Nährboden für Rechtsextremismus sei soziale Verunsicherung. „Deshalb brauchen wir mehr soziale Sicherheit, mehr Mitbestimmung und mehr Investition in Daseinsvorsorge, statt den weiteren Rückzug des Staates“, betonte Wingerter.

Hilde Kille, Sprecherin der Bergsträßer DGB-Frauen, wies darauf hin, dass beim Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Koalitionsvertrag der richtige politisch Wille erkennbar sei, jedoch komme es am Ende auf die zügige Umsetzung an. Dass es keinen Fortschritt bei der Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen gebe und bei der Arbeitszeit sogar Verschlechterungen im Raum stünden, sei enttäuschend. Kille kündigte an, dass die Umsetzung des Koalitionsvertrags vom DGB auch weiterhin kritisch begleitet werde.

Otto Merkel vom Klimabündnis Bergstraße merkte die Bedeutung staatlicher Investitionen in den Klimaschutz an. Zudem sprach er sich für die Einführung einer Vermögenssteuer aus. Mit diesen staatlichen Mehreinnahmen könne man im Bereich des Klimaschutzes auch die Bürger unterstützen, die sich aufgrund geringer finanzieller Mittel nicht sonderlich für notwendige, aber teure Klimaschutzinvestitionen erwärmen können.

Musikalisch umrahmt wurde die DGB-Kundgebung zum 1. Mai schon traditionsgemäß von der Band „StirItUp“.

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