Bergstraße. Wenn Müllfahrzeuge rückwärts fahren, wird es häufig gefährlich. Gegenstände werden beschädigt und im schlimmsten Fall sogar Personen verletzt oder gar getötet. Um die Anzahl derart risikobehafteter Fahrten zu verringern, setzt der Zweckverband Abfallwirtschaft Kreis Bergstraße (ZAKB) auf technische Innovation. „Unser Engstellenfahrzeug ist deutlich kompakter und erreicht eine Vielzahl an schmalen Straßen“, erklärte Geschäftsführer Sascha Bocksnick bei der Präsentation im Energiepark auf dem ehemaligen Deponiegelände.
Zwei Meter vierzehn Breite und sieben Meter zehn in der Länge misst das neue Gefährt, das die aus insgesamt 48 Abfallsammelfahrzeugen bestehende Flotte ab sofort ergänzt. Sackgassen sowie Straßen ohne Wendemöglichkeit sind bevorzugtes Einsatzgebiet des 142 000 Euro teuren und mit einem Drei-Liter-Dieselmotor betriebenen Engstellenfahrzeugs.
Kein Allheilmittel
Allein 1100 Straßen gibt es im Kreis Bergstraße, die bisher ungefähr 60 000 Rückwärtsfahrten im Jahr erforderlich machten. Diese wann immer möglich zu vermeiden, verlangt eine Branchenregel, erlassen durch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Vertretern der Versorgungswirtschaft.
Gefahren für Anwohner, aber auch für Beschäftigte sollen auf diese Weise bei der Abfallsammlung verringert werden. Die nach einem zwei Jahre dauernden Verfahren getroffene Entscheidung für ein Engstellenfahrzeug gilt dabei als eleganteste Lösung – wenngleich auch dadurch nicht jedes Problem beseitigt ist. „Ein Allheilmittel haben wir nicht“, weiß Matthias Schimpf (Grüne), ZAKB-Verbandsvorsitzender und Hauptamtlicher Kreisbeigeordneter im Kreis Bergstraße. Zum einen werde es auch weiterhin Straßen geben, die schwer zu bedienen sind. Um auch in diesen Fällen Rückwärtsfahrten zu verhindern, müssen beispielsweise Verkehrsschilder, -inseln und Straßenlaternen versetzt werden, was bereits regelmäßig geschieht.
Sofern auch dieser Schritt nicht genügt, kommt als letztes Mittel die Anordnung von zentralen Sammelplätzen in Frage. Wer den Abfall nicht selbst dorthin bringen möchte, kann den Behälterdienst buchen.
Vor allem Senioren nutzen den kostenpflichtigen Service, mit dem die Wertstoffe direkt von der Grundstücksgrenze abgeholt werden. Ein weiteres Problem betrifft den Müllwagen selbst: „Engstellenfahrzeuge sind weniger effizient als Standardfahrzeuge“, räumt Bocksnick ein. Lediglich ein Viertel der sonst üblichen Lademenge können sie aufnehmen, die Zahl der Fahrten nimmt zwangsläufig zu. Zum Einsatz soll das 129 KW starke Gefährt zunächst in Zwingenberg kommen. Hier wolle man die „ganze Palette an Services“ anbieten, sagen die Verantwortlichen beim Zweckverband.
Grundlage aller Maßnahmen sei die „Gefährdungsbeurteilung“. Die in Zwingenberg gewonnenen Erkenntnisse sollen schließlich später beim Einsatz des Engstellenfahrzeugs für die weiteren Kommunen genutzt werden. Schrittweise sei somit eine Umsetzung der neuen Strategie im gesamten Landkreis Bergstraße vorgesehen.
Zweites Fahrzeug
Auch will der ZAKB ein zweites Fahrzeug der smarten Klasse anschaffen. Weiter genutzt wird außerdem ein in Dienst stehendes Engstellenfahrzeug älteren Baujahrs. Somit sieht man sich beim Verband für die Zukunft gut aufgestellt. „Bis 2026 wollen wir die Thematik der Engstellen und Rückwärtsfahrten bewältigt haben“, formuliert Matthias Schimpf das Ziel. /sm
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