Bergstraße. Viele Äpfel litten in diesem Jahr unter Wurmbefall. Deshalb mag es so erscheinen, dass die Apfelernte 2025 besonders mager ausfällt. Tatsächlich zeigt die diesjährige Ernte ein komplexeres Bild, denn auch die Umweltbedingungen machen die Obstproduktion zunehmend unberechenbar. Hitzeperioden, lange Trockenphasen und Extremereignisse setzen den ebenfalls Bäumen zu. Selbst ohne Frost gibt es kaum verlässliche Größen – zu viel Sonne kann Sonnenbrand verursachen, Hagel beschädigt die Früchte und Schädlinge wie der Wurm die Qualität mindern.
Florian Schumacher von den Streuobstwiesenrettern, einer Initiative zur Erhaltung der Streuobstwiesen in der Region Bergstraße-Odenwald, erklärte auf Nachfrage dieser Redaktion: „Dieses Jahr blieb der Spätfrost aus, dafür war es lange trocken und heiß. Viele Früchte sind deshalb vorzeitig abgefallen, viele davon noch nicht reif.“ Besonders problematisch sei der bereits angesprochene Wurmbefall: „Alles, was momentan unten liegt, taugt noch nichts. Viele Äpfel sind angestochen und daher für Saft oder andere Verarbeitungen unbrauchbar.“ Auch lokal zeigt sich ein unterschiedliches Wetter-Bild: Während manche Regionen weitgehend von Hagel verschont blieben, litten andere unter Trockenheit und Hitze. Die Bäume waren schon von den Vorjahren geschwächt, und die sommerliche Hitze Anfang Juli setzte ihnen zusätzlich zu. Auch Schnittmaßnahmen spielen dabei eine Rolle für den Ertrag: Ein Sommerschnitt wird nur durchgeführt, um das Wachstum gezielt zu bremsen, während der Winterschnitt den Baum zum Wachsen anregt. Kirschen- und Nussbäume profitieren beispielsweise eher vom Sommerschnitt, Apfelbäume werden so nur selten behandelt.
Schumacher erklärt weiter: „Einige Apfelsorten spielen für die Ernte besonders wichtige Rollen. Der Rheinische Bohnapfel beispielsweise, ein klassischer Kellerapfel, wird oft als ‚Riesling der Äpfel‘ bezeichnet und reift Mitte bis Ende Oktober. Er neigt zur Alternanz, das heißt, er trägt besonders in jedem zweiten Jahr immer reichlich Früchte, was die Planung für Obstbauern und Verarbeiter erschwert. Dieses Jahr ist wieder ein „Rheinischer-Bohnapfel-Jahr“, sodass in diesem Herbst mit einer besonders guten Ernte dieser Sorte gerechnet wird.“ Die Streuobstwiesen sind also optimistisch gestimmt, dass trotz der Herausforderungen wieder ausreichend Äpfel für ihre jährliche Saftproduktion vorhanden sein wird, so Schumacher.
Hitze war für Äpfel in Edingen eine Herausforderung
Georg Schneider baut auf seiner Apfelplantage in Edingen rund 25 Sorten an, in seinem Versuchsgarten sind es sogar 80. Dort testet er seit drei Jahrzehnten neue Apfelarten. „Einige Sorten haben es auch schon in den regulären Anbau geschafft. Das entscheiden die Versuchsanstalten, an die wir angeschlossen sind“, berichtet er. Der 69-Jährige blickt zufrieden auf die diesjährige Apfelernte: „Ertrag und Größe sind insgesamt in Ordnung, manche Sorten sind überdurchschnittlich gut, andere liefern dieses Jahr etwas weniger.
Eine Herausforderung sind laut Schneider die hohen Temperaturen: „Wir hatten diesen Sommer zwei Hitzeperioden, das ist schon eine Belastung.“ Schneider arbeitet mit schwarzen Hagelnetzen, die nicht nur vor Hagel schützen, sondern einen weiteren Vorteil haben sollen. „Sie bieten auch einen gewissen Schutz vor Sonnenbrand“, weiß der Obstbauer. Eben wegen dieser Sonnenbrand-Gefahr hat Schneider in diesem Jahr auch auf den Sommerschnitt der Blätter verzichtet: „Man macht das, um mehr Licht an die Früchte zu lassen. In diesem Jahr hätte das sofort zu einem Sonnenbrand geführt, wenn die Äpfel nach dem Schnitt freier gehangen hätten.“ Die Ernte läuft seit Anfang Juli und dauert noch bis Anfang November, berichtet Schneider: „Manche Sorten sind in diesem Jahr aber deutlich früher reif.“
In Hirschberg ist man mit der Ausbeute „hochzufrieden“
Karl-Jürgen Bitzel aus Hirschberg zeigt sich „hochzufrieden“ mit der Ertragslage. Äußere Faktoren wie das Wetter haben in seinen Augen gut mitgespielt, die Hitze habe sich in Grenzen gehalten. Die Bäume seien leistungsfähiger, wenn die Temperaturen nicht zu hoch seien, erklärt er: „Sobald es zu heiß wird, bleibt die Entwicklung quasi stehen und der Baum setzt auf Lebenserhaltung statt auf Wachstum.“ Darüber hinaus habe der Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht zum Erfolg der diesjährigen Ernte beigetragen. Je höher der Kontrast, desto schöner die Farbe: „Wir haben in den vergangenen Tagen zum Teil einstellige Temperaturen nachts gemessen.“ Die Basis für die gute Ernte sei im Frühjahr gelegt worden. Denn die Zellteilungsphase entscheide über die Größe der Früchte, und auch diese sei „gut“. Bitzel baut auf 22 Hektar gut 25 Sorten an, er verkauft sie im Hofladen, arbeitet unter anderem aber auch mit Edeka zusammen.
Hagel hinterließ in Heddesheim Spuren
In Heddesheim sind sie nicht ganz so glücklich. „Insgesamt sind wir mit dem Ernteertrag schon zufrieden“, sagt Marlene Knapp. Die Obstbaugärtnerin kümmert sich um die zwölf Hektar Apfelbäume des Weinguts Schröder. Ein Unwetter im frühen Sommer, das in einem schmalen Band zwischen Viernheim, Heddesheim und Schriesheim verlief, sorgte für Hagel: „Einige Sorten, die zu dem Zeitpunkt schon recht reif waren, wurden von dem Unwetter erwischt.“ Die Auswirkungen seien spürbar, allerdings nicht zu drastisch gewesen, sagt Knapp. Über die Regenmenge in dieser Saison will sie sich aber nicht beklagen. „Insgesamt war das okay“, findet die Obstbäuerin.
Schriesheimer Apfelbauer Jäck testet neue Hagelschutznetze
Um sich gegen Unwetterereignisse besser wappnen zu können, hat der Schriesheimer Obstbauer Johannes Jäck einseitige Sonnenschutznetze getestet. Sie sind nach Westen ausgerichtet: „Ein Vorteil ist, dass die Luft unter dem Netz dann besser zirkulieren kann und die Temperaturen in den Abendstunden schneller sinkt.“ Durch den Temperaturkontrast erhofft sich Jäck eine schönere Färbung – und natürlich auch den Schutz vor Hagel. Vor diesem seien seine Bäume in diesem Jahr zum Glück weitgehend verschont worden, sagt Jäck. Auch das Unwetter, bei dem das Waldschwimmbad mit Sandsäcken geschützt werden musste, habe seinen Pflanzen nicht zugesetzt, sagt er erleichtert. Wie sein Kollege Georg Schneider aus Edingen hat auch Jäck eher mit Sonnenbrand bei seinen Äpfeln zu kämpfen. Der September habe bisher aber noch einmal ein paar sehr gute Tage mitgebracht. Gerade die Temperaturen (tagsüber nicht zu heiß, nachts sehr kühl) seien für die Äpfel „traumhaft“.
Regen tat den Bäumen in Ladenburg gut
Louis Schuhmann aus Ladenburg baut auf rund 6,5 Hektar 45 Sorten an, darunter besondere Apfelarten für Allergiker. „Der Ertrag ist top, der Absatz läuft auch gut“, sagt er. Das schwankende Wetter (mal nass, mal heiß) sei für ihn eine Herausforderung gewesen. Allerdings habe der Regen diesen Sommer den Bäumen gutgetan. Schuhmann verkauft seine Äpfel, aber auch anderes Obst, in seinem Hofladen. Er sagt: „Die gesamte Region ist bei der Direktvermarktung stark aufgestellt.“
Der Apfel soll wieder ins Glas
Der Verband der Hessischen Apfelwein- und Fruchtsaft-Keltereien hat die diesjährige Keltersaison am Dienstag offiziell eröffnet und und blicken ebenfalls optimistisch auf den diesjährigen Jahrgang. Gab es in den vergangenen Jahren überschaubare Mengen bei der Apfelernte, habe „dieses Jahr wieder alles gepasst“, sagte Martin Heil, Vorsitzender des Verbands der Hessischen Apfelwein- und Fruchtsaftkeltereien. Man werde zwischen 10.000 und 15.000 Tonnen Obst verarbeiten können. Trotz guter Aussichten rufen die Keltereien Streuobstwiesenbesitzer auf, ihre Früchte in die Keltereien zu bringen. „Lasst die Äpfel nicht einfach hängen oder fallen, sondern seid nachhaltig“, hieß es vom Verband.
Der Verband der Hessischen Apfelwein- und Fruchtsaftkeltereien besteht derzeit aus 33 Keltereien, die im Schnitt 33 Millionen Liter Apfelwein produzieren. Die hergestellte Menge sei in den vergangenen Jahren konstant geblieben - aber man merke, dass insgesamt weniger Alkohol konsumiert werde. „Mit dem Apfelwein halten wir uns da aber wacker“, sagt Verbandsvorsitzender Heil.
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